Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
weißt du?«
»Wovon zum Teufel redet ihr eigentlich«, sagte der Mann am Tresen und wandte sich endlich um.
»Frag doch den Einsamen Ranger und seinen Tonto da drüben«, sagte der Mann.
Ich wandte mich auf meinem Barhocker um und sah ihn an. Er und sein Kumpel wandten sich wieder ihrem Spiel zu. Vinnie saß neben mir, kalt wie eine Eisskulptur. Ich wußte, daß er über eine Zündschnur von zehn Kilometern Länge verfügte und daß alles, was sie auch sagen würden, mich verdammt viel schneller auf die Palme brächte als ihn.
»Kümmern Sie sich nicht um diese Schwachköpfe«, sagte der Mann vom Tresen, als er uns unsere Cheeseburger servierte.
»Sie sind die beiden einzigen in der Stadt.«
»Schicksal«, sagte ich. Wir aßen die Hamburger. Ich trank mein Bier und gönnte mir noch eins. Zwei kalte Kanadische waren bislang der leichteste Teil des Tages gewesen.
Ich spürte ihre Augen auf unseren Rücken. Als wir fertig waren, wandte ich mich wieder um und sah ihnen dabei zu, wie sie den blöden kleinen Puck über das Brett gleiten ließen.
»Wer gewinnt?« fragte ich.
»Die Maschine ist defekt. Die zählt nicht mehr.«
»Und warum zählt ihr dann nicht selbst?«
Sie sahen mich an, als käme ich vom Mars.
»Wißt ihr«, sagte ich, »als wir reingekommen sind, habe ich mich gefragt, warum ihr zwei nicht Poolbillard spielt. Jetzt kapiere ich – das ist zu kompliziert für euch.«
»Willst du was von mir, alter Sack?« sagte er. Er sah so aus, als sei es ihm ernst, auch wenn seine Nase bereits einmal gebrochen war. Sein Partner war sich da nicht so sicher.
Bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte, spürte ich Vinnies Hand auf meiner Schulter. »Komm mit«, sagte er. »Wir gehen.«
»Das ist auch gut«, sagte der Mann. »Mach deine ›anderen Geschäfte‹ mit deinem indianischen Schätzchen.«
Ich hätte ihn auf der Stelle auseinander genommen, aber Vinnie hatte andere Vorstellungen.
»Willst du den Rest des Tages im Knast von Wawa verbringen? Laß man, das ist es nicht wert.«
Er schob mich hinaus und in meinen Wagen. »Ich habe nicht gezahlt«, sagte ich.
»Ich habe Geld auf die Theke gelegt. Steck den Zündschlüssel rein und fahr los.«
Ich tat, was er mir sagte, und schickte einen Schauer von Split über den Platz. Wir mußten noch einmal durch die Stadt fahren, um auf die 17 zurück zu kommen, so daß die gigantische Gans wieder auftauchte, um uns zu verabschieden.
»Vinnie«, sagte ich drei Kilometer später, »stört es dich nicht mal, wenn Leute so’n Zeugs daher reden?«
»Wer sagt denn, daß es das nicht tut? Ich fange deshalb nur keine Prügelei an.«
»Immerhin habe ich das für dich gemacht, das weißt du doch.«
»Wie das?«
»Du bist es doch gewesen, den sie beleidigt haben. Der Scheiß mit dem Einsamen Ranger und Tonto.«
»Das ging auf uns beide.«
»Nein, der Einsame Ranger war ein Held.«
»Das war Tonto auch.«
»Der war bloß eine Dreingabe, auf die man sich immer verlassen konnte. Glaub mir, wenn ich etwas weiß, dann das. Das war als Kind meine Lieblingsserie.«
»Alles klar«, sagte Vinnie. »Der Einsame Ranger. Das erklärt vieles.«
Anderthalb Stunden nachdem wir Wawa verlassen hatten, kamen wir in eine kleine Stadt namens White River. Die Canadian Pacific Railroad kreuzte hier die Straße. Wir saßen da und sahen zehn Minuten lang den vorbeifahrenden Güterwagen zu.
Die Straße 17 bog in diesem Ort nach Westen ab und wandte sich wieder der oberen Küste des Lake Superior zu. Wir bogen nach rechts auf die 631 ab. Wir mußten uns nach Norden halten, so weit uns die Straßen nur führen mochten, tief ins Herz Ontarios hinein.
»Ich versuch’s noch mal zu Hause«, sagte Vinnie. »Mal sehen, ob er aufgetaucht ist.«
»Das wär’ doch was«, sagte ich. »Wir sind hier fast am Arsch der Welt, und er spaziert gerade bei euch im Reservat durch die Vordertür.«
»Ich hätte momentan nichts dagegen.«
Er tippte die Nummern und wartete, daß einer dranging. »Vinnie hier«, sagte er. »Ich wollte nur mal nachhören.«
Eine Zeitlang hörte er zu. »Okay«, sagte er. »In zwei Stunden sind wir da. Ich ruf dann wieder an.«
Er schaltete ab, saß da und starrte auf den Apparat.
»Keine Spur von ihm«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf.
»Sind zu Hause alle in Ordnung?«
»Sie wollen die Polizei einschalten.«
Ich sagte nichts. Ich fuhr einfach weiter.
Weitere anderthalb Stunden vergingen. Wir kamen an weiteren Bäumen vorbei, dann machten die Bäume einer
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