Himmelsbett - Neue schwedische Liebesgeschichten
Ein Eßlokal sahen wir
dagegen nicht, alles war leer und verlassen. Nein, hinten an einer
Straßenecke stand eine Gruppe von Männern, vermutlich Seeleu
te, und als wir näherkamen, sahen wir, daß es Japaner waren.
Einer von ihnen lehnte an einem Pfahl und hielt eine Spanierin
an der Hand. Sie ruderten mit den Armen, als übten die Seilhüp
fen.
»Haben Sie was zu essen?« fragte ich in meinem besten Real
schul-Englisch.
Ich erinnere mich nicht mehr, wie lange das Gespräch hin und
her ging, das Ende war jedenfalls, daß wir von dem Japaner mit
dem Mädchen an Bord seines Schiffes eingeladen wurden. Ein
anderer Japaner kam auch mit.
Wir gingen. Sten hielt mich mit vorsichtigem Griff um den
Hals, und ich hatte den Arm um ihn gelegt, innerhalb des Jak
ketts.
»Ich heiße No«, sagte der einsame Japaner. »Mein Kamerad
heißt umgekehrt, er heißt Yes.«
Sie lachten und alberten. Yes kitzelte die Spanierin unter den
Armen, und sie tat, als wolle sie ihm ins Gesicht schlagen. Wir
waren draußen auf der Pier, der gleichen wie vorhin. Plötzlich
blieb Sten stehen. Er schüttelte den Kopf.
»Ich bin kein Förster«, sagte er müde.
»Ich weiß«, sagte ich ruhig. »Noch nicht.«
»Ich bin der haltloseste Mensch, den man sich denken kann.«
»Quatsch. Du bist ein lieber, kleiner Knabe. Komm.«
Wir gingen weiter, holten die anderen wieder ein, und jetzt sa
hen wir auch den Trawler mit seiner schamlos breiten Öffnung
achtern. Die Scheinwerfer waren gelöscht, aber in den offenen
Gängen, entlang des Oberdecks, leuchteten einige schwache
Lampen.
»Bekommt ihr heutzutage noch Seejungfrauen ins Netz?« frag
te ich No.
»Jeden Morgen«, sagte er und lachte breit. »Sie werfen uns mit
dem Popo um. Dann schmeißen sie sich auf uns. Vollkommen
verrückt.«
Die Gangway schwankte wie ein Trampolin, und da bekam
ich Angst und wollte nicht mit an Bord kommen, aber Sten
schob mich vor sich her, und die Spanierin wandte sich um und
gab mir eine hilfreiche Hand.
Man frage mich nicht, wohin es auf dem Schiff ging, welche
Abhänge und Klippen hinauf und hinunter. Ich weiß nur, daß die
Gänge so schmal waren und wir kaum vorwärtskamen, daß es
überall still war wie im Grabe, und daß wir schließlich in eine
Kajüte kamen, in der es zwei Kojen, einen Tisch und einige
Stühle gab. Es roch süßlich und eigenartig, und die Wolldecken
der Kojen hatten ein eigentümliches Muster.
Ich ließ mich auf einem Hocker nieder und kümmerte mich
nicht mehr darum, wie meine Haare aussahen oder ob der Lip
penstift nachhelfen mußte oder die Farbe inzwischen auf der
Stirn saß. No, der einsame Japaner, löschte die Deckenbeleuch
tung und knipste dafür eine schwache Lampe über der einen
Koje an. Aus einem Spind holte er eine Flasche und einige Gläser
hervor und außerdem eine Schale mit einigen Würfeln Trockenfisch. Yes, der sich mit einem Transistorradio auf dem Bauch in
eine Koje gelegt hatte, bekam eine unwirklich schwirrende
Tanzmusik herein, deren Lautstärke anschwoll und sich vermin
derte. Die Spanierin hatte sich neben ihm auf die Bettkante
gesetzt.
Wir tranken. Niemand sagte etwas. No, der Einsame, nahm
einen Hocker und setzte sich genau vor das Mädchen, das wie
eine typische Spanierin aussah, mit langen, dunklen Haaren und
sehr hübschen Augen. Alter: sechzehn bis achtzehn Jahre. Sie saß
kerzengerade und straff da, in einen schwarzen Rock und eine
schwarze Bluse gekleidet. Mit einer leicht überlegenen Miene sah
sie auf Yes herab, der neben ihr auf dem Rücken lag, das Radio
auf dem Bauch, und der seinerseits meine Beine betrachtete, die
ich vor mich hingestreckt hatte. Dann wandte er sich No zu, der
seinen Hocker so nahe herangeschoben hatte, daß sich ihre Knie
berührten. Er hatte seine Hände gefaltet und hielt sie zwischen
die Beine gepreßt.
Hinter mir hörte ich ein leichtes Summen von Sten, der, wie
ich annehme, auf die Koje niedergesunken war. Jetzt streckte die
Spanierin die Hand nach dem Transistorradio aus und suchte
nach den Knöpfen, aber Yes schnappte sich schnell den Apparat
und stopfte ihn unters Kissen. Dann setzte er sich mit einem
Ruck auf und wandte sich an das Mädchen.
»Guten Morgen«, sagte sie.
Leicht kichernd nahm er ihre Nase zwischen Daumen und
Zeigefinger und drückte das Mädchen auf den Rücken. Der Kopf
stieß gegen die Wand – oder das Schott, wie es wohl auf See
heißt –, und so blieb sie liegen, das Kinn gegen den Hals ge
drückt. Sie warf die
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