Himmel über dem Kilimandscharo
zueinander gepasst…
» Gewiss, wenn man mit den Offizieren der Schutztruppe redet, dann zollen sie diesem Aufrührer einen gewissen Respekt«, sagte Max soeben. » Mkwawa scheint ungewöhnlichen Mut besessen zu haben und dazu großen Einfluss. Aber wir wissen auch, dass er jeden Schwarzen, der nicht mit ihm gemeinsame Sache machen wollte, brutal ermorden ließ. Nein– einen Helden sollten wir keinesfalls aus ihm machen.«
Sie waren inzwischen bei dem Rebell Mkwawa angekommen, ein Häuptling der Wahehe, der die Deutschen jahrelang im Landesinneren in Atem gehalten hatte. Vor acht Jahren hatte er den unglücklichen Oberst Zelewski mit seiner Askari-Truppe niedergemetzelt, was der Rebellion der Wahehe mächtigen Auftrieb gegeben hatte. Es war ein zähes Ringen gewesen, das viele Menschenleben gekostet hatte, doch zuletzt siegte die deutsche Schutztruppe unter Tom von Prince. Der einst mächtige Mkwawa wurde wie ein Jagdwild gehetzt, entkam den Verfolgern immer wieder, bis er im vergangenen Jahr endlich gefunden wurde. Es wurde berichtet, dass er seine Begleiter niedergemacht und sich anschließend selbst das Leben genommen habe.
» Aufrührer?«, fragte George und zog ironisch die Stirn in Falten. » Aber gehört dieses Land denn nicht in Wahrheit ihnen? Den Afrikanern?«
Es war ein heißes Thema, und Charlotte wusste recht gut, dass Max diese Dinge völlig anders sah.
» Dieses Land ist riesig, mein Freund. Es ist genügend Platz für alle da.«
George drehte das Rotweinglas in seiner Hand und schien zu überlegen, ob es der Mühe wert war, ein Streitgespräch zu beginnen. Er entschloss sich dafür.
» Das mag wohl sein. Doch dann sollte jeder den anderen und seine Lebensweise respektieren. Wir aber behandeln die schwarzen Eingeborenen wie Untergebene, oft sogar wie Sklaven. Bestenfalls sehen wir sie als unwissende Kinder und glauben, über ihr Schicksal entscheiden zu dürfen.«
» Sie scheinen ein Weltverbesserer zu sein«, sagte Max grinsend, womit er nach Charlottes Ansicht den Nagel auf den Kopf traf.
» Natürlich sind sie wie die Kinder«, fuhr er fort. » Aber fragen Sie doch meine Schwarzen auf der Plantage, ob sie zufrieden mit ihrem Leben sind. Sie sind hier in Sicherheit, besitzen Häuser, halten ihr Vieh, dürfen ihr Land bearbeiten. Es gefällt ihnen, und sie sind dankbar dafür. Keiner von ihnen wäre in der Lage, eine solche Plantage ins Leben zu rufen, sie können weder vernünftig organisieren noch wirtschaften, noch haben sie das dazu nötige Durchhaltevermögen. Sie sind tatsächlich wie die Kinder und denken nur bis zum nächsten Tag.«
Charlotte spürte Georges Augen, die auf sie gerichtet waren– fragend und unsicher, ob er die Diskussion besser abbrechen sollte. Sie hatte sich früher zu seinen Ansichten bekannt, war sogar hellauf davon begeistert gewesen, seine Manuskripte, in denen er solche Dinge darlegte, hatten sie fasziniert.
» Aber…«, wandte sie zögernd ein. » Vielleicht brauchen die Afrikaner ja gar keine Plantagen. Die Dschagga bauen ihre Bananen und ihren Mais auch ohne uns an und haben damit ihr Auskommen. Es ist nicht recht, dass man sie jetzt immer weiter hinauf zum Regenwald treibt und ihr Land an Buren und Deutsche aus Russland verteilt, die dort Plantagen anlegen.«
» Gewiss, mein Schatz«, sagte Max sanft. » Aber du darfst nicht vergessen, dass die Dschagga auch früher keineswegs wie im Paradies gelebt haben. Eher wie im Mittelalter, ständig in Gefahr, von fremden Stämmen niedergemetzelt zu werden. Dazu kommt, dass arabische Sklavenhändler die Menschen in diesem Land jahrhundertelang wie Vieh gefangen und verschachert haben. Und nicht selten waren es die afrikanischen Häuptlinge, die ihre eigenen Leute verkauften. Wir Deutschen haben ihnen das Handwerk gelegt und die Sklaverei verboten. Wir bieten den Schwarzen Wohlstand und ein sicheres Leben, dafür können sie uns verdammt dankbar sein.«
» Mkwawa war es nicht«, bemerkte George mit leiser Ironie. » Er zog die Freiheit dem sicheren Leben vor.«
» Mkwawa war ein Phantast, und er hat dafür bezahlt.«
» Die einen nennen ihn einen Phantasten, die anderen einen Freiheitskämpfer. Vielleicht braucht ein Volk einen Mann wie ihn, um an sich selbst glauben zu können.«
» Nennen Sie ihn, wie Sie wollen, Johanssen, aber er hat den Afrikanern nichts als Unglück und Elend gebracht. Ich schwöre Ihnen, es liegt mir verteufelt viel daran, dass meine schwarzen Arbeiter zufrieden sind. Auf meiner
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