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Himmelsdiebe

Himmelsdiebe

Titel: Himmelsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Himmels wille n – was sagst du da?«
    Die Eröffnung traf ihn so unvermittelt, als hätte Debbie auf ihn geschossen. Obwohl er mit dem Kopf den Sinn der Worte Buchstabe für Buchstabe verstand, war der Schock so groß, dass sein Herz sich weigerte, ihre grausame Wahrheit zu fühlen.
    »Ich muss zu ihr«, erklärte er, wie betäubt.
    Debbie schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Ich habe dir doch gesagt, sie fliegt gerade nach Mexiko. Wahrscheinlich ist sie sogar schon gelandet.«
    »Und du hast es gewuss t … Und hast es mir verschwiege n …« Harry hatte nicht mal die Kraft, sich zu empören. »Besorg mir bitte ein Taxi.«
    »Wo willst du hin?«, fragte Debbie.
    »Zum Flughafen. Ich nehme die nächste Maschine. Ich muss jetzt bei ihr sein. Laura braucht mich.«
    Er wollte sich abwenden, um selber ein Taxi zu rufen, aber er konnte es nicht. Während er wie angewurzelt dastand, festgenagelt unter Debbies Blick, hallten seine eigenen Worte in ihm wider wie ein leeres Echo, als hätte jemand anders sie an seiner Stelle gesprochen. Laura braucht mic h … Laura braucht mic h … Er wusste, er musste jetzt traurig sein, verzweifelt, entsetzt. Doch nichts davon war der Fall. Er war einfach nur gelähmt, gefangen in einer Wirklichkeit, die ihm selber so fremd erschien wie all die sinnlosen Gedanken und Fragen, die sein Gehirn auf einmal produzierte, als würde es ohne sein Zutun in seinem Schädel funktionieren. Wo war sein Pass? Wie viel Bargeld hatte er dabei? Reichte es für ein Ticket nach Mexiko? Brauchte er ein Visum?
    »Sie wusste, dass du so reagieren würdest«, sagte Debbie. »Deshalb hat sie mich gebeten, es dir zu sagen. Sie will nicht, dass du ihr folgst.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Sie hat es mir selbst gesagt.«
    »Aber warum?«
    »Weil sie dich kennt, Harry. Sie weiß, dass du nicht für den Tod geschaffen bist. Du bist für das Leben geschaffen, für die Liebe, für die Kunst. Sie hätte nicht an deiner Seite sterben können.«
    Während Debbie sprach, erreichten ihn endlich ihre Worte, sickerte die Wirklichkeit in ihn ein, in sein Gehirn, in seine Seele, in jeden gottverdammten Millimeter seines Wesens. Auf einmal hatte Harry ein Gefühl, als würde jemand irgendwo in seinem Innern einen Schlüssel abziehen, und sein Herz hörte auf zu schlagen.
    »Soll das heiße n – sie hat mich verlassen, weil si e … weil sie nicht wil l … dass ic h … dass wi r …?«
    Debbie nahm seine Hand. »Sie hat dich verlassen, weil sie dich liebt, Harry. Das ist das, was ich dir sagen soll. Weil, Liebe ist die einzige Kraft, die stärker ist al s …«
    Sie sprach das Wort nicht aus. Harry verstand sie auch so.
    Debbie drückte seine Hand.
    »Bitte, lass mich jetzt allein«, flüsterte er.
    »Sicher, Harry. Natürlich.«
    Während sie seine Hand losließ, schloss er die Augen . Er sah sie vor sich, Laura, ihr lachendes Gesicht, vor Jahren in Lulus Kneipe, als sie sich mit Pepes Segen das Jawort gegeben und einander versprochen hatten, niemals nüchtern zu sein, um für immer am Rande des Wahnsinns zu leben, bis dass die Wirklichkeit sie scheide.
    Jetzt war die Wirklichkeit da. Und die Wirklichkeit war der Tod.
    Hab keine Angst, mein Geliebter . Was immer geschieh t – ich werde bei dir sei n …
    Dunkle Nacht umfing sie, hüllte ihre nackten Leiber ein, während durch die Fenster die bunten Neonlichter der Reklame draußen schienen. Plötzlich begriff Harry den Sinn dieser Worte, der letzten Worte, die Laura zu ihm gesagt hatte. Und erst indem er diese Worte begriff, begriff er ihr ganzes gemeinsames Leben, alle Augenblicke ihrer Liebe, ihrer Kunst, ihrer Collage, begriff das alles erst jetzt, im Lichte dieser neuen, letzten, fürchterlichen Wahrheit. Laura hatte ihm damals in London versprochen, ihm ihre Jugend zu schenken, ihm, dem alten Mann, im Bewusstsein, dass sie selber diese Jugend nicht bis zur Neige würde trinken könne n …
    Ich habe alles nur für mich getan, Harry, nicht für dich, für mich ganz allei n …
    Woher nur hatte sie die Kraft genommen, eine solche Realität zu akzeptieren, die Krankheit und den Tod?
    Als Harry die Augen aufschlug, war Debbie verschwunden. Unter ihrer Führung zog die Vernissagengesellschaft gerade in den zweiten Raum der Galerie, wo die Werke der Abstrakten hingen.
    Harry schaute auf den Brief, der immer noch in seinen Händen zitterte. Die letzten Zeilen enthielten die Antwort auf seine Frage. Trotz seiner Tränen konnte er sie lesen. Weil er sie mit dem

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