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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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zweifelnd zum Schreibtisch hinüber. » Bis wir uns wiedersehen« hatte sie unter den Brief gesetzt. Was für eine dumme Floskel. Seit sieben Jahren waren sie nun voneinander getrennt, und die Hoffnung, sich wiederzusehen, war vor zwei Jahren noch weiter in die Ferne gerückt, als Peter die Order erhalten hatte, im Süden der Kolonie, in der Nähe von Kilwa Kivinje, eine neue Missionsstation ins Leben zu rufen. Der Süden war eine Gegend, die man bisher vernachlässigt hatte, nun aber wurde dort überall Baumwolle angebaut, und die Mission der eingeborenen Stämme hatte große Bedeutung bekommen. Peter Siegel und seine Frau Klara lebten inzwischen in einem angeblich » einfachen, aber wunderschönen« Missionshaus in Naliene, etwa neunzig Kilometer westlich der Küste gelegen. Klara hatte hübsche Bilder gezeichnet und oft von der fruchtbaren Landschaft und den freundlichen Eingeborenen geschwärmt, doch Charlotte wusste recht gut, dass Klara ihr nicht immer die ganze Wahrheit mitteilte. Ganz sicher war das Leben dort sehr mühselig für eine behinderte Frau, und dazu war sie nun schwanger geworden. Mit dreiunddreißig erwartete sie ihr erstes Kind, hatte sogar » Schwierigkeiten« gehabt, von denen sie im Einzelnen nichts berichtete. Großer Gott– ob es überhaupt jemanden gab, der ihr bei der Geburt zur Seite stehen konnte? Eine treue Seele wie Hamuna?
    Sie ließ sich auf ihren Stuhl fallen, nahm sich den Brief noch einmal vor, grübelte und schob ihn dann wieder zur Seite. Nein, es war nicht möglich. Sie hatte um die Plantage Sorge zu tragen. Zu dieser Zeit würde man einen Teil der Agaven schneiden und verarbeiten. Sie hatte eine kleine Tochter, die sie brauchte. Ein Wirbelwind, die mit den schwarzen Kindern herumtobte, braun gebrannt mit zwei hellblonden Zöpfchen, die sich ständig auflösten. Eine bezaubernde, widerspenstige Göre, die die Geduld ihrer Kinderfrau schamlos ausnutzte und dann wieder freigiebig all ihre Leckereien an die schwarzen Freunde und Freundinnen verteilte. Elisabeth war der wichtigste Mensch in Charlottes Leben, ihr einziges Kind, ihr Augenstern und Max’ Vermächtnis an sie. In den bitteren Wochen nach seinem Tod war eine Nachricht aus Brandenburg eingetroffen. Max’ Bruder und seine Schwägerin kondolierten ihr tief ergriffen zum Tod ihres Ehemannes und forderten Charlotte auf, die kleine Tochter auf ihr Gut in Brandenburg zu bringen. Das Kind sei immerhin eine von Roden, nach Max’ Tod käme seinem Bruder die Vormundschaft zu. Man wünsche nicht, dass das Mädchen in Afrika wie eine Wilde aufwachse, es habe Anspruch auf eine standesgemäße Erziehung. Charlotte hatte den Brief zornig zerrissen und ins Feuer geworfen, und sie war sich vollkommen sicher, dass Max das Gleiche getan hätte. Nichts auf der Welt hätte sie dazu bringen können, ihr eigenes Kind, Max’ Tochter, fortzugeben.
    Weshalb sorgte sie sich überhaupt? Peter Siegel konnte Klara nach Kilwa bringen, dort gab es eine Station der Schutztruppe, also auch Ärzte, die ihr beistehen würden. Und außerdem war Peter Siegel bei all seinem religiösen Fanatismus doch ein zärtlicher Ehemann, hatte er nicht große Angst um Klara gehabt, als sie in der Inderstraße krank darniedergelegen hatte?
    Entschlossen nahm sie die Lampe und ging hinüber ins Schlafzimmer. Seitdem sie dem Gitterbettchen entwachsen war, schlief Elisabeth neben ihr, dort, wo Max früher gelegen hatte. Beide waren sehr zufrieden damit, vor allem Elisabeth, die jetzt oft von Albträumen geplagt wurde und sich dann an die Mama kuscheln konnte. Doch auch Charlotte war froh, den ruhigen Atem ihres Kindes zu hören, wenn sie am Abend nicht einschlafen konnte und sich trüben Gedanken hingab. Jetzt lag die Fünfjährige zusammengekauert wie ein junges Kätzchen auf der Seite, das Gesichtchen rosig im Schlaf. Natürlich nuckelte sie wieder am Daumen und hatte noch dazu ein Zopfende in den Mund gesteckt. Charlotte kleidete sich aus und zog das Nachthemd über, dann beugte sie sich leise über ihre Tochter, zog ihr vorsichtig den Daumen aus dem Mund und legte den blonden Zopf nach hinten. Was für eine dumme Angewohnheit, morgen würde sie Hamuna einschärfen, Elisabeths Zöpfchen am Abend zusammenzubinden.
    Als sie sich im Bett ausgestreckt und das Licht gelöscht hatte, wurde ihr bald klar, dass nicht einmal Elisabeths unbefangener Schlaf sie heute von ihren Sorgen abhalten konnte. Sie versuchte, ihren Gedanken eine andere Richtung zu geben, dachte an Marie,

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