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Himmel über Tasmanien

Himmel über Tasmanien

Titel: Himmel über Tasmanien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McKinley
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jede Frau in Australien unanständig gekleidet«, sagte Eunice verärgert, »aber wenigstens sind sie nicht puterrot im Gesicht und kämpfen beständig gegen einen Hitzschlag an.« Sie schien nachzugeben, ihre Miene wurde weicher. »Du warst in meinen Augen immer willensstark und vernünftig, Clarry. Warum lässt du dich von Algernon nur so schikanieren?«
    »Er schikaniert mich nicht.«
    »Er sagt dir, was du tragen, mit wem du reden und an welchen Partys und Empfängen du teilnehmen sollst«, mahnte Eunice sie, »und ich habe den Verdacht, dass er sogar bestimmt, welche Bücher und Zeitungen du liest.« Sie ergriff Clarice’ Hand, um zu zeigen, dass ihre Worte freundlich gemeint waren. »Ich weiß, mit Algernon ist es nicht leicht zu leben – er ist Papa zu ähnlich –, aber du musst einen eigenen Standpunkt einnehmen, Clarice.«
    Clarice schämte sich bei der Erkenntnis, wie schwach sie in Eunice’ Augen erscheinen musste und wie bereitwillig sie sich Algernons Regeln gefügt hatte, ungeachtet der Qualen und des Unbehagens, die sie bereiteten. »Das verstehst du nicht«, sagte sie leise und senkte den Kopf, damit der Schatten des Hutrandes über ihr Gesicht fiel.
    »Ich glaube schon.« Eunice betrachtete sie mitfühlend. »Du hast das Gefühl, ihn im Stich gelassen zu haben, weil du ihm keine Kinder geschenkt hast, was lächerlich ist. Auch mit seiner ersten Frau hatte er keine, daher liegt es wahrscheinlich an ihm, nicht an dir.«
    Clarice errötete angesichts dieses persönlichen Themas noch mehr und wollte schon protestieren, als Eunice hastig weiterredete.
    »Er ist ein Mann, der in seiner altmodischen Lebensweise verhaftet ist, und hat Schwierigkeiten, mit unserer Art hier zurechtzukommen. Ich glaube, er ist einfach unsicher – ein Fisch auf dem Trockenen, wenn du so willst. Obwohl er in der Öffentlichkeit durchaus sein autoritäres Gehabe beibehält, ist er sich doch lediglich seiner Herrschaft über seinen Haushalt und seine Frau sicher. Deshalb weigert er sich, Ratschläge anzunehmen, und zwingt dir weiterhin seinen Willen auf.«
    Clarice starrte ihre Schwester an und bewunderte sie für ihre Menschenkenntnis und ihre mutige Offenheit gleichermaßen. Dieselben Gedanken waren ihr schon häufig durch den Kopf gegangen, warum hatte sie bis zum heutigen Tage nicht nach ihnen gehandelt? »Du hast recht«, gestand sie. »Aber es wird nicht einfach sein, gegen seinen Willen anzugehen. Ich muss den richtigen Augenblick abpassen.«
    »Warte nicht zu lange, Clarry, sonst bringt dich die Hitze noch um.« Eunice warf einen Blick auf Algernon, der auf sie zukam, und klappte mit einem Ruck ihren Sonnenschirm auf. »Wir werden dieses Gespräch ein andermal fortführen«, sagte sie grimmig.
    Clarice setzte ein einladendes Lächeln für ihren Mann auf, doch die Furcht davor, sich ihm zu widersetzen, ließ ihr Herz bereits höherschlagen.
    Drei Tage nach dieser Unterhaltung stand Clarice in ihrem Schlafzimmer und versuchte, ihren ganzen Mut zusammenzunehmen. Sie hatte ihre Hausangestellte hinausgeschickt, denn sie wollte nicht, dass sie die Qual der Unentschlossenheit miterlebte, die sie durchmachte. Sie hatte den ganzen Morgen gebraucht, um sich auf dieses Mittagessen vorzubereiten, und das Schlafzimmer war übersät mit Kleidern, Schuhen und Hüten.
    Der hellblaue Musselinrock mit nur einem Unterrock darunter fühlte sich so leicht an, und obwohl die dazu passende Jacke gefüttert war und eng anlag, verbarg sie nur eine dünne Bluse, die weich und kühl auf ihrer Haut lag. Sie ging durch den Raum und genoss die Freiheit, ohne das Korsett atmen zu können, und den leichten Stoff, der um ihre bloßen Beine raschelte. Es war gewagt und aufregend, so befreit zu sein, doch zugleich fühlte sie sich nackt und verletzlich.
    Ihr Blick fiel auf die Petticoats, die sie über einen Stuhl gelegt hatte, auf die Strümpfe und das Korsett, das auf dem Boden lag. Konnte sie das wirklich tun? Hatte sie den Mut, Algernon auf diese Weise entgegenzutreten und ihm öffentlich die Stirn zu bieten?
    »Ich muss«, flüsterte sie, »die Hitze ist schlimmer denn je, und ich werde sterben, wenn ich es nicht mache.« Sie reckte die Schultern und stellte sich vor den Wandspiegel, den sie den ganzen Morgen gemieden hatte.
    Ihre blauen Augen betrachteten sie mit einer Verzagtheit, die sich in Erstaunen wandelte, als sie ihr Spiegelbild aufnahm und feststellte, dass sie aussah wie immer, obwohl sie zwei Drittel ihrer Garderobe abgelegt hatte.
    Ihr

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