Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Impala, der vielleicht einmal weiß gewesen sein mochte, vor langer, langer Zeit. Offensichtlich lockte das Lokal nicht viele Mittagsgäste an.
Als wir eintraten, sahen wir eine Theke und sechs leere Barhocker. Der Mann hinter dem Zapfhahn sah zu uns auf und legte sein Magazin aus der Hand. Außer ihm waren noch zwei Männer in der anderen Hälfte des Raums und spielten eins dieser Kneipenbowling-Spiele, bei denen man den Metallpuck über eine hölzerne Bahn schiebt. Mitten im Raum stand ein Poolbillard mit zwei Queues, die auf dem grünen Filz ein großes X bildeten, und eine Musicbox, die dankenswerterweise schwieg.
Überall sonst waren Photographien. An jeder Wand, auf jedem verfügbaren Stückchen Fläche, auf dem man ein Bild anbringen konnte, sah man nichts anderes als Männer, die neben toten Tieren standen, meistens Hirschen, alle an den Hinterläufen zusammengebunden und hängend, verkehrt herum, so daß ihnen die Zungen aus den offenen Mäulern fielen. Plötzlich verspürte ich kaum noch Hunger.
»Kommen Sie doch rein, meine Herren«, sagte der Mann hinter dem Tresen. Er war gewaltig. Die Dreihundertpfundmarke hatte er längst hinter sich gelassen und einstweilen hatte er sich noch nicht auf den Rückweg begeben. »Was darf’s denn sein?«
»Kann man bei Ihnen etwas essen?«
»Und ob man das kann. Wie wäre es mit einem schönen Wildragout?«
Vinnie und ich warfen einen weiteren verstohlenen Blick auf die Photos an der Wand. »Hier wird doch nicht wirklich gejagt, oder?«
Der Mann sah uns einen Moment lang an und lachte dann los. »Ich hab gedacht, Sie fragen im Ernst.«
»Wie wäre es mit zwei Cheeseburgern«, sagte ich, »einem Molsons und einem 7-Up.«
Die beiden Männer hatten in ihrem Minibowling innegehalten und unseren Auftritt beobachtet. »Wo kommt ihr Jungs denn her?« fragte der eine, in einem Pullover mit Ahornblattmuster. Seine Nase war verpflastert, und unter beiden Augen zeigten sich purpurne Blutergüsse. Sein Freund trug seine orangefarbene Jagdjacke, die Jagderlaubnis baumelte ihm immer noch auf dem Rücken.
»Michigan«, sagte ich.
»Zum Jagen hier?«
»Nein. In anderen Geschäften.«
»Andere Geschäfte«, sagte der mit dem verpflasterten Gesicht zu dem in der Jagdjacke. »Was zum Teufel soll das heißen?«
Der Mann vom Tresen brachte uns unsere Getränke. Wir setzten uns und sahen ihm beim Grillen der Cheeseburger zu. Die beiden Männer setzten ihr Bowlingspiel fort. Die Kegel hingen von oben an der Maschine, und man mußte mit dem Puck kleine Sensoren berühren, damit sie nach oben schnellten. Die beiden glaubten offensichtlich, man müsse den Puck so kraftvoll wie möglich anschieben und dabei extrem lautstark fluchen.
»Sie müssen die Jungs schon entschuldigen«, sagte der Mann am Tresen. »Sie hatten gestern eine kleine Auseinandersetzung und stehen immer noch unter Strom.«
»Die gebrochene Nase ist mir schon aufgefallen«, meinte ich.
»Zwei Fremde sind gestern hier vorbeigekommen. Der eine von ihnen hatte vielleicht eine Nase, also fangen diese beiden Trottel an, Witze zu machen. Sie wissen schon, so was wie ›Hey, Pinocchio, erzähl uns doch noch ne Lüge‹, richtig intelligente Sachen dieser Güteklasse. Die Typen hören sich das zwei Minuten an, bevor der mit der Nase aufsteht und Stan mitten ins Gesicht boxt. Sagt dabei ›Wollen doch mal sehen, wie deine Nase morgen aussieht.‹ Und der andere Typ, zum Teufel, der ist sogar doppelt so groß, so daß Brian sich gar nicht erst eingemischt hat.«
»Mann, hatte ich ein Glück, daß mir wer den Rücken frei gehalten hat«, sagte der mit der gebrochenen Nase. »So handelt ein echter Freund.«
Der andere Mann stand nur da und hielt eine Bierflasche in der Hand. Bislang hatte er kein Wort gesagt.
»Und das Spiel hier ist auch ein Haufen Scheiße.«
»Hört ihr zwei vielleicht endlich auf?« sagte der Mann am Tresen, ohne sich umzudrehen. »Ich schwöre euch, ich schmeiße diese Maschine einfach raus auf die Straße.«
»Wir brauchen mehr Sägemehl«, sagte Gebrochene Nase. »Das rutscht nicht richtig.«
»Öffne deinen Gehirnskasten und laß welches rausrieseln.«
»Ha ha ha, wie komisch.«
»Sie haben nichts Besseres zu tun«, sagte der Mann am Tresen, offenbar zu uns. »So quälen die mich jeden Tag in der Woche. Und fangen noch Streit mit den Gästen an.«
»Wir haben halt keine ›anderen Geschäfte‹ wie die Typen da«, sagte der Mann. »Wir sind einfach nicht der ›Andere-Geschäfte‹-Typ,
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