Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten
Schritt zurück.
Er hatte die Hosen nicht heruntergezogen. Jetzt hielt das
Mädchen ihn um die Knie, schlug sie gegeneinander. Er hatte
den Kopf zur Seite gebogen. Er hielt die Hand gegen ihren Hals,
und ich sah, wie der Daumen langsam an der Linie des Kiefers
auf- und abwärtsstrich. Einen Augenblick sah ich die Zunge des
Mädchens. Dann schüttelte sie den Kopf und preßte das Gesicht
gegen seinen Rumpf, hinein, hinauf.
Ich zog mich zurück, schlich ganz absichtslos auf Zehenspit
zen um die Ecke zurück. Ich stand still und hörte sein heftiges
Atmen, dann tapste ich wieder vor, bis ich gegen ein Benzinfaß
stieß, das einen dumpfen Laut von sich gab und offensichtlich
nicht leer war. Müde setzte ich mich auf einen niedrigen Stein,
oder, besser gesagt, ich sank auf ihn nieder, die Beine gekreuzt.
Ich weiß nicht, woran ich dachte, ah ja, die ›unehelichen‹ Kinder
im Kinderheim, die von den Pfarrern so hart und verachtungs
voll behandelt werden, aber dann wollte ich an nichts mehr
denken. Ich ließ den Kopf auf die Brust sinken, und schwach
aber deutlich konnte ich meine eigenen Gerüche spüren. Ich zog
das Kleid hoch, und die Gerüche waren stark und rein. So saß ich
da, meine Zunge bewegte sich über die Lippen, und ich leckte
Salz und Puder in mich hinein, immer wieder.
Sie müssen an mir vorbeigegangen sein, ohne daß ich es merk
te, denn plötzlich sah ich sie draußen auf der Straße stehen. Sie
unterhielten sich leise und verhandelten anscheinend über die
Bezahlung. Er hob ihr Kleid hoch, und ungefähr eine Minute
stand sie still mit zur Seite geneigtem Kopf, während sein Arm
unter dem Kleid blieb. Dann machte sie sich hastig frei, streichel
te ihm die Wange und verschwand hinten in der Gasse, während
die Schritte zwischen dunklen Hauswänden echoten.
»Lo. Wo bist du?«
Ich saß still und lauschte seiner Stimme. Klang sie freundlich?
Unruhig, hart? Nein, nicht hart.
»Komm, wo bist du?«
Ich rappelte mich auf und kam zu ihm. Einen Augenblick
stand ich still und kämpfte mit dem Unwohlsein.
»Wie geht’s dir?«
»Halt mich fest.«
Er ergriff mich an der Seite, dann legte er die Arme um mich
und drückte mich vorsichtig an sich.
Halb wie in einem Traum führte ich seine Hand an meinen
Mund. Er hielt sie vollkommen schlaff, und ich küßte seine
Finger und spürte den Geruch des Mädchens.
Er war mild und süß, nicht der schärfere Duft, der zuerst ent
steht, sondern der, der später kommt, wenn alles sich auflöst und
fließt.
»Verzeih«, sagte er leise. »Ich konnte es nicht lassen.«
»Ich verstehe.«
Wir begannen, zum Marktplatz hinzugehen. Er hielt mich un
ter dem Arm.
»Du«, sagte ich. »Warum nennst du mich Lo?«
»Ich weiß nicht. Doch, weil du wie ein Luchs bist.« *
Er blieb stehen.
»Was ist?«
»Ich denke zurück an die Zeit, in der ich noch ein Junge war,
weit oben in Norrland. Ich hatte ein neues Fahrrad bekommen
und radelte auf einem schmalen Weg durch den Wald, als plötz
lich ein Luchs auf den Weg hinaustrat, ein großes, schönes Weib
chen. Sie begann, neben mir herzulaufen, rannte ganz dicht mit
mir. Die ganze Zeit über hielt sie den Kopf gedreht und starrte
das Vorderrad an, die blitzenden Speichen. Sie war phantastisch,
die Augen ganz starr. Dann plötzlich, an einem Berg, verschwand
sie wieder in den Wald. Welch ein Tier!«
Wir gingen weiter.
»Danke, daß du mich Lo nennst«, sagte ich leise.
Wir waren beim Marktplatz angekommen, der immer noch
verlassen dalag. Was wollten wir? Hm, etwas zu essen haben,
etwas richtig Gutes.
»Nein«, sagte Sten.
»Doch«, antwortete ich. »Etwas richtig Gutes.«
Er hatte die Hände gegen die Hauswand gelegt.
»Weißt du, was dahintersteckt?« fragte er. »Härte und Heuche
lei und eine verdammt morsche, alte Art zu leben.«
»Stop«, sagte ich. »Jetzt nehmen wir ein Taxi.«
Im nächsten Augenblick kam hinter uns ein Taxi herangeglit
ten, es blieb ohne Zeichen von uns stehen, und wir brauchten
nur noch hineinzuspringen. Wir fuhren in Richtung Hafen.
Sten klopfte sich einladend auf den Schenkel, aber ich blieb
statt dessen neben ihm sitzen, lehnte mich gegen ihn und strich
ihm über die Hand.
»Soll ich eine Woche oder zwei bleiben?« fragte ich und be
rührte gleichzeitig zufällig seinen Hosenschlitz, ich fühlte, daß
der Stoff feucht war.
»Jetzt wollen wir essen«, sagte er.
»Genau das, essen!«
Wir standen wieder auf der Straße, und auf der einen Seite
glaubte ich, ein paar Masten zu erkennen.
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