Himmel uber Langani
redest hinter meinem Rücken über mich, deinen Ehemann? Und jetzt schickt er dir Tickets, weil er denkt, dass ich auf seine Wohltätigkeit angewiesen bin!« Er schleuderte den Rucksack quer durch den Raum, sodass er Lottie am Schienbein traf, bevor er auf dem Boden landete.
Sein gewalttätiger Ausbruch erschreckte sie.
»Und was hast du ihm erzählt? Dass dein Mann ein Versager ist, ein Trinker, der seine Frau nicht ernähren kann?«
»Janni, er ist mein Bruder. Er liebt mich, und er hat dich sehr gern. Ich habe über uns beide gesprochen und ihm erklärt, ich könnte nicht mehr so weitermachen und jeden Tag über Piet und die schrecklichen Ereignisse nachgrübeln. Außerdem habe ich ihm gesagt, dass es dir schlecht geht, dass du zu viel trinkst und dass du Hilfe brauchst.«
»Das hast du getan? Du hast unsere Privatangelegenheiten in der Gegend herumposaunt?« Inzwischen schrie er. »Und was für einen tollen Job will dein wunderbarer Bruder für mich in Johannesburg finden? Ich bin Farmer, verdammt! Soll ich vielleicht Tellerwäscher in seinem schicken Restaurant werden oder in der Küche die Karotten schälen?« Jans Gesicht war hochrot, an Hals und Stirn traten die Adern hervor, und die Augen quollen ihm aus den Höhlen. »Du kannst ja gerne wieder in die Stadt ziehen und die feine Dame spielen. Ich brauche seine Wohltätigkeit und sein gottverdammtes Mitleid nicht. Hast du kapiert?«
Entgeistert starrte Lottie ihn an. Das war nicht ihr Janni, sondern der Whisky, der aus ihm sprach. Als sie die Hand nach ihm ausstreckte, stieß er sie heftig weg.
»Ich erledige die Arbeit, für die ich hergekommen bin, und verwalte die Farm meines Cousins. Er braucht meinen Rat, wenn die verfluchten Kaffern über die Grenze kommen. Denn ich weiß, wie sie vorgehen, wie sie denken und wie man sie fängt. Das ist etwas, das ich beherrsche, und ich werde alles tun, um zu verhindern, dass sie noch mehr von unseren Leuten töten. In den nächsten Tagen ist ein großer Überfall geplant. Kobus’ Jungs haben letzte Nacht einen terr erwischt, einen Kundschafter, und alles aus ihm rausgeprügelt. Also werden wir ihnen auflauern, wenn sie über die Grenze kommen.«
Lottie trat ans Fenster und betrachtete das verdorrte Gras und den windschiefen Zaun rings um ihr kleines Grundstück. Sie hörte das trockene Rascheln der Tabakpflanzen, in denen sich der heiße Wind fing, sodass sie sich schüttelten und einander zuflüsterten. Dann dachte sie an den Kundschafter und an die Methoden, die Kobus’ Männer vermutlich angewendet hatten, um ihm die Informationen zu entlocken. Bei der bloßen Vorstellung, dass ihr Mann an alldem beteiligt war, erschauderte sie.
»Natürlich verstehst du etwas davon, Janni«, versuchte sie es ein letztes Mal. »Doch wie willst du deinen Seelenfrieden finden oder stolz auf dich sein, solange du anderen Menschen auflauerst, um sie zu töten? Die Hautfarbe spielt dabei keine Rolle. Man kann nicht beim geringsten Anlass zur Waffe greifen, denn dann wird dieses wahnsinnige Blutvergießen nie aufhören. Bitte geh mit mir fort. Ich flehe dich an. Nur für eine Woche, damit du wieder zur Vernunft kommst. Du weißt, dass ich dich liebe und dich bewundere. Aber der Mann, der mir etwas bedeutet, geht in diesem schrecklichen Land vor die Hunde. Lass uns verschwinden und den ganzen Hass hinter uns lassen. Bitte, Janni, komm mit.«
Als sie ihn am Arm berührte, glaubte sie im ersten Moment, er würde einwilligen. Doch dann wirbelte er voller Wut zu ihr herum, packte sie mit beiden Händen, schleuderte sie wie eine Puppe an die Wand und stürmte mit seinem Rucksack hinaus ins grelle Sonnenlicht, um auf den Laster zu warten. Benommen und entsetzt rappelte Lottie sich auf und schleppte sich zur Tür, wo sie stehen blieb und ihn ansah. Sicher hatte er das Quietschen der Fliegentür gehört, aber er drehte sich nicht um.
»Dann hau doch ab«, schluchzte sie. »Aber wenn du zurückkommst, werde ich nicht mehr hier sein. Falls du mit deinem Cousin, diesem Schwein, im Lastwagen wegfährst, fliege ich eben allein, und vielleicht wird es für immer sein.«
Er antwortete nicht. Lottie ging ins Haus und setzte sich. Kurz darauf hörte sie das Rattern eines alten Bedford, der dröhnend vor dem Haus hielt. Männer schrien durcheinander, die Heckklappe wurde zugeschlagen, und im nächsten Moment heulte der Motor auf. Der Wagen verschwand den Hügel hinauf. Eine Weile saß Lottie reglos und wie betäubt da und konnte nicht einmal
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