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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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Reling und unterhielten sich auf Suaheli. Offenbar ging es um eine heitere Begebenheit, die Frauen gestikulierten, redeten schnell und laut und lachten herzhaft. Sie hatten ein hartes Leben, die afrikanischen Frauen, dachte Charlotte, und doch konnten sie so fröhlich sein, so unbefangen. War diese Gabe nicht auch eine Art von Glück? Ein Glück, das in ihnen selbst lag und das ihnen über so viel Schweres hinweghalf.
    Fröstelnd zog sie die Schultern zusammen. Sie war mit diesem Talent nicht gesegnet. Sie fühlte sich einsam, am falschen Ort und hasste sich selbst. Bis der Dampfer Daressalam erreichte, würde sich der Himmel schon wieder mit schwarzen Gewitterwolken bezogen haben und der nächste Tropenregen über die Küstenregion hereinbrechen. Noch vor wenigen Tagen hatte sie die Regenzeit sehnsuchtsvoll erwartet, den ersten, kräftigen Wolkenbruch mit Begeisterung begrüßt, sich an dem Geruch des feuchten Bodens und der wachsenden Pflanzen berauscht. Jetzt war ihr nur noch kalt. In Daressalam müsste sie vermutlich durch Schlamm und tiefe Pfützen tapsen, was die albernen Bastschuhe bestimmt nicht durchstehen würden. Sie hatte sich nicht getäuscht. Das einzig Gute war, dass der kleine Küstendampfer direkt am Landungssteg festmachen konnte, so dass den Passagieren die Fahrt auf den schwankenden Schiffchen erspart blieb. Bei Blitz und Donner verließen sie das Schiff, Charlotte nahm zwei junge Inderinnen mit unter ihren Schirm, und sie strebten eilig auf das schützende Dach des Hafengebäudes zu. Die Fahrgäste, die dort auf den Dampfer gewartet hatte, hasteten ihnen mit Körben und Taschen entgegen, so dass sie sich vorsehen mussten, auf dem schmalen Steg nicht zur Seite gedrängt zu werden und im Wasser zu landen. Charlotte ließ ihre beiden Schützlinge am Hafengebäude zurück, wo ein Verwandter auf sie wartete, empfing überschwänglichen Dank für ihre gute Tat und machte sich auf den Weg zur Inderstraße. Obgleich sie nur für eine Nacht weg gewesen war, sehnte sie sich wie selten zuvor nach Klaras zärtlicher Fürsorge, nach trockenen Kleidern und Schuhen, einem heißen, duftenden Tee. Ihr Laden, ihre kleine Wohnung, Klara, ihre engste Vertraute, der lustige Schammi– all das war das Glück, das für sie bestimmt war. Kein strahlend heller Planet, eher ein schwach blinkendes Sternchen am Nachthimmel. Aber es gehörte ihr, sie hatte es sich selbst geschaffen.
    Der Laden war geschlossen. Fassungslos rüttelte sie an den hölzernen Falttüren und stellte fest, dass man sie von innen verriegelt hatte. Gut, es regnete. Aber das war doch kein Grund, das Geschäft im Stich zu lassen! Die Läden ringsum hatten die Vordächer aus Stoff eingerollt, einige hatten auch die Türen zum Schutz gegen die aufspritzenden Wassermassen vorgeklappt. Doch die Geschäfte waren geöffnet, wenn der Gewitterregen nachließ, würden die Kunden schon kommen.
    » Klara? Schammi!«
    Innen wurde der Schlüssel ins Vorhängeschloss gesteckt, knirschend bewegte sich Metall auf Metall, dann öffnete sich ein Spalt zwischen den Türflügeln, und Schammis schmales Gesicht erschien. Er strahlte sie so begeistert an, als kehre seine eigene Mutter zu ihm zurück.
    » Was ist denn hier los? Wieso ist der Laden nicht offen? Was denkt ihr euch eigentlich? Wie sollen wir Geld verdienen, wenn ihr…«
    » Charlotte!«
    Klara zwängte sich zwischen Nähmaschine und Regalen hindurch und stieß im schwachen Licht gegen einen Tisch voller Teekannen und Bierkrüge. Es schepperte, ein Gefäß fiel herunter.
    » Mein Gott, bin ich froh, dass du wieder hier bist. Komm herein. Du bist ja ganz durchnässt. Sei vorsichtig mit dem Schirm. Schammi, mach die Türen hinter ihr wieder zu und schließ ab. Jesus Christus im Himmel, komm rasch, Charlotte…«
    Klara war nur selten so redselig, es musste also etwas Schlimmes geschehen sein. Charlotte vergaß alle Müdigkeit und folgte ihr durch den dunklen Laden zur Wohnungstreppe.
    » Geh voraus«, flüsterte Klara. » Du weißt ja, dass ich nicht so schnell bin. Erschrick nicht, er ist krank. Gestern Abend ist er gekommen. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Schammi hat ihm Wasser zum Waschen und Rasieren gebracht, aber er musste ihm dabei helfen und ihn ankleiden wie ein Kind. Er hat keinen Bissen essen können. Charlotte, wir müssen ihn in das Gouvernementskrankenhaus bringen, sonst stirbt er uns unter den Händen weg…«
    Böses ahnend stieg Charlotte hinauf. Der strömende Regen verdunkelte den

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