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Himmel, Polt und Hölle

Himmel, Polt und Hölle

Titel: Himmel, Polt und Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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wo es auch im Hochsommer sehr
kühl blieb, so um die zwölf, dreizehn, höchstens vierzehn Grad.
    Etwa auf halbem Weg zweigte eine schmale Kellergasse
ab, die nur aus wenigen Preßhäusern bestand. Eines davon hatte irgendwann eine
seltsame Verwandlung durchgemacht. Aus dem schlichten Gebäude mit klaren Konturen
war durch zahlreiche Zubauten ein skurril anmutendes Häuschen geworden. Polt
störte zwar jedes Preßhaus, das seinem Wesen entfremdet wurde, doch dieses
Ergebnis ungehemmter Baulust, seit Jahren unbenutzt und dem Verfall
preisgegeben, hatte etwas Rührendes in seiner sündhaften Unschuld. Die
Unbestimmtheit der baulichen Erscheinung setzte sich übrigens bis in das
Grundbuch fort, das keine faßbaren Eigentumsverhältnisse auswies. So hatte es
im Dorf kaum Probleme damit gegeben, Franz Fürst hier wohnen zu lassen.
    Der Gendarm brauchte den ehemaligen Lehrer nicht
lange zu suchen. Er lag auf einem Wiesenstück, auf das der schüttere Schatten
von Buschwerk fiel, und schlief. Polt setzte sich ins Gras, wischte den Schweiß
von der Stirn und wartete. Der Schlafende trug alte Turnschuhe und Jeans. Der
magere Oberkörper war nackt und tief gebräunt. Der Kopf lag auf dem rechten
Arm, Strähnen der langen, braunen Haare mischten sich in die Grashalme. Als
ihn eine Fliege im Gesicht kitzelte, wachte Franz Fürst auf, öffnete mit
einiger Mühe die verquollenen Augen und erblickte seinen Besucher. „Simon
Polt! Das freut mich aber wirklich! Entschuldigen Sie, daß ich geschlafen habe.
Aber wer die Nacht zum Tag macht...“
    „Kommt vor, nicht wahr?“
    „Jaja. Bei mir sogar in schöner Regelmäßigkeit.
Wollen Sie was trinken?“
    „Nein danke, viel zu früh für mich!“
    „Und ich halte mich an die profunde Säuferweisheit,
daß man mit dem anfangen soll, womit man nächtens aufgehört hat.“ Er griff
suchend ins Gras und fand ein sehr schmutziges Glas. „Die dazu gehörige Flasche
sollte eigentlich im Kühlschrank stehen.“
    „Ein Kühlschrank, hier?“
    „Ja, wir sitzen drauf.“ Franz Fürst zeigte auf ein
Loch in der Wiese, an dessen Rand eine starke Schnur zu sehen war. Er zog daran
und hatte bald darauf eine halbgeleerte Weinflasche ans Licht gehievt. „Dieses
Dunstloch erspart mir den Weg in den Keller. Auf Ihr Wohl, Herr Inspektor!“
    Franz Fürst trank ohne Hast, mit sichtlichem Genuß.
„Ein Veltliner vom Sepp Räuschl. Aus meiner guten Zeit hab ich auch noch ein
paar noblere Flaschen im Keller. Aber die passen nicht mehr zu mir.“
    Polt wußte nicht recht, wie er anfangen sollte. Dann
entschloß er sich dazu, die Dinge beim Namen zu nennen. „Schade, daß Sie nicht
mehr an der Schule sind.“
    „Ja, schade.“ Franz Fürst schüttete den Rest Wein im
Glas auf die Wiese. „Aber ich war am Ende kein guter Lehrer mehr. Und Kinder
brauchen gute Lehrer, ganz gute.“
    „Ja, und jetzt?“
    „Ich gebe mir derzeit Nachhilfe in Selbsterkenntnis,
vor allem, was mein Trinkverhalten betrifft, ich meine, die Sauferei.“
    „Sie werden doch nicht aufhören wollen damit?“
    „Nur das nicht! Ganz im Gegenteil, ich arbeite hart
an einer Steigerung. Gar nicht so sehr, was die Menge angeht. Da bin ich
ziemlich an der Grenze. Es geht um etwas anderes. Aber wie erklär ich das einem
braven Gendarmen. Na, vielleicht so. Nehmen wir einmal in aller Unschuld etwas
Kreatürliches: Essen, zum Beispiel. Ein recht banaler Lustgewinn, ganz gleich ob
er derb, genießerisch oder gekünstelt daherkommt. Am Ende bist du satt und
faul und langsam im Kopf. Später aber kommt so dann eine kleine, unbeschwerte,
magische Zeit. Da bist du weder satt noch hungrig, und der Kopf ist frei für
geniale Spinnereien. Daß dieser Triumph des Stoffwechsels letztlich im Klo
endet, macht nichts. Erzieht zur Bescheidenheit.“
    Polt nickte. „Ich gebe mir Mühe, Ihnen zu folgen.“
    „Sehr gut, setzen. Die Sache mit dem Saufen ist da
schon komplizierter. Obwohl das mit dem schöpferischen Zustand danach recht
ähnlich aussieht, nur viel intensiver. So lange sich Rausch und Ernüchterung
die Schwebe halten, bist du mehr, als du bist. Aber im Himmel ist man näher an
der Hölle als irgendwo sonst. Es fängt damit an, daß du dich mit einem Todfeind
einläßt.“ Franz Fürst stand auf und machte eine theatralische Geste. „Die
Zeit, in der ich auf Hermann Hesse hereingefallen bin, ist lange vorbei. Aber
einen Text mag ich noch immer:
    So ist der Wein. Doch es ist mit ihm, wie mit allen
köstlichen Gaben und Künsten. Er will

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