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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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nachzog.
    » Im Süden, sagen Sie?«
    » Sind Sie denn vom Himmel gefallen, Johanssen? Gestern kam die Meldung aus Kilwa Kivinje. In der Nähe von Matumbi auf einer Baumwollplantage wurden die Aufseher niedergemacht, und seitdem sind die Schwarzen dort unten außer Rand und Band. Das kommt dabei heraus, wenn man diese Burschen mit Samthandschuhen anfasst! Leute wie Sie, Johanssen, leisten solchen Frechheiten Vorschub. Sehen Sie es endlich ein? Der Neger braucht keine medizinische Versorgung– er braucht die kiboko, und wenn das nicht fruchtet, eine Kugel durch den Kopf!«
    Der Mann war so aufgeregt, dass George die Beleidigungen nicht einmal ernst nehmen konnte. Stattdessen wurde ihm mit Entsetzen bewusst, dass Naliene nicht weit von Matumbi lag– wenn Charlotte zur Mission hinausgeritten war, dann steckte sie jetzt mitten im Gebiet der Aufständischen.
    » Eine verfluchte Sache. Genau wie in Südwest, da sind sie auch frech geworden. Als ob diese Neger sich mit ihren verdammten Buschtrommeln quer über den Kontinent miteinander abgesprochen hätten…«
    » Und was ist mit Kilwa Kivinje? Ist dort noch alles ruhig?«
    » Keine Ahnung. Die Kabel sind unterbrochen, wahrscheinlich haben diese Dreckskerle sie durchgeschnitten. Irgend so ein afrikanischer Quacksalber soll ihnen weisgemacht haben, sein maji-maji, dieses Wunderwasser, lasse unsere Gewehrkugeln von ihnen abprallen. Na, die werden staunen, wenn erst unsere Truppen unten bei ihnen eintreffen…«
    » Sind sie schon unterwegs?«
    » Nur ein Teil. Siebzig Mann sind mit dem Gouvernementsdampfer nach Samanga abgefahren, und sechzig Mann sind von Lindi nach Kilwa abgezogen worden. Unten im Hafen liegt die Bussard, die wird weitere hundertzwanzig Soldaten hinunter nach Kilwa bringen, aber sie müssen erst abwarten, bis alle eingetroffen sind. Das wird den Negern schlecht bekommen, mein Lieber. Und Sie, Johanssen, werden jetzt endlich begreifen, dass diese Burschen dumpfe, feige Mörder sind, die man mit der Peitsche zu…«
    George machte eine knappe, ironische Verbeugung und eilte davon, ohne die weiteren Ausfälle des Kollegen zu beachten. Ein Aufstand. Es war in den Kolonien immer wieder zu solchen Erhebungen der Eingeborenen gegen die weißen Eroberer gekommen, alle hatte man bisher brutal niedergeschlagen, und genau das würde vermutlich auch dieses Mal geschehen. Maji-maji – das Wunderwasser, das sie unempfindlich gegen die Gewehrkugeln machen sollte. Großer Gott– würden sie tatsächlich im festen Glauben an diesen Zauber gegen die Maschinengewehre der deutschen Schutztruppen anrennen?
    In der Bucht von Daressalam ankerten mehrere größere Schiffe, darunter auch der Kreuzer Bussard der kaiserlichen Marine. Ein Küstendampfer legte gerade am Landungssteg an, und George konnte sehen, dass er von Passagieren und Gepäckstücken förmlich überquoll. An ihrem Turban konnte man erkennen, dass es sich überwiegend um Inder handelte– vermutlich waren sie vor den aufständischen Afrikanern im Süden geflüchtet. Indische Händler hatten die Eingeborenen jahrzehntelang in die finanzielle Abhängigkeit getrieben– jetzt richtete sich der Zorn der Aufständischen auch gegen sie. Inder, Araber und Europäer– wer immer den aufgebrachten Kriegern in die Hände fiel, würde mit dem Leben bezahlen.
    George spürte, wie der Wind sein Haar zerzauste. Der Marinekreuzer würde von Daressalam bis Kilwa weniger als vierundzwanzig Stunden benötigen. Das Unglück war nicht aufzuhalten.

Klara schrie nicht. Sie wollte auf keinen Fall, dass sich jemand ihretwegen beunruhigte. Also stöhnte sie nur verhalten, und wenn es gar zu schlimm wurde, biss sie in einen Zipfel der Bettdecke.
    » Ich schaffe es schon. Mach dir nur keine Sorgen, Peter. Der Doktor wird gewiss bald hier sein…«
    Die Wehen waren zu Anfang nur schwach gewesen und gleich wieder vergangen. Zwei Tage lang hatte sich Klara recht wohl gefühlt, doch so sehr Charlotte sie drängte, mit Peter und ihr gemeinsam nach Kilwa zu reisen– Klara weigerte sich. Sie musste eine Ahnung gehabt haben, denn am dritten Tag setzten die Wehen mit großer Heftigkeit ein, und alle waren froh, dass sie nicht im Busch unterwegs waren.
    Das Kind ließ auf sich warten. Klara humpelte im Haus umher, saß leise keuchend auf dem Hocker am Tisch, und wenn die Wehe vorüber war, scherzte sie darüber, dass sie nun alle im Haus in Atem hielt. Am Abend war sie erschöpft und meinte, das Kind wolle eine rechte Nachteule werden. Sie

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