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Himmel uber Langani

Himmel uber Langani

Titel: Himmel uber Langani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara und Stefanie Keating
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Abendessen oder so?«
    Camillas stumme Geste drückte sowohl Spott als auch Bitterkeit aus, und so fragte Sarah sich nicht weiter nach.
    »Schau«, meinte Camilla. »Du hast nie ein Wort über meine Familie oder deren Abwesenheit verloren. Dafür war ich dir immer dankbar. Nein, lass mich ausreden.« Sie grub ihre Finger in Sarahs Arm. »Es ist eben eine Tatsache, dass manche Menschen Eltern haben, die sich nicht vertragen und die wahrscheinlich besser keine Kinder haben sollten. Aber ich habe gelernt, mich um mich selbst zu kümmern. Ich bin gern hier. In zwei Wochen habe ich mein letztes Vorsprechen, und dann werde ich ab Herbst auf die Schauspielschule gehen. Davor werden wir alle im Sommer in Kenia unseren einundzwanzigsten Geburtstag feiern. Du brauchst also wirklich kein Mitleid mit mir zu haben.«
    »Trotzdem bete ich, dass du dich eines Tages besser mit deinen Eltern verstehen wirst.«
    »Beten! Als ob das etwas nützen würde«, schnaubte Camilla. An Sarahs Gesichtsausdruck erkannte sie, dass sie ihre Freundin beleidigt hatte. »Sag bloß nicht, dass du immer noch regelmäßig sonntags und feiertags zur Messe gehst?«
    »Doch, das tue ich«, erwiderte Sarah trotzig. »Ich kann das nicht alles wegwerfen, bloß weil jetzt die Nonnen nicht mehr ständig hinter mir stehen. Für dich ist das anders. Du hast zwar eine katholische Schule besucht, bist aber nicht katholisch erzogen worden. Bei mir ist das in der Seele verankert, was immer auch geschehen mag.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder einen Fuß in eine Kirche zu setzen. Nichts als Gottesfurcht und Zerknirschung, und alle Gefühle werden unter den Teppich gekehrt. Das ist nur ein Vorwand, um alle natürlichen Instinkte zu unterdrücken. Und Gott bewahre, wenn du jemals einen Gedanken an Sex verschwendest – damit würdest du die ewige Verdammnis auf dich ziehen.«
    »Die Religion hat auch ihre guten Seiten.«
    »Nicht für mich. Katholiken wollen, dass jede Frau der Jungfrau Maria gleicht – immer leidend und geschlechtslos. Und in ständiger Angst davor, geradewegs in der Hölle zu landen, sollte sie nach einer Knutscherei von einem Bus überfahren werden.«
    »Es geht nicht nur um Hölle und Verdammnis«, beharrte Sarah. »Sondern auch um Liebe und darum, sich um andere Menschen zu kümmern. Den Benachteiligten zu helfen. Was ist daran schlecht?«
    »Ich muss mir in erster Linie selbst helfen«, erwiderte Camilla schroff. »Ich schaffe es gerade, meinen eigenen Kopf über Wasser zu halten, da kann mich nicht auch noch um den Rest der Menschheit kümmern.«
    »Ich helfe in so einer Einrichtung in Dublin aus. Einem Asyl, wo Alkoholiker und Obdachlose eine Mahlzeit und ein Bett für die Nacht bekommen. Mir gefällt es, meinen Beitrag zu leisten.«
    »Erzähl mir bloß nicht, du wärst zu einem professionellen Samariter geworden. Wahrscheinlich wirst du demnächst ein Büßerhemd und offene Sandalen tragen und Topfhalter aus Makramee knüpfen.« Camilla fuchtelte theatralisch mit den Händen herum. »Wenn du nicht aufpasst, wird noch ein Jesus-Freak aus dir. Du hattest schon immer einen Hang in diese Richtung.«
    Sarah lachte und wandte sich ab. Wie dumm, sich deswegen gekränkt zu fühlen! Sie konnte unmöglich erklären, wie einsam sie sich an der Universität in Dublin fühlte, wo alle einander bereits aus früher Kindheit kannten, wo die Gänge lang und finster waren und durch die schmutzigen Fenster kein einziger Strahl des leuchtenden Sonnenlichts fiel, das für sie einmal zum Alltag gehört hatte. Im Obdachlosenasyl St. Joseph’s konnte sie sich in Menschen hineinversetzen, die tausendmal entfremdeter und verzweifelter waren sie selbst. Sie glaubte, dass sie in der kalten, beengten Welt, in der sie nun lebte, etwas verändern konnte. Camilla war offensichtlich ein Teil dieser glamourösen, beschwingten Metropole geworden, und Sarah schämte sich einzugestehen, dass es ihr nicht gelingen wollte, mit ihren Kommilitonen Freundschaft zu schließen.
    »Was wollen wir in der großen Stadt unternehmen?«, fragte sie, ängstlich darauf bedacht, nicht mehr über ihr Leben in Dublin zu verraten. »Ich kann nicht viel ausgeben, aber in den letzten drei Monaten habe ich mir an den Wochenenden ein bisschen Geld als Kellnerin verdient.«
    »Ich werde dir die Carnaby Street zeigen, wo viele neue Boutiquen eröffnet wurden. Aber ich werde es nicht zulassen, dass du dort dein Geld ausgibst«, erklärte Camilla bestimmt. »Es macht Spaß, sich alles

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