Hilfe, ich habe Urlaub
mal.« Auf der ganzen Rückreise wurden wir uns nicht mehr einig. Ich ließ meine Beine laufen, als sie schliefen, schloß meine Augen, als sie weit offen waren, aß morgens zu Abend und frühstückte abends und versuchte mich auf den Zeitunterschied einzustellen.
Als die Passagiere in Los Angeles von Bord gingen, fiel mir auf, daß wir aussahen wie eine Gruppe Obdachloser.
Es gab einen steten Strom von Passagieren mit rötlich-glasigem Blick, ramponierten Kleidern, Haar, das zerzaust war und hochstand, und genug Säcken unter den Augen, um zwanzig
Gepäckträger ein Jahr zu beschäftigen. Wir sahen aus wie Menschen, die ihren Lebenswillen verloren hatten.
Wieder zu Hause
Ferien verblassen schnell. Die Erinnerungen werden durch kleine Dinge überlagert. Sie kommen nach Hause, und der Wagen springt nicht mehr an. Die Nachbarn erzählen Ihnen, daß der Strom ausgefallen ist, als Sie unterwegs waren, und Ihre Kühltruhe riecht beim Öffnen wie eine Düngerfabrik. Jemand hatte offenbar vergessen, den Gartenschlauch richtig zuzudrehen, und Ihr Haus ist in ein anderes Postleitzahlengebiet abgetrieben.
Wenn das alles Ihrer Reise nicht allmählich den Glanz nimmt, dann auf jeden Fall die Verteilung der Reiseandenken. Selten weiß jemand zu schätzen, was Sie durchgemacht haben, um diese Geschenke nach Hause zu bringen. Und dann sind sie plötzlich bedeutungslos. Das afrikanische Halsband, um das Sie so feilschen mußten, wird von Ihrer Freundin auf Armeslänge weggehalten, die die Nase rümpft: »Ist das wieder eins von den Dingern, die ich erst ins Tiefkühlfach legen muß, um die Käfer zu killen?«
Kinder sind am grausamsten. Ich transportierte einmal einen mexikanischen Hut wie ein rohes Ei nach Hause, der etwa so groß wie eine Satellitenantenne war. Im Flugzeug paßte er weder unter den Sitz noch oben in das Gepäckfach. Die meiste Zeit mußte ich ihn aufsetzen. Unser Sohn warf einen Blick drauf, sagte: »Der stinkt irgendwie« und kickte ihn unter sein Bett.
Die Felltrommel, die wir für die Kinder von den Bahamas buchstäblich nach Hause
geschleppt hatten, wurde lebendig, als wir die Heizung einschalteten. Eines Tages sahen wir, wie sie die Wand hochkletterte.
Vor ein paar Jahren kamen wir aus Asien zurück, und ich breitete alle meine Andenken auf dem Tisch im Eßzimmer aus, ging stundenlang langsam herum und versuchte zu überlegen, wer überhaupt was davon verdient hatte.
Mein Mann kam ins Zimmer und fragte: »Hast du deiner Mutter schon den Seidenkimono
gegeben?«
»Weißt du«, sagte ich langsam, »darüber muß ich noch nachdenken. Sie zieht sich ja am liebsten schon an, wenn sie gerade erst aus dem Bett gefallen ist. Der Kimono würde nur bei ihr im Schrank hängen. Außerdem hat er gar nicht die richtige Farbe für sie, und deshalb behalte ich ihn für mich.«
»Du könntest ihr ja das Tee-Set geben.«
»Das hatte ich vor, bis ich mir überlegt habe, daß man eigentlich die Holzschnittwerkstatt besichtigt haben muß, um die ganze Arbeit abschätzen zu können, die da drin steckt. Ich weiß auch schon genau die richtige Stelle dafür im Wohnzimmer.«
»Wie stehťs mit der Halskette aus Glas?«
»Meinst du? Ich glaube nicht, daß Mutter noch das Dekolleté für so was hat. Die behalte ich für mich selbst. Ich hatte eigentlich mehr an ein T-Shirt gedacht.«
»Ich dachte, die T-Shirts wären für deine Tanten?«
»Die sehen wir doch sowieso nie«, erklärte ich, »also habe ich drei für mich behalten und beschlossen, jeder von ihnen ein Paar Eßstäbchen zu schenken.«
»Gute Idee. Die sind hübsch. Waren auch teuer.«
»Andererseits lade ich sie vielleicht einmal zum Essen ein. Ich kann ihnen ja auch
Weihnachtsschmuck und eine Broschüre über die Geschichte der Seidenraupen schenken.«
»Sie werden vor Rührung keine Worte finden.«
»Was soll das denn heißen? Ich kann auch die ganzen T-Shirts behalten und Mutter den Fächer geben.«
»Ich dachte, der Fächer sei für Brenda, die die Pflanzen gegossen und sich um unsere Post gekümmert hat.«
»Für die habe ich schon Streichhölzer aus unserem Hotel. Hör mal, es geht nicht darum, wie teuer was war, sondern die Absicht zählt.«
»Du suchst also immer noch was für deine Mutter.«
Ich nahm den Fächer aus der Verpackung und klappte ihn auf. Er paßte genau in meine
Handtasche, und ich konnte ja …
Mein Mann warf mir einen strengen Blick zu. »Ist das alles, was du für eine Frau übrig hast, die dir das Leben geschenkt und
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