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Himmel un Ääd (German Edition)

Himmel un Ääd (German Edition)

Titel: Himmel un Ääd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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Weiß und den asiatischen Zierbrunnen,
der leise vor sich hin plätscherte. Sein Wasser war mit irgendeinem
Wellness-Duft aromatisiert, der mich sofort an Minka denken ließ. Hier also
hatte sie nach Mitternacht an der Garderobe gestanden. Hatte Ecki sie hier
besucht? Mit ihr und den anderen Angestellten geschäkert? Seinen berühmten
Wiener Charme spielen lassen? Ich wollte mir dies nicht vorstellen und war
froh, dass die Garderobe heute verwaist war.
    »Herzlich
willkommen im ›All-inclusive‹.«
    Eine
Zeremonienmeisterin von unaufdringlicher Attraktivität verteilte
Willkommensgruß und -lächeln breitflächig auf die neuen Gäste. Sie thronte auf
einem Barhocker hinter einem Stehpult aus edlem Holz in der Mitte des Raumes
und herrschte über Kasse und Laptop. Ihr zur Seite standen zwei
Bauchladen-Fräuleins mit wohlgeformten Beinen und schmalen Taillen. Alle drei
wirkten so proper, schön und zeitlos, als wären sie einem Hollywood-Musical der
dreißiger Jahre entsprungen und als hätte es die Frauenbewegung nie gegeben.
    »Kluge Erkundung
von Feindesland ist der erste Schritt zum Sieg«, flüsterte mir Adela zu.
    Mit einem
neckischen Knicks überreichten die Bauchladen-Fräuleins jedem Gast eine
Chipkarte. Die Gruppe, mit der wir gekommen waren, brauchte keine Erläuterung
dafür. Adela und ich erfuhren, dass wir mit dieser Chipkarte in allen Bereichen
des Hauses bestellen und am Ende dann hier die Rechnung begleichen konnten.
    »Wir haben Ihnen
einen Tisch im ›La petite France‹ reserviert«, schnurrte die
Zeremonienmeisterin. »Wenn Sie zum ersten Mal bei uns sind, dann schauen Sie
sich doch einmal um. Hier im Parterre finden Sie unser Bistro mit kleinen
Gerichten für den schnellen Hunger und unsere Bar mit Raucherlounge, in der
ersten Etage dann das ›La petite France‹ und ›Bella Italia‹.« Wie eine
Stewardess wies sie mit den Händen in die entsprechenden Richtungen.
    Wir stiegen die
Treppen hoch und folgten den dezenten Musettewalzerklängen ins »La petite
France«. Mit langem Aluminiumtresen, kleinen und größeren Tischen und alten
Bistrostühlen war es im Retrocharme eines Pariser Restaurants der Vorkriegszeit
eingerichtet. Ein Kellner mit original französischem Akzent führte uns an
unseren Tisch, reichte uns die Karte und wies darauf hin, dass wir die Getränke
am Tresen bekamen und uns die Gerichte in »la cuisine« aussuchen durften. Diese befand sich am Ende des
Raumes, eine offene Küche, bei der ich am Fischstand lange anstand, weil sich
der Gast vor mir jede Jakobsmuschel zeigen ließ, bevor er sich für drei
entschied.
    Ich bestellte
Dorade für Adela und mich und durfte wählen, ob ich sie mit normannischer oder
bretonischer Soße serviert bekommen wollte. Woher die Doraden genau kamen,
konnte mir der Koch leider nicht sagen, aber sie seien frisch, absolut frisch,
mehr oder weniger gerade erst aus dem Meer gesprungen. Frische kann man einem
Fisch ja problemlos ansehen, und der Fisch sah tatsächlich frisch aus. Jetzt
war ich auf die Zubereitung gespannt.
    Das dauere noch
etwas, erklärte der Koch und reichte mir eine Art Telefon, das piepen werde,
wenn der Fisch fertig war. Ich könne ja in der Zwischenzeit die Beilagen
aussuchen, empfahl er mir. Er deutete auf einen Stand mit dem Schild »Les
Légumes«. Brokkoli war im Angebot, na prima! Mich nervte es, schon wieder
anzustehen. Die Leute um mich herum schien dies allerdings überhaupt nicht zu
stören. Sie wirkten so, als hätten sie es sich aus ideologischen Gründen
jahrelang verkniffen, bei McDonald's essen zu gehen, um jetzt endlich den Selfservice
in dieser schickeren Variante voll auskosten zu können.
    Als ich an unseren
Tisch zurückkam, hatte es Adela geschafft, Wasser und Wein zu organisieren. Ich
legte den Fisch-Piepser auf den Tisch.
    »Ich seh schon, du
findest es ziemlich daneben«, konstatierte Adela, als wir endlich beide wieder
saßen.
    »Wenn das das
Essen der Zukunft ist, wird es Zeit, dass ich mich von der Gastronomie
verabschiede. Frischer Fisch, nur eine Sorte, und die üblichen Krabben. Und
hast du gesehen, was es hier an Fleisch gibt? Nur Filets, da kann man wirklich
nichts falsch machen. Keine Innereien, keine Ragouts, von Wild ganz zu
schweigen. Vom Huhn nur die Brust. Dabei gibt es für ein ganzes Huhn mindestens
tausend Rezepte, für Schwein oder Rind genauso viele Variationen. Die Gäste
neben Erprobtem immer mit Neuem zu überraschen, darin liegt die Herausforderung
für einen Koch, das ist die

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