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Himmel über Tasmanien

Himmel über Tasmanien

Titel: Himmel über Tasmanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McKinley
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wenn sie zu Bett ging.
    Sie war später aufgestanden als sonst und stocherte in ihrem Frühstück herum. Sie erschrak, als Vera Cornish ins Esszimmer stürmte.
    »Er ist wieder da, Mum«, sagte sie, die fleischigen Arme unter dem Busen verschränkt. »Obwohl, wieso er anständige Leute zu dieser Morgenstunde stört, weiß ich nicht.«
    Clarice funkelte sie wütend an. »Ich wünsche, dass du anklopfst, bevor du hier hereinpolterst«, fauchte sie. »Wer ist da?«
    »Dieser Major Hopkins.« Sie schniefte.
    »Dann führ ihn herein und bringe eine frische Kanne Tee und noch eine Tasse – und Vera, sag nicht Mum zu mir.«
    »Ja, Mum«, murmelte sie, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand.
    Clarice seufzte, als sie hörte, wie Vera dem Major barsch mitteilte, in welchen Raum er gehen solle. Eine Schande, dachte sie verzweifelt. Das waren noch Zeiten, in denen das Personal wusste, wo es hingehörte und wie es sich zu benehmen hatte.
    »Guten Morgen, Lady Pearson.« Major Hopkins stand unsicher an der Tür. »Verzeihen Sie, wenn ich Sie so früh schon störe.«
    Sie begrüßte ihn und bedeutete ihm, auf der anderen Seite des Tisches Platz zu nehmen.
    Er machte es sich auf dem Stuhl bequem und räusperte sich. »Der Grund dafür, dass ich zu so früher Stunde vorbeikomme, ist, dass ich etwas entdeckt habe, was Sie interessieren dürfte.«
    »Ich habe Vera gebeten, frischen Tee aufzubrühen. Vielleicht warten wir lieber noch einen Augenblick.«
    Sie tauschten Belanglosigkeiten über seine Anreise aus London, ihre Gesundheit und das Wetter aus, bis Vera die Teekanne nebst einer frischen Tasse unsanft auf den Tisch gestellt und die Tür hinter sich zugeschlagen hatte. »Gute Güte«, sagte der Major, und sein Schnurrbart zuckte, »mir scheint, ich habe die tüchtige Vera verärgert.«
    »Vera ist von Natur aus verärgert«, erwiderte Clarice und schenkte Tee ein, »und ich glaube, es gefällt ihr. Was haben Sie mir zu sagen?«
    »Nach unserer letzten Unterhaltung habe ich ein bisschen nachgeforscht.« Er langte in seine Jackentasche und zog einen Umschlag hervor. »Das hier habe ich gestern Morgen bekommen. Es ist die Liste der Farmer, die Ocean Child zur Auktion geschickt haben, und eine kurze Zusammenfassung ihres jeweiligen Hintergrundes. Ich hoffe, dass wenigstens ein Name Ihnen etwas sagt und uns vielleicht zu Carmichael führt.«
    »Das bezweifle ich. Ich bin seit vielen Jahren nicht mehr in dem unseligen Land gewesen, und ich habe mich gesellschaftlich auf keinen Fall mit Farmern abgegeben.«
    Sein Schnurrbart zuckte erneut, und Clarice beäugte ihn misstrauisch über den Rand ihrer Lesebrille, bevor sie ihre Aufmerksamkeit auf die Liste richtete. Der Name sprang sie förmlich an, und nachdem sie die kurze Biografie überflogen hatte, ließ sie das Blatt Papier auf den Tisch fallen. »Wie außergewöhnlich«, murmelte sie.
    Er beugte sich eifrig vor. »Haben Sie jemanden erkannt?«
    »Oh ja, und jetzt ergibt alles plötzlich einen Sinn.«
    »Stellt er eine Gefahr für Lorelei dar?«, fragte er schneidend.
    Clarice schüttelte den Kopf und lächelte. »Im Gegenteil. Frank White ist Loreleis Vater.« Sie nippte an ihrem Tee, sehr zufrieden mit seiner verblüfften Reaktion. »Natürlich war ihmdas damals nicht klar – niemand von uns wusste, wer ihr Vater war –, aber sein Name auf dieser Liste erklärt alles.«
    »Ich bin ratlos, Lady Pearson.«
    Sie hörte ihn kaum, während sie die Bruchstücke ihrer Erinnerungen zusammenfügte. Sie passten perfekt. »Ich bin ihm vor langer Zeit einmal begegnet. Er hat mir eine Milchkuh gebracht.« Clarice lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, ihr Besucher war vergessen, und sie durchlebte diese Begegnung noch einmal.
    Es war im Mai 1896, und Eunice hielt ihre übliche Nachmittagsruhe. Gwen war nicht da, und Lorelei spielte mit einem Malbuch und Buntstiften auf der Wolldecke, die Clarice auf dem Rasen vor dem Haus ausgebreitet hatte. Der Tag war herbstlich kühl, daher hatte sie die Zweijährige dick angezogen und saß über einer Näharbeit, als sie ein Pferd die Straße heraufkommen hörte. Sie legte ihr Nähzeug beiseite, ihre Neugier war geweckt, denn nur wenige Menschen kamen hier entlang.
    Wie sich herausstellte, war es ein Mann auf einem Pferdewagen, an dem eine wohlgenährte Kuh angebunden war. »Tag. Sind Sie Lady Pearson?«, rief er.
    Sie bedeutete ihm, den Weg herunterzukommen, denn sie war es nicht gewohnt, Unterhaltungen auf derart undamenhafte Weise zu führen. Als er

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