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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bach
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ihre Bediensteten haben Kabinen in der zweiten Klasse.«
    Charlotte ließ ihn reden. Auch sie hatte die reiche Ausstattung der ersten Klasse in den Prospekten bewundert, doch sie vermisste den Luxus nicht. Jahrelang hatte sie sich eine winzige Schlafkammer mit Klara, Ettje und Tante Fanny geteilt, sie war an Einschränkungen gewöhnt.
    » Noch ein paar Wochen, dann wird alles anders werden!«
    Die Wellen schienen das Schiff jetzt von allen Seiten anzugreifen, es schlingerte bedenklich, man hörte die Maschine ächzen und stampfen. Christian wurde aschfahl im Gesicht.
    » Großartig wird es werden«, versetzte er zynisch. » Wenn wir jemals in Daressalam ankommen, werden die deutschen Behörden mich einsperren und zurück ins Reich expedieren. So wird es ausgehen!«
    » Weshalb sollten sie das tun? Niemand dort weiß etwas von deinen Schulden. Und außerdem müssten sie dann ja die Kosten für deine Heimreise übernehmen!«
    Er machte eine abschätzige Handbewegung und erhob sich schwerfällig, um so rasch wie möglich wieder hinunter in seine Koje zu gelangen. Auch Klara wollte nun doch lieber wieder nach unten, sie fröstelte, und dann musste sie ja doch Christians Jacke flicken…
    » Ich tauge nun einmal nicht für eine Seereise, Charlotte. Besser du lässt mich unten, dann musst du dir nicht immer solche Mühe machen…«
    » Das macht mir keine Mühe!«, widersprach Charlotte ärgerlich und machte Anstalten, Klara auf die Füße zu helfen.
    Sorgte sie nicht ständig für die beiden? Versuchte sie nicht ihr Möglichstes, um sie aufzuheitern, ihnen Mut zu machen? Meine Güte, sie tat alles, was in ihrer Macht stand, um Klara und Christian in ein neues, freies, glückliches Leben zu führen, aber anstatt dass sie ihr dafür dankbar waren, machten sie ihr mit ihrem unablässigen Genörgel zu schaffen.

Schnurgerade zog sich der blaue Streifen des Kanals durch den Wüstensand, schmal, gerandet von flachen, rötlich-gelben Ufern. Nur hier und da fand das Auge Halt an ein wenig Grün, Palmen und Gebüsch wuchsen aus dem staubigen Boden, Ziegen grasten, graue Kamele standen mit zusammengebundenen Vorderbeinen und nagten an dornigem Gestrüpp. Dort war eine Oase mit niedrigen, weißen Gebäuden, Frauen in langen, dunklen Gewändern trugen Lasten auf den Köpfen. Auf einem Sandhügel standen drei schwarzhäutige Knaben, blickten sehnsüchtig zu dem träge vorüberziehenden Dampfschiff hinüber und winkten aus Leibeskräften.
    » Wie man bei dieser brütenden Hitze so herumhampeln kann«, sagte Christian, der neben Charlotte an der Reling stand und sich mit dem Taschentuch den Schweiß abwischte.
    » Sie sind daran gewöhnt«, gab sie müde zurück.
    Sie hätte gern die Hand gehoben, um den fröhlichen kleinen Kerlen zurückzuwinken, doch sie war zu matt dazu. Gewiss lag das an der Hitze, selbst der schwache Fahrtwind brachte keine Erfrischung. Auch der schöne Seevogel, der das Schiff so viele Tage begleitet hatte, war über Nacht verschwunden, er war zurück in seine Heimat geflogen, ins Mittelmeer; vielleicht hatte er sich jetzt ein anderes Schiff ausgesucht, dem er folgte.
    Es gab keine Morgen- und Abendstunden mehr. Innerhalb kürzester Zeit brach das Licht des Tages aus der Nacht hervor, und wenn der Tag in die Dunkelheit zurückstürzte, färbte der gelb glühende Sonnenball die Landschaft für wenige Minuten mit tiefem, brennendem Rot. Der Dampfer hatte in Port Said einen Tag festgemacht, Kohle, Post und neue Passagiere waren an Bord genommen worden, nun durchfuhr man bei brütender Hitze den schmalen, glatten Kanal. Im Westen, dort, wo die Sonne allabendlich ihr flammendes Schauspiel entzündete, weit hinter den flachen Sandhügeln, über die manchmal die filigrane Form einer Palme ragte, dort in der dunstigen Ferne lag die Stadt Kairo. Nur zwei Tagesreisen entfernt und doch unerreichbar. George hatte keine Ahnung, dass sie hier vorüberfuhren.
    Christian legte den Arm um seine Frau. Seitdem die Stürme des Mittelmeeres hinter ihnen lagen, hatte sich seine Stimmung wieder gehoben, er behandelte Charlotte mit Zärtlichkeit, hatte sie sogar für die » dummen, unnötigen Streitereien« um Verzeihung gebeten. Auch nutzte er jede Gelegenheit, sie zu berühren, denn nach langer Abstinenz war wieder das Verlangen nach ihrem Körper in ihm erwacht.
    » Bitte nicht, Christian. Es ist so heiß…«
    Tatsächlich empfand sie seinen Arm wie eine drückende Last auf ihren Schultern. Zudem war die Berührung ihr peinlich. In

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