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Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Himmel voll Blut - DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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Briefumschlägen hingelegt. Jäger mit Pfeil und Bogen, dachte ich. Gott segne sie.
    Als ich zurück in meine Hütte kam, war eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Die beiden Männer vom FBI kontrollierten mich, wollten sichergehen, daß ich zurück im Lande sei. Ich rief die Nummer an, die sie angegeben hatten, und sagte ihnen, ich sei hier in Michigan und plante auch nicht, irgendwohin zu reisen. Das schien sie für den Moment zufriedenzustellen. Sie wußten ja, wo sie mich finden konnten, falls sie weitere Fragen hatten. Ich versuchte dem Mann ein paar Fragen von meiner Seite zu stellen. Er sagte, sie arbeiteten hart an dem Fall, könnten aber momentan noch nichts dazu sagen.
    Ich ging zum Abendessen zurück ins Glasgow. Wieder aß ich vor dem Feuer sitzend, und als ich da so saß und mich verteufelt viel besser fühlte als am Abend zuvor, konnte ich nicht umhin, an die Sache zu denken. Wieder. Fünf Männer tot, ein großer Kombi etliche Kilometer bewegt. Jemand anders hatte Gannon bei all dem helfen müssen. Aber wer?
    Und diese Männer gestern Abend, der große Mann, Jay, und Reds Bruder – wie war doch gleich sein Name? Ich ließ die ganze Szene noch mal in meinem Kopf ablaufen. Dal hatte er ihn genannt – der Mann mit dem Ausdruck in den Augen, als sei er zu allem fähig. Und wie sie geredet hatten. Ich versuchte mich daran zu erinnern, Wort für Wort …
    Was?
    Du weißt schon.
    Nie, Mann. Ist das dein Ernst?
    Diese Männer wußten etwas. Zumindest hatten sie einen Verdacht. Wenn uns jemand zu den Antworten hinführen konnte, dann diese beiden Männer.
    Das war’s mit der Ruhe, Vinnie. Auf uns wartet Arbeit.
    Ich ging an diesem Abend früh zu Bett und schlief wieder bis zum Morgen. Ich fühlte mich beinahe wieder wie ein Mensch. Meine Schuhe konnte ich mir ohne Zwischenfall anziehen, und ich konnte sogar ein wenig herumgehen, ohne mich gleich wie ein Neunzigjähriger zu fühlen. Ich zog meinen alten schwarzen Anzug an, verbrachte ein paar Minuten damit, mir einen Schlips umzubinden und fuhr dann an Vinnies Haus vorbei. Er war nicht da, also fuhr ich weiter Richtung Reservat. Vor dem Kulturzentrum standen zahlreiche Autos, mithin wußte ich, daß ich am richtigen Ort war.
    Als ich nach drinnen ging, sah ich, daß sich alle in der Haupthalle versammelt hatten. Es mußten etwa zweihundert Leute da sein. Alle waren gepflegt angezogen, aber keiner trug schwarz. Der Raum selber war schlicht, mit einer hohen Decke und Zeichnungen von Tieren und Bergen und Bäumen, dazu das Bay Mills-Wappen mit den vier Federn. Eine große Feuerstelle befand sich in der Mitte des Raums. Das Feuer brannte lodernd, und der süße Geruch brennenden Tabaks hing in der Luft.
    Vinnie kam zu mir und nahm meine rechte Hand. Sein Gesicht war noch verpflastert. »Alex«, sagte er, »du siehst schon viel besser aus.«
    »Du aber auch«, sagte ich, obwohl ich das als Lüge empfand. Er wirkte immer noch völlig erschöpft, jetzt sogar schlimmer als vorher, als sei ihm tief im Inneren etwas genommen worden.
    Er führte mich zu seiner Mutter, der Moment, vor dem ich mich die ganze Zeit gefürchtet hatte. Aber sie nahm mein Gesicht in beide Hände und küßte mich. »Vielen Dank«, sagte sie. Ihr Gesicht war rot vor Kummer. »Vielen Dank für alles, was Sie getan haben.«
    Ich fand keine Worte. Ich nahm ihre Hände und hielt sie.
    »Sie sind jetzt mein Sohn«, sagte sie. »Ich hoffe, das ist Ihnen bewußt. Sie sind mein Sohn.«
    Ich gab dem Rest von Vinnies Familie die Hand, ungefähr bei dreißig hörte ich mit dem Zählen auf. Ich konnte nicht umhin zu bemerken, daß kein Sarg im Raum war, und dann wurde es mir klar. Toms Leiche war vermutlich noch oben in Kanada, in irgendeinem gerichtsmedizinischen Labor. Ich fragte mich, wie man wohl ohne ihn eine Beerdigung veranstalten könnte. Aber dann fand ich es heraus. Ein traditionelles Ojibwa-Begräbnis dauert mehrere Tage. Man geht hin, verbringt Zeit mit der Familie, spendet Tabak an der Feuerstelle, ißt etwas, geht nach Hause. Und am nächsten Tag kommt man wieder.
    Ein Mann stand auf, um zu reden. Es wurde still im Raum, als er vom Pfad des Lebens sprach, und was ein Mensch tun muß, um in Frieden zu leben, und wie er, wenn eines Menschen Zeit auf dieser Erde vorbei ist, der sinkenden Sonne nach Westen folgen muß, um über den Pfad der Seelen ins Land der Seelen überzuwechseln. Dabei mußte ich an Mrs.   LeBlanc denken. Und was sie über Toms Ojibwa-Namen gesagt hatte – daß es ein

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