Himmel un Ääd (German Edition)
ist, als würde man auf meinem
Herzen herumtrampeln …«
»Wunden lecken
muss auf später verschoben werden«, unterbrach mich Adela ohne Rücksicht auf
Gefühle. »Ecki ist ein Fremdgeher, ein Schaumschläger, ein Drückeberger. Aber
ein Mörder? Nie und nimmer. Dein Wiener Hallodri ist nicht blöd. Der weiß, dass
er für die Polizei der Hauptverdächtige ist. Der steckt nicht den Kopf in den
Sand, weil er Minka umgebracht hat, sondern weil er verdächtigt wird. Bestimmt
hat er kein Alibi und ist deshalb untergetaucht. Was hast du unternommen, um
ihn zu finden? Weiß sein Kumpel Benedikt was? Nein? Hast du bei
Motorboot-Verleihern angerufen? Okay, das übernehme ich gleich. Wobei er ja
nicht Tag und Nacht auf dem Rhein auf und ab fahren kann. Ich telefoniere also
besser noch Hotels und Pensionen ab. Wir müssen den Volltrottel finden, bevor
es die Polizei tut, damit wir ihm aus der Bredouille helfen können. Und da
steckt er hüfttief drin, und meine Nase sagt mir, dass jemand kräftig
nachhilft, damit er aus dem Mist nicht rauskommt.«
»Adela, bitte
jetzt keine von deinen Verschwörungstheorien«, flehte ich, weil mir ihre
misstrauischen Fragen zu Mombauers Tod wieder einfielen. »Du willst doch nicht
ernsthaft behaupten, dass das alles damit zusammenhängt.«
»Mombauer,
Quatsch!« Adela wischte meinen Einwand hinweg, als hätte sie niemals über
seinen Tod spekuliert. »Wir müssen uns Eilert vorknöpfen. Der ist der Schlüssel
zu dieser ganzen Schweinerei.«
Es war zum
Verzweifeln! Kaum war eine Verschwörungstheorie vom Tisch, zauberte Adela die
nächste aus der Kiste.
»Eilert? Jetzt
vermisch nicht alles! Klar ist der Kerl nicht koscher, aber nur weil er Gift
auf die ›Weiße Lilie‹ sprüht, muss er noch lange nichts mit Minkas Tod oder
Eckis Verschwinden zu tun haben.«
»Kuno«, antwortete
Adela, und der Stolz auf ihren Liebsten war nicht zu überhören, »hat
herausgefunden, woher er den Namen kennt. Eine Notiz in der Zeitschrift der IHK Köln vor einem Jahr. Da wurde berichtet, dass der
bekannte Kölner Immobilienmakler Eike Eilert sein Geld in ein weiteres
Betätigungsfeld investiert. Der ist nämlich zurück in die Gastronomie gegangen,
wo er seine beruflichen Wurzeln hat. Mit einer neuen Restaurantkette, deren
Idee es ist, gehobene Gastronomie mit aktuellem Lifestyle zu kombinieren. ›Was
McDonald's für den schnellen Hunger von Otto Normalverbraucher ist, das ist
›All-inclusive‹ für den genüsslichen Feinschmecker‹. So wirbt er dafür. In Köln
sind drei Standorte für die Kette geplant. Zwei im Linksrheinischen und eine im
Rechts–«
»Eilert ist der
Chef von ›All-inclusive‹?« Diese Neuigkeit schockierte mich wirklich. Ich
verschluckte mich an dem letzten Stückchen Baklava. »Wo im Rechtsrheinischen?«,
fragte ich, als ich wieder sprechen konnte.
»Na, wo wohl? In
Mülheim natürlich. Im Schanzenviertel. Mit der IT -Branche,
den TV -Machern und dem neuen Verlagshaus von
Bastei Lübbe gäbe es da eine potente Klientel, sagt Eilert.«
»Das ist meine
Klientel«, zischte ich. »Die habe ich mir in den letzten Jahren erobert.«
»Es sieht so aus,
als ob dir da einer die Butter vom Brot nehmen will«, folgerte Adela gnadenlos.
»Getreu dem Motto, dass man den Feind kennen muss, um ihn vernichten zu können,
habe ich für heute Abend einen Tisch im ›All-inclusive‹ im Belgischen Viertel
reserviert.«
»Aber ich muss
doch arbeiten.«
»Klar musst du
das. Doch das ›All-inclusive‹ macht erst um drei Uhr morgens zu, und so lange
kriegst du auch was zu essen. Ich hol dich ab, wenn du mit Kochen fertig bist.«
Ich steckte das
Handy zurück in die Hosentasche. Im Schaufenster der Konditorei sah mein
Spiegelbild wieder halbwegs normal aus, und in meinem Kopf wirbelten Adelas
Neuigkeiten herum. Eilert. Hatte Minka für ihn spioniert? Oder war sie ihm in
die Quere gekommen? Wer hatte sie umgebracht? Und wie hing Ecki in dieser
Geschichte drin?
Egal, wie ich die
Fragen drehte und wendete, Antworten dazu fielen mir keine ein. Ich starrte
immer noch auf das Fenster der Konditorei, wo hinter zwei mehrstöckigen
pastellenen Hochzeitstorten eine mit Halbmonden verzierte Uhr hing. Halb vier,
ich musste dringend wieder in die »Weiße Lilie«.
Also lief ich
durch die Straße zurück, die nicht umsonst Kölns Klein-Istanbul hieß. Ich hatte
den Überblick darüber verloren, wie viele türkische Konditoreien es hier gab,
ganz zu schweigen von den vielen türkischen Bäckereien.
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