Himmel uber Langani
dich an, als wärst du immer noch ein schwärmerischer Backfisch in der Klosterschule. Du bist eine großartige, erwachsene Frau, bereit einen erwachsenen Mann zu verführen. Adam und Eva. Tu es einfach.«
»Ich brauche Zeit, und …«
»Du hast genügend Zeit. Du kannst das ganze Wochenende mit ihm verbringen. Und es gibt keinen Grund, auch nur einen Moment davon zu vergeuden. Du musst nur verführerisch und hübsch aussehen. Und ihn anschauen, als sei er Gott.«
»Aber ich bin nicht hübsch.«
»Natürlich bist du das. Das irische Wetter hat dir einen beneidenswerten Teint beschert, und in deiner neuen Aufmachung siehst du großartig aus. Außerdem ist er nur ein einfacher Farmer – ein Landei, das sich verirrt hat. Jetzt lass uns dein Haar aufdrehen und dir etwas zum Anziehen aussuchen. Danach musst du nur noch warten, bis er kommt.«
Camilla verließ die Wohnung kurz nach dem Mittagessen. Sie kaute an einem Apfel und trug eine Segeltuchtasche, voll gestopft mit Haarbürsten, Kämmen und Kosmetika. Sarah hörte, wie sie im Hof ein Taxi herbeirief. Dann fiel die Wagentür zu, der Motor wurde hochgejagt, und der Wagen brauste davon. Darauf herrschte Stille, bis das Ticken eines Weckers Sarah daran erinnerte, dass er schon bald hier sein würde. Es würde ihr nicht gelingen, ihre Aufregung über das Wiedersehen mit ihm zu verbergen. Sie würde niemals Camillas Lässigkeit an den Tag legen können – er würde sie durchschauen und ihr Verhalten lächerlich finden. Oder – noch schlimmer – Mitleid mit ihr haben.
Während sie auf Piet wartete, setzte sie sich an das offene Fenster und zündete sich eine Zigarette an. Er hatte ihr ein paar Mal geschrieben, kurze Mitteilungen über seine Erfahrungen im schottischen Hochland. Die wilde Landschaft sei wunderschön, mit herrlichen Seen, zerklüfteten Küsten und düsteren Bergen. Doch er könne sich nicht vorstellen, wie die Menschen ihr ganzes Leben in einem endlosen Kreislauf von strömendem Regen und Nebel verbrachten, sich ständig mit schweren Stiefeln und dicken Jacken durch den Matsch kämpften, immer gefasst auf den nächsten Sturm und dankbar für ein paar Stunden mit milchigem Sonnenschein. Sie würden so viel zu besprechen haben, dachte Sarah. Ihr Herz schlug viel zu schnell, und bei der Vorstellung, ihm bald gegenüberzustehen, hatte sie Mühe, gleichmäßig zu atmen. Sie drückte die Zigarette aus und sprang auf die Füße. Wie hatte sie rauchen können, kurz bevor sie ihn vielleicht küssen würde? Sie ging ins Badezimmer, um sich die Zähne zu putzen. Als sie gerade die Zahnbürste in den Mund gesteckt hatte, klingelte es an der Tür.
»Gütiger Gott«, murmelte sie. »Bist du denn niemals auf meiner Seite?« Hastig spülte sie sich den Mund aus und spritzte sich Wasser ins Gesicht, wobei sie versehentlich den sorgfältig aufgetragenen Lippenstift verwischte. »Ich komme!«, rief sie und rannte durch das Wohnzimmer in den Flur. Dann blieb sie stehen, holte tief Luft und bekreuzigte sich, bevor sie die Tür aufriss.
»Sarah! Wie schön, dich zu sehen, kleine Sarah! Mann, du siehst großartig aus!« Er umarmte sie und trat dann einen Schritt zurück, um sie genau in Augenschein zu nehmen. Stumm vor Freude stand sie vor ihm und sah zu ihm auf. Als sie ihm die Arme um den Nacken legte, wanderte sein Blick über ihre Schulter und schweifte suchend durch den Raum hinter ihr. Sie hörte die Enttäuschung in seiner Stimme und sah, dass das Lächeln aus seinem Gesicht verschwand.
»Wo ist sie? Ich dachte, sie würde hier sein. Ich wollte sie sogar bitten, mich am Bahnhof abzuholen, aber der Zug hätte Verspätung haben können. Sarah, du weißt doch, von wem ich spreche, oder?«
»Sie musste zu einem Fototermin. Mittlerweile ist ihr Bild in allen bekannten Magazinen. Es ist erstaunlich.«
»Ja. Sie hat mir ein paar Fotos geschickt, und ich habe sie in den Zeitschriften gesehen. Ich kann es kaum glauben – wie sie in den Magazinen aussieht! Wann wird sie zurückkommen?«
»Gegen sechs, denke ich.« Ihre Stimme klang erstickt vor Enttäuschung und Eifersucht, doch sie wusste, dass er das nicht bemerken würde. »Möchtest du in der Zwischenzeit Tee oder ein kühles Bier? Wir könnten auch irgendwo einen Kaffee trinken.«
»Nein, lass uns hier bleiben. Es gibt so vieles zu erzählen. Und ich will alle deine Neuigkeiten hören, kleine Schwester.«
»Das meiste habe ich dir schon in meinen Briefen geschrieben.« Es verletzte sie, dass Camilla ihm Fotos
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