Himmelsfelsen (Krimi-Edition)
undefinierbare Worte. Der Einsatzleiter blieb mit pochendem Herzen stehen und beobachtete die Szenerie. Doch solang das Fenster in Qualm gehüllt war, war nichts zu sehen. Die Beamten, die sich bei den Mannschaftswagen aufgehalten hatten, waren augenblicklich nach vorne gestürmt und hatten ihre Waffen in Richtung des Fensters gerichtet.
22
»Nichts wie los«, befahl Häberle, »in die Lange Gasse.« Er hatte sich von Ferdls Frau Helga die genaue Adresse nennen lassen.
Linkohr verstand nicht, was geschehen war, beschleunigte aber den Wagen. Sie fuhren durch Weiler, um über die Steige, vorbei am Parkplatz der Schenke, nach Geislingen hinab zu gelangen.
»Bei Ferdl ist einer im Haus«, sagte Häberle knapp. Die Männer saßen schweigend nebeneinander, während der Audi die Haarnadel-Kurven der Steilstrecke durchfuhr. Häberle wählte unterdessen eine Nummer auf dem Handy.
»Häberle«, meldete er sich, »schickt einen Streifenwagen in die Lange Gasse zu der Wohnung von Ferdl, ja, der Helfenstein-Wirt«, fügte er hinzu, »dort hält sich jemand im Haus auf. Wir kommen auch. Ende.«
Der Blick auf den Geislinger Talkessel war getrübt: Mit unverminderter Stärke peitschte der Regen heran. In der Stadt stand das Wasser am Straßenrand bereits mehrere Zentimeter hoch. Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr kamen den Kriminalisten entgegen.
Linkohr bog in die Lange Gasse ein und stoppte den Wagen vor Ferdls Haus. Das Prasseln des Regens wurde nur durch Martinshörner übertönt. Die beiden Kriminalisten sprangen aus dem Auto und eilten zur Haustür. Dort stand Helga, zitternd und leichenblass.
»Ferdl ist da oben«, stammelte sie und hielt die Hände verkrampft vor den Mund, »er hat geschrien.« Sie schaute zum Obergeschoss hinauf.
Häberle verharrte einen Moment, Linkohr trat in den Hausflur.
Helga begann zu weinen.
Häberle lauschte in das Treppenhaus hinein. Es war nur das Prasseln des Regens zu vernehmen. Wenn eine kräftige Sturmböe gegen das Haus drückte, ächzte die Holzkonstruktion.
Häberle tippte eine Nummer in sein Handy. »Schickt Verstärkung in die Lange Gasse, aber vorsichtig, kein Sondersignal«, befahl er leise und bestimmt.
Dann ging er an seinem Kollegen Linkohr vorbei und machte eine nickende Kopfbewegung, womit er andeutete, dass er ihm folgen solle. Helga blieb unter der Haustür stehen.
Häberle, nur mit kurzärmeligem Hemd bekleidet und unbewaffnet, stieg die knarrende Holztreppe nach oben, ganz langsam, Schritt für Schritt. Linkohr folgte ihm. Das Knarren, so stellte Häberle zufrieden fest, würde ohnehin vom Sturmgebraus übertönt. Als er die Hälfte des Wegs nach oben zurückgelegt hatte, sah er die Wohnungstür. Sie stand einen Spalt weit offen. Er ließ sie nicht mehr aus den Augen und versuchte, im dunklen Inneren des Flurs etwas zu erkennen. Der Kriminalist gab dem Kollegen ein Zeichen. Aber kein verdächtiges Geräusch, das nicht dem Gewitter zuzuordnen gewesen wäre, drang aus der Wohnung heraus.
Häberle ging einen Schritt weiter, blieb wieder stehen. Ein gewaltiges Donnergrollen ließ das Gebäude erschüttern.
Häberle lauschte. Plötzlich war es ihm, als höre er eine Männerstimme. Nicht laut, sondern eher als Stöhnen.
»Hallo, ist da jemand?«, schrie der Kriminalist. Keine Antwort. Die beiden Männer schauten sich an. Auch Linkohr hatte keine Waffe dabei. Die sommerliche Kleidung war schuld daran: Ohne Jackett wäre es unmöglich gewesen, die Dienstpistole unauffällig mit sich zu führen.
Noch während die beiden Kriminalisten auf der Treppe verharrten, drangen von unten gedämpfte Stimmen herauf. Eine Streife war eingetroffen. Linkohr ging ein paar Treppenstufen zurück und winkte die uniformierten Kollegen herbei. Sie zogen ihre Waffen und kamen näher. Linkohr erläuterte die Situation flüsternd: »Unklare Lage. Ferdl muss mit einem Fremden in der Wohnung sein. Wir haben eine stöhnende Männerstimme gehört.«
Häberle nickte den Uniformierten zu, die jetzt mit ihren Waffen vollends zu ihm herauf stiegen.
»Kommen Sie raus, Polizei«, rief Häberle mit der ganzen Kraft seiner sonoren Stimme.
Die vier Männer blickten auf die Wohnungstür. Zwei Waffen waren auf den schmalen Spalt gerichtet. Es rührte sich nichts. Doch da war es wieder»dieses Wimmern und Stöhnen.
»Wir müssen rein«, entschied Häberle. Die beiden uniformierten und bewaffneten Beamten nickten ihm zustimmend zu.
Unterdessen lehnte Helga, mit den Nerven völlig am Ende, an der Flur-Wand im
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