Himmel un Ääd (German Edition)
den
besten Häusern.«
»Ich koche bei
Fieber, ich koche mit gezerrtem Knöchel, da werde ich doch auch mit gebrochenem
Herzen kochen können. – Also frisch ans Werk, wir haben Full House.«
»Nicht mehr.« Eva
setzte dieses bedauernde Lächeln auf, mit dem sie Gäste besänftigte, wenn uns
in der Küche ein Gericht ausgegangen war. »Es gab Absagen, insgesamt fünfzehn.«
»Begründungen?«
»Eigentlich keine.
Aber hast du mal die Bewertungen im Netz verfolgt? Da hat sich die Kritik an
der ›Weißen Lilie‹ in den letzten Tagen merkwürdig gehäuft.«
»Lass sehen«,
bellte ich und stürmte nach drinnen.
Eva rief mir am PC bei der Kasse die Seiten auf. Heute konnte ich von
»Mini-Chefkoch« lesen: »Keine gute Erfahrung! Machen auf fein. Teuer und nicht
gut für den Preis! Wurde leider auch nicht satt. Für mich ist die ›Weiße Lilie‹
ein Möchtegern-Restaurant!« So etwas Ähnliches hatte ich doch schon mal
gelesen. Unverschämt blieb es trotzdem.
Dass bei mir einer
nicht satt wurde, war noch nie vorgekommen. Beilagen konnte man bei uns
jederzeit nachbestellen.
Mit dem Sattwerden
hatte »Schlabbermäulchen« keine Probleme, denn der oder die schrieb: »Der
kleine Gruß aus der Küche gut, aber nicht erwähnenswert. Die Vorspeisen klein
und fein, aber keine geschmackliche Sensation und manche Komponenten einfach
nicht so stimmig zueinander komponiert. Die Zwischengänge waren in guter
Qualität, aber sehr überschaubar und standen in keinem Verhältnis zu dem für
sie aufgerufenen Preis.«
Was war das denn
für eine Kritik? Mein Amuse-Bouche gut, aber nicht erwähnenswert? Keine Ahnung
von Essen hatte der Typ, nicht eine einzige Zutat, nicht ein Gericht wurde
erwähnt. Der kleckste mein Essen in miesem Deutsch zu fiesem Durchschnitt
zusammen.
Schon klickte ich
weiter zu »Himmel un Äd« und konnte lesen, dass die »Weiße Lilie« partiell zur
Arroganz neigte: »Ich wurde dahingehend nicht ausreichend beraten, was man mir
auf meinen Wunsch trockener Weißwein hin anbieten könne.«
Der hatte sie wohl
nicht mehr alle! Wir hatten nur trockene Weißweine im Sortiment!
»Die Foie gras
allerdings war den Tod des Vogels nicht wert. Langweilig und fad im Geschmack,
die eingelegten Früchte sauer, aber sonst ohne eigenes Aroma. Da wäre ein
Chutney von Aldi noch besser gewesen.«
Hallo?
Gänseleberpastete servierte ich überhaupt nicht. So was kam mir nicht auf den
Tisch! Erstunken und erlogen waren diese Texte. Das roch nach gezielter
Demontage, nach hinterhältiger Attacke. Wie konnte ich herausfinden, ob Eilert
dahintersteckte? Vielleicht war es ein Fehler, dass ich mich bisher nie um das
Internet gekümmert hatte. Aber das ließ sich ändern.
»Ich kann bei
unseren Stammgästen anregen, mal eine positive Kritik zu veröffentlichen«,
schlug Eva vor.
»Viel zu spät, wir
müssen sofort reagieren«, entschied ich. »Eva, sag deinem Dachdecker Bescheid,
dass er das Hohelied auf mein Bœuf bourguignon, das er so gern mag, singen
soll. Ich ruf Kuno und Adela an. Kommen die Eschbachs heute zum Essen? Wir
müssen diesem Geschmiere was entgegensetzen!«
»Schön und gut.
Aber was machen wir heute?«
»Eva, es ist nicht
das erste Mal, dass die große Tafel nicht ganz besetzt ist. Es gibt immer
bessere und schlechtere Tage. Und jetzt los! Arîn, hast du neue Fonds
aufgesetzt?«
Wenn Eilert mich
wirklich plattmachen wollte, dann sollte er merken, dass ihm das mit ein paar
schäbigen Kritiken nicht gelingen würde. Das waren kleine Giftspritzen, die
mich und die »Weiße Lilie« nicht umbrachten.
Zudem war Eilert
nicht der Erste, der versuchte, mich aus der Keupstraße wegzukriegen. Da hatte
ich schon Schlimmeres erlebt: Anschwärzen beim Gesundheitsamt,
Schutzgelderpressung, tätliche Angriffe. Ich war hart im Nehmen. Nervös machte
mich allerdings die Vorstellung, dass Eilert offenbar über Leichen ging, um
seine Ziele zu erreichen.
Der Laden brummte,
das merkte man direkt am Eingang. Schon die rote Leuchtreklame war ein echter
Eyecatcher in dem an Bars und Restaurants nicht armen Karree rund um den
Brüsseler Platz. Kurz vor Mitternacht drängte sich mit Adela und mir eine
Gruppe Mittdreißiger ins »All-inclusive«, während gleichzeitig eine vielköpfige
Großfamilie das Restaurant verließ. Das helle Foyer also voller Menschen, es
herrschte heilloses Gedränge.
Erst als die
Großfamilie verschwunden war, geriet der Raum in meinen Blick. Ich bemerkte die
kunstvollen Blumengestecke in Lila und
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