Himbeersommer (German Edition)
Herumliegen und Cappuccino trinken im Monbijou-Park.
Tanzen? Warum nicht. Ich fühle mich zwar im Moment eher müde und runzlig wie Queen Mum herself, aber schwindlig ist mir ja eh schon, und dem Baby tut das Geschaukel sicher auch gut.
***
„Hochschwanger würde ich ja nie in so einen lauten Schuppen gehen“, zischelt eine Anfang 20-Jährige mit knapp sitzenden Hüftjeans und einwandfreiem Bauch ihrem Freund zu, als ich mich mit Jacky vorfreudig in die Schlange stelle.
„Und das in dem Alter. Die kommt doch eh nich rein“, erwidert der und grinst mich in seinem schwarzen Mitte-Rolli abschätzig an.
„Soll ich ihm eine scheuern oder möchtest du das selber tun?“, will Jacky gut hörbar wissen.
„Ach, gerade im Moment ist mir nicht nach einer Schlägerei. Die werden schon sehen, wie kompliziert die nächsten 20 Jahre werden können.“
Jacky lächelt mich an. „Hauptsache, wir sind immer noch zusammen“, sagt sie und lehnt ihren Kopf an meine Schulter. „Nur mit den Männern ist das alles `n bisken kompliziert.“ Jacky hat tatsächlich Tränen in den Augen. Dieser Werner scheint es ihr wirklich angetan zu haben.
Der Türsteher erkennt uns tatsächlich wieder. „Hey Mädels! Gott, seid ihr schnuckelige Wonneproppen geworden!“ Er lacht schallend los. „Genauso `ne Wampe wie ich, Nora. Geil ey, aber du hast `nen Braten in der Röhre! Kommt rein.“
Ohne auch nur einen Ton aus unseren zusammengepressten Mündern herauszubringen, gehen wir mit deutlich gemischten Gefühlen hinein.
Die Kronleuchter zaubern ein ganz besonderes Licht und verzaubern unsere Sinne. Die Musik ist laut, scheint Daniels Kind aber gut zu gefallen. Ich spüre es in mir und bin heimlich glücklich. Jacky starrt depressiv vor sich hin.
„He, guck nicht so griesgrämig, sonst verschreckst du die Typen“, sage ich zu ihr und lächle sie aufmunternd an.
„Ich will keinen Typen, ich will Werner, das Schwein!“, schnieft sie und starrt einen Anfang 50-Jährigen an. „Glotz nicht so, du hast doch bestimmt auch schon zig Frauen zum Heulen gebracht!“
Der Mann guckt erschrocken und dreht sich unsicher um.
„Im Kerle verscheuchen bin ich eins a.“ Jacky lässt sich auf einen roten Plüschsessel plumpsen. Ich setze mich dazu, da ich das Gefühl habe, meine Beine füllen sich mit Wasser wie eine alte Regentonne.
„Ach komm. Da, der mit den dunklen Locken, der guckt dich die ganze Zeit an.“
Jacky sieht hin. „Du brauchst echt `ne Brille, Nora. Der glotzt eindeutig dich an, wie immer.“
„Meinen dicken Bauch starrt der an, na toll. Außerdem bin ich ja eh ver … äh ver … dammt wenig interessiert.“
„Vergeben wolltest du sagen. Doppelt vergeben sogar. Du Glückliche. Und ich?“ Jacky ist heute wirklich am Ende.
„Achtung, er kommt.“
Der Mann trägt ein braunes, langärmliges T-Shirt, braune Hose, braune Schuhe. Bisschen braunlastig, aber sonst wirkt er eigentlich recht sympathisch.
Bitte lieber Gott, lass ihn nicht mich ansprechen, die arme Jacky springt sonst vom Balkon.
„Tag auch, ich bin der Detlef, du sag mal, ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber hast du `ne Ahnung was du deinem Kind damit antust?“ Der Braunlastige meint eindeutig mich.
„Was? Was meinst du jetzt konkret, Detlef?“ Ich antworte im gleichen pädagogisch wertvollen Ton.
„Ja du, weißt du, ich bin ja Musiklehrer und so kleine Kinder, die haben ja das absolute Gehör.“
Jacky und ich sehen uns einen Moment an und prusten fast los. Doch dann kommt der aschblonde Freund vom Detlef, und der ist noch ein bisschen brauner angezogen und noch ein bisschen weniger charmant.
„Hi, sag mal, geht’s noch? Hochschwanger und in so `ner verrauchten, lauten Disse hier? Was bist du denn für `ne Ego-Mutti?!“
Jetzt reicht’s! Ich stehe auf und blaffe ihn an. „Und was hat dir deine Mutti für miese Manieren beigebracht, du unverschämter Riesenbau-Klotz!?“ Doch aufgrund der nun wirklich sehr laut einsetzenden Tango-Musik, geht mein Gezeter unter und ich fürchte, er sieht nur meinen sich öffnenden und schließenden Mund und hört so gut wie gar nichts. Ich fühle mich wie ein Goldfisch im Glas und sehe durch meine Glasscheibe hinaus auf die Tanzfläche – und erstarre. Mein gerade geöffneter Mund bleibt sperrangelweit offen stehen.
Denn dort tanzt Daniel, versunken und mit geschlossenen Augen und sinnlich und süß wie eh und je. Daniel hat ganz offensichtlich Musik im Blut und bewegt sich sanft und erotisch zur Musik und macht eine
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