Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten
verfluchte…«
Sie dachte nicht daran, sich einschüchtern zu lassen. Was hatte
sie getan? Sich eine Sekunde im Spiegel betrachtet. Das war wohl
keine Todsünde.
»Nimm dich selbst in acht, du«, antwortete sie und warf den
Kopf zurück.
Er schleifte sie fast über Deck. Sie bekam Angst. Die Gesich
ter der anderen wurden zu verwischten Flecken. Das einzige, was
sie begriff, war der stahlharte Griff um ihren Arm.
»Laß mich los«, rief sie. »Du tust mir weh.«
Er sprang in den Sitzbrunnen und zog sie nach sich.
»Katarina«, flehte sie. »Hilf mir. Er ist verrückt.«
Katarina vermied es, die beiden anzusehen. Was sollte sie
auch tun? Das Ruder loslassen? Gunilla und Gudrun flohen die
Treppe hinunter zur Kajüte. Lena und Margareta zogen sich aufs
Vorschiff zurück. Nur Ullabritt saß da und starrte mit schreck
geweiteten Augen.
»Ullabritt!« Barbro streckte bittend die Arme nach ihr aus. Da
zog er sie übers Knie, als hätte sie gar kein Gewicht. Sie zappelte
mit Armen und Beinen. »Entschuldige!« schrie sie und begriff,
daß von ihren Kameraden keine Hilfe zu erwarten war. »Lieber
Rolf… entschuldige!«
Er zog den Reißverschluß auf und riß mit einer Bewegung die
engen, weißen Shorts herunter. Dann nahm er ihren Nacken in
einen festen Griff. Die zappelnden Beine klemmte er mit seinen
eigenen fest. Mit zusammengekniffenen Lippen sah er auf den
nackten Mädchenhintern, der jetzt wahrlich spüren sollte, daß er
lebte.
Katarinas Trommelfelle platzten fast von dem Geheule. Sie
starrte auf die Karte. Was könnte sie tun? Seit ihrer Kindheit
hatte sie das lähmende Gefühl, daß man gegen Prügel nichts
machen konnte, wenn nicht eine höhere Macht eingriff. Und wo
gab es diese Macht auf der Aurora?
Ullabritt hielt die Hände vors Gesicht. Das Heulen, die Schlä
ge… nahm das denn nie ein Ende? Vorsichtig und gegen ihren
Willen angezogen, schielte sie durch die Finger. Bekam sie nicht
eigentlich, was sie verdiente, diese aufgeblasene Kröte? Jetzt war
sie nicht mehr so trotzig, wie sie da lag und sich mit nacktem
Hintern auf seinen Knien wand.
Sie wurde auf einmal von einem schamvollen Lustgefühl
übermannt. In Gedanken war sie in dem Schlafzimmer der El
tern, wo sie als Kind Prügel bekam. Die Scham, gemischt mit
genießerischem Schreck, wenn der Vater die Hose herunterzog…
Durch die gespreizten Finger glotzte sie auf Barbros feuerrotes
Hinterteil und glaubte fest, den unerträglichen, doch auch so
lustvollen Schmerz zu spüren. Sie rutschte unruhig auf der Ru
derbank hin und her.
Er schlug sie, bis die Handfläche glühte. Gerechtigkeit mußte
sein! Das galt nicht nur den Steinen oder seinem eigenen, unge
schickten Manöver. Das war für alles, sein kaputtes Boot, seinen
ruinierten Urlaub. Er beschleunigte das Tempo. Ich werde es
ihnen beibringen, dachte er. Sie sollen lernen, mit den Dingen
vorsichtig umzugehen.
Langsam verrauchte der Zorn. Der Arm begann taub zu wer
den. Er ließ das arme Mädchen los und half ihm auf die Beine.
Wie ein Blitz flog sie mit den Hosen in der Hand die Kajüten
treppe hinunter. Aber in der Kajüte waren Gudrun und Gunilla.
Unbeholfen versuchten sie, sie zu trösten.
Barbro warf sich in Katarinas Koje und bohrte den Kopf ins
Kissen.
»Laßt mich in Ruhe«, schrie sie zwischen Schluchzern. »Könnt
ihr mich nicht in Ruhe lassen?«
Rolf hörte es, als er wieder am Ruder saß. Das weinende Mäd
chen tat ihm leid.
»Gunilla und Gudrun«, rief er. »Laßt Barbro in Ruhe. Kommt
lieber hoch und helft. Wir sind gleich in Almö.«
Er atmete tief. Es war ein Vergnügen zu segeln. Er war auf
niemanden mehr böse, nicht einmal auf Katarina. Sollte sie doch
schmollen. Zufrieden sah er auf die roten Bootshäuser in Almös
Hafen und legte so perfekt an der langen Brücke an, wie man es
sonst nur im Traum kann. Während die Mädchen einkaufen
gingen, lag Rolf an Deck und sonnte sich. Er überlegte, wo sie
über Nacht bleiben könnten. Die Lagune vor Kalvswär war wohl
am besten. Er ging hinunter in die Kajüte, um die Karte zu ho
len.
Herrgott, Barbro! Er hatte sie völlig vergessen. Sie lag zusam
mengerollt in der Koje, als würde sie schlafen. Ihre langen Wim
pern waren naß von Tränen, die Wangen glühend rot und ver
weint.
»Bist du nicht mit den anderen Mädchen gegangen?« fragte er.
»Stell dir bloß vor, nein«, antwortete sie in einem Versuch, ih
ren gewöhnlichen, muffigen Ton anzuschlagen. Sie wurde plötz
lich ängstlich. Sie wollte ihn
Weitere Kostenlose Bücher