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Himbeersommer (German Edition)

Himbeersommer (German Edition)

Titel: Himbeersommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Saskia Beyer
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wirklich sauer. „Die Geschichte mit der Spritze kannst du deiner Großmutter erzählen!“
„Tobias, bitte, lass uns in Ruhe darüber reden.“
„Ich bin die Ruhe selbst“, schreit Tobias los, so laut wie ich ihn noch nie habe schreien hören. Und auch die Hupen scheinen lauter zu werden. Denn er geht einfach über die Straße und wird dabei fast von einem Münchner Cabriofahrer erwischt.
„Scheißberliner, `zifix!“, brüllt der Münchner. „Ihr glaubts wohl, nur weil die Mauer weg is, könnt ihr euch alles erlauben?! Ihr seid arm und total unsexy!“
Ich sehe ihn fassungslos an, die Tüten mit den Mützchen und Stramplern rutschen mir aus der schweißnassen Hand und ergießen sich auf die Friedrichstraße. Der Münchner gibt quietschend Gas und fährt mit seinen dreckigen Reifen über ein winziges T-Shirt, auf dem steht: Papa ist der Beste.
     
     
     
     
     

***
     
Tobias ist einfach ohne mich in unserem kindertauglichen Kombi nach Hause gefahren. Ich hätte ja sicher noch ein Date, hat er zu mir gesagt und ist losgebraust. Er müsse jetzt joggen gehen.
Ein Date? Er glaubt allen Ernstes, ich treffe mich jetzt mit Daniel?! Dass ich dafür viel zu feige bin, müsste er doch eigentlich wissen. Immerhin kennen wir uns schon seit sieben Jahren!
Ich setze mich in die S-Bahn, und alles hier erinnert mich an Daniel. Unsere erste gemeinsame Fahrt zum Wannsee, unser Picknick, unser Bad im See… Die Bilder flattern an mir vorbei, und ich starre sie an.
In der Himbeersiedlung endlich angekommen, schaffe ich es kaum, den Schlüssel ins Schloss zu kriegen, so nervös und angespannt bin ich. Was, wenn Tobias seine Sachen gepackt hat?! Was, wenn jetzt alles aus ist?! Sein Notebook ist da, sein Lieblingsjackett auch. Ich stürze in den Keller, wo unser riesiges, chaotisch eingeräumtes Schuhregal steht, und suche seine Joggingschuhe. Ein Glück, sie sind tatsächlich weg. Nur sie. Wir haben noch eine winzige Chance. Ich fasse auf meinen Bauch und versuche mein Kind zu beruhigen.
Da klingelt es. Tobias hat seinen Schlüssel vergessen! Ich eile nach oben und öffne die Tür.
Das Blut in meinen Adern scheint nicht mehr zu fließen. Das Baby in mir muss Schluckauf haben. Denn meine Bauchdecke hüpft.
Daniel steht vor mir, mit leidenschaftlichem Blick.
Ich knalle die Tür reflexartig zu und stemme mich mit aller Kraft dagegen.
Dumpf höre ich seine Stimme, die bis tief in mein Innerstes dringt.
„Nora, bitte, mach auf, ich bin so glücklich!“
Glücklich? Nicht sauer, enttäuscht, verletzt oder wütend?!
Da ich, wie so oft, keine Wahl habe, mache ich auf. Geöffnet habe ich sie ja eh schon, die Büchse der Pandora.
Daniel lächelt mich entwaffnend an, steckt sich lächelnd einen Zweig Himbeeren zwischen die Zähne. Ich gebe auf.
„Okay, lass uns reden, aber nicht hier. Tobias darf uns auf keinen Fall sehen. Lass uns in unser Wäldchen gehen, da hinten.“
Daniel folgt mir und sprudelt überglücklich los.
„Ich hab es einfach nicht kapiert, warum du Schluss gemacht hast, Nora, ich hab gespürt, dass da irgendetwas Überirdisches ist, ein äußerer Grund. Oder ein innerer.“ Er grinst, sieht meinen Bauch an und dreht sich einmal im Kreis.
„Ich werde Papa, ich glaub’s einfach nicht! Nora, das ist so was von geil!“
Ein älterer Hundebesitzer, der uns mit seinem alten Jagdhund entgegenkommt, sieht uns pikiert an, pfeift seinen Hund zu sich und geht, seinen Hut akkurat zurechtrückend, kopfschüttelnd weiter.
„Geil?“, flüstere ich genervt. Muss denn die ganze Siedlung wissen, dass ich zwei Väter für das Baby habe?!
„Es ist WAHNSINN, das schönste Gefühl auf der Welt, der Sinn meines Lebens, ich könnte schreien vor Glück!“
„Bitte nicht!“
„Nein, nein, keine Angst.“
Das Wäldchen ist ziemlich dicht bepflanzt und sieht aus wie bei Hänsel und Gretel. Ich stolpere blind hinein, fernab vom Weg. Zweige peitschen mir ins Gesicht, aber ich spüre sie nicht. Ich komme mir vor wie die böse Hexe.
„Du hast mich verzaubert, wir gehören zusammen“, höre ich Daniel hinter mir rufen. Aber ich stolpere weiter, über unzählige Äste, und bleibe erst an einer Lichtung stehen.
Daniel nimmt mich in den Arm und ich lasse es schwer atmend geschehen. Ich rieche seinen Duft und halte mich fest.
Da sehe ich Tobias quer durch das Wäldchen joggen, und er sieht uns, Arm in Arm!
Ruckartig stoße ich Daniel von mir und sehe Tobias, der sofort lossprintet, hinterher. Wieso musste er ausgerechnet heute seine

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