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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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wissen, und Charlotte ahnte, dass er neugierig war, was Max von Roden dazu gebracht hatte, seine heimatlichen Güter zu verlassen, um am Kilimandscharo neu anzufangen. Doch er stellte die Frage nicht direkt, lobte stattdessen den Rotwein und den indischen Koch, bewunderte Max’ Jagdtrophäen, darunter das Leopardenfell, das inzwischen ebenfalls an der Wand über dem Kamin seinen Platz gefunden hatte.
    » Die Löwenplage in Daressalam ist inzwischen eingedämmt«, erzählte George und sah Charlotte dabei an. » Wer jetzt bei Wilhelm Schmidt sein Weißbier trinkt, kann zu später Stunde sorglos heimwärts wandern.«
    » Davon schrieb mir Klara«, gab sie zurück. » Sie ist in Daressalam verheiratet und wohnt mit ihrem Mann in der Mission am Imanuelskap.«
    » Ich weiß«, erwiderte er ruhig. » Wir sind uns hin und wieder begegnet. Ich arbeite seit einem halben Jahr in dem Eingeborenenhospital, das der Inder Sewa Hadji gestiftet hat.«
    » Ach…«
    Er lächelte und half ihr über die Peinlichkeit hinweg, indem er über seine Arbeit berichtete, über seine Hoffnung auf einen Impfstoff gegen die Malaria, nun, da man den Erreger, die Anopheles-Mücke, ausfindig gemacht habe. Es gäbe leider immer noch Fälle von Pocken und Cholera, vereinzelt zum Glück, aber nicht desto weniger tragisch. Charlotte hörte schweigend zu und ärgerte sich über ihre fromme Cousine, die Georges Anwesenheit in Daressalam in keinem ihrer Briefe erwähnt hatte. Was bildete sie sich eigentlich ein? War sie ihre Tugendwächterin? Glaubte Klara tatsächlich, sie, Charlotte, könne sich noch nach George sehnen, da sie doch vollkommen glücklich verheiratet war?
    » Den Kilimandscharo wollen Sie besteigen?«, hörte sie Max begeistert ausrufen.
    » Den Berg des bösen Geistes– ganz recht. Ich bin gespannt, wie er uns dort oben empfangen wird.«
    » Kalt und frostig, Mann. Ich hoffe, Sie haben warme Kleidung dabei. Außerdem soll die Luft dort oben verdammt dünn sein, vor ein paar Monaten haben zwei Bergsteiger diese Unternehmung nur knapp überlebt…«
    Das Gespräch zog an ihr vorbei. Sie gab Schammi einen Wink, das Geschirr möglichst unauffällig abzuräumen und den Nachtisch aufzutragen, und nippte an ihrer Zitronenlimonade. Den Rotwein überließ sie den beiden Männern, die jetzt eifrig über den Aufstieg zum Kibo diskutierten, dem » Hellen«, wie er in der Sprache der Dschagga hieß, » der Dunkle«, eislose Mawensi und der mit nur viertausend Metern niedrigste Gipfel, der Shira, interessierten George weniger. Durch den Regenwald schlängelte sich der Pfad bis hinauf zur baumlosen Zone, wo nur noch Heidekraut und Flechten gediehen, dann ging es weiter über Lavageröll. Am besten war es, es Dr. Hans Meyer gleichzutun, der zur letzten Etappe mitten in der Nacht aufgebrochen war. In dieser Höhe war die Luft so dünn, dass jede Bewegung ein Vielfaches an Kraft kostete, doch wenn man tatsächlich den Gipfel erreichte, auf dem Dr. Meyer vor Jahren eine deutsche Fahne ins Eis gesteckt hatte, dann waren alle Anstrengungen reich belohnt.
    Die beiden Männer verstanden sich glänzend. Sie waren von der gleichen Begeisterung beseelt, und Charlotte begriff, dass Max nur allzu gern bei dieser Unternehmung dabei gewesen wäre. Doch er war zu verantwortungsbewusst, um sich diese Freiheit zu gestatten; es tat ihr leid, aber zugleich war sie sehr froh darüber – sie wäre vor Angst um ihn gestorben.
    Während sie das süße Kompott aus Bananen und Mango löffelte, betrachtete sie nachdenklich Georges Gesicht. Seine Stirn hatte waagerechte Furchen bekommen, die sich stärker eingruben, wenn er kritisch dreinsah, auch die kleinen Linien um die Augen waren mehr geworden. Sein Blick besaß immer noch dieselbe Eindringlichkeit, doch die jugendliche Neugier war schon lange daraus verschwunden, Ernst lag darin und ein Anflug von Resignation. Sie dachte daran, dass er im Hospital gewiss viel Elend zu sehen bekam, dem er nicht abhelfen konnte, und sie fragte sich, aus welchem Grund er wohl zurück nach Daressalam gekommen sein mochte. Marie– so hatte Ettje geschrieben– hatte inzwischen wieder geheiratet, Georges Kinder lebten bei der Mutter…
    Sie ist immer noch die Gleiche, dachte Charlotte bitter. Marie nimmt sich vom Leben, was sie haben will, erst hat sie George gewollt und ihn bekommen, nun hat sie sich einen anderen geangelt, mit dem sie ihr Leben nach ihren Vorstellungen führen kann. Warum auch nicht? Marie und George hatten vermutlich niemals

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