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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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denn der Transport ihrer Ernte kostete jetzt nur noch die Hälfte von dem, was sie an die eingeborenen Träger zahlen mussten.
    Wie viel sich hier an der Küste verändert hatte! Wo früher noch Kokospalmen und Zuckerrohr angebaut worden waren, sah sie jetzt ausgedehnte Sisalplantagen. Auch Baumwolle wurde gepflanzt– wie man hörte, versprach sich die Kolonialregierung davon große Gewinne.
    Du bist eine richtige Landpomeranze geworden, dachte sie, als sie aus dem Waggon stieg und gleich darauf hilflos im Geschiebe und Gedränge der Reisenden feststeckte. Pflanzer brüllten nach ihren schwarzen Angestellten, Eingeborene reichten Käfige mit gackernden Hühnern aus den Zugfenstern, Händler gebrauchten ihre Ellenbogen, um so rasch wie möglich zu den Lastenwaggons zu gelangen, in denen ihre Waren gelagert waren. Bevor sie Juma im Gewimmel erspähen konnte, der in der Klasse für Neger gereist war, war sie schon von afrikanischen Frauen und Kindern umlagert, die ihr mit viel Geschrei Gebäck und Früchte in flachen Körben zum Kauf anboten. Schließlich erwarb sie eine Mango und mehrere zusammengerollte Fladen, die mit Gemüse gefüllt waren. Wie rasch sich die Afrikaner doch an das Feuer und Rauch spuckende Ungetüm gewöhnt hatten. Waren sie früher in panischer Angst vor der Eisenbahn davongelaufen, so verschafften sie sich jetzt durch den Verkauf von Reiseproviant einen kleinen Nebenverdienst.
    Juma, der Hasenfuß, war heute früh beim Anblick der Dampf schnaubenden Lokomotive in großen Schrecken geraten und hatte, so erzählte er ihr jetzt, die ganze Fahrt über dicht an der Waggontür gekauert, um im Notfall rasch hinausspringen zu können. In Mombo hatte sie Kapande und Makwetu mit den Mauleseln zurück auf die Plantage geschickt und nur Juma mit nach Tanga genommen, aber vielleicht hätte sie doch besser den ruhigen Kapande als ihren Begleiter wählen sollen.
    » Viel gut«, meinte Juma, dem sie einen Fladen und die Mango als Stärkung gereicht hatte. » Aber zu Hause ist chakula besser.«
    » Ich dachte, du hast früher in Tanga gelebt, Juma.«
    » Das war schlechte Leben. Immer nur schleppen Kisten auf Schiff.«
    Sie gingen hinüber zu dem eindrucksvollen, weiß gestrichenen Bahnhofsgebäude, vor dem eine Gruppe schmuck uniformierter Askari herumstand und sie neugierig beäugte. Es war Ende Juli, die Wiesen und Grünanlagen um das Gebäude herum waren jetzt verdorrt, doch die Fahne des deutschen Kaiserreichs auf dem Dach flatterte munter im Südostwind. Charlotte atmete seit langer Zeit wieder den salzigen, faden Geruch des Meeres, und die Empfindungen, die nun in ihr aufstiegen, verwirrten sie. Noch immer schien der Atem des Ozeans ihr von geheimnisvoller Ferne zu künden, von lockenden Traumbildern, die dort hinter dem Horizont auf den Wellen trieben wie verzauberte, schlafende Inseln. Sie musste lächeln, denn die Zeit der Hoffnungen und Sehnsüchte war für sie vorüber. Sie war kein junges Ding mehr, trug das Haar straff nach hinten gekämmt und fest aufgesteckt, die ersten Fältchen zeigten sich in der zarten Haut um ihre Augen. Der Duft des Meeres rief höchstens ein wenig Heimweh nach der kleinen Stadt in Ostfriesland in ihr hervor, und auch das war unnütz, denn der Weg dorthin war ihr abgeschnitten.
    Die beiden deutschen Beamten im Bahnhofsgebäude zeigten sich freundlich und waren sehr bemüht, ihr weiterzuhelfen.
    » Das Postamt? Im Zentrum, Sie müssen nur geradeaus zur Bucht hinuntergehen, dann sehen Sie schon die Fahne. Der Küstendampfer? Gegen drei Uhr an der Anlegestelle. So, Sie wollen also nach Kilwa reisen? Nach Kilwa Kivinje? Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten– eine so hübsche, junge Dame sollte hierzulande nicht ohne Begleitung unterwegs sein.«
    » Danke für die Auskünfte. Ich wünsche einen angenehmen Tag.«
    Der Wind wirbelte rötliche Staubwolken empor, so dass sie die Augen zusammenkneifen mussten. Indische Händler mit beladenen Maultierkarren kamen ihnen entgegen, auch viele Eingeborene, die sich im Usambara-Gebirge als Arbeiter verdingen wollten. Ein Araber starrte sie mit blitzenden, schwarzen Augen an, und sie musste ihm und seinen beiden schwarzen Trägern ausweichen, da die Gruppe geradewegs auf sie zuhielt. Er schien kein Händler zu sein, sondern einer jener Akiden, die die deutsche Kolonialregierung inzwischen überall als Dorfvorsteher und Distriktverwalter eingesetzt hatte. Charlotte wusste, dass diese Leute bei den Schwarzen verhasst waren, denn sie

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