Himmelsfelsen (Krimi-Edition)
»Der OB.«
Häberles Augenbrauen verengten sich, als er sich meldete.
»Guten Tag, Herr Häberle«, sagte Schönmann, »ich wollte Ihnen nur eine neue Erkenntnis mitteilen. Wir hatten soeben im Gemeinderat ein Hearing, bei dem es um die Sanierung unserer Oberen Stadt ging. Sie sollten wissen, dass dabei der ermordete Fronbauer eine Schlüsselrolle spielt.«
Häberle hörte aufmerksam zu. Er erfuhr, welch unerwartete Wende die Sanierung genommen hatte und dass der Ermordete ganz entscheidend daran beteiligt war. Schönmann erklärte auch, dass am gestrigen Tag eine alte Dame namens Amalie Neugebauer gestorben war, die Eigentümerin eines weiteren Altstadt-Karrees, das nach ihrem Tod in den Besitz ihres einzigen Erbens übergehen würde: Daniel Fronbauer.
»Das klingt höchst interessant, das hat doch kommunalpolitische Brisanz«, stellte Häberle schließlich fest und bedankte sich für die Information. Er legte auf und unterrichtete seine Kollegen von den Hinweisen aus dem Rathaus.
»Da haut’s dir’s Blech weg«, staunte Linkohr.
»Und da wundern wir uns, dass auch der Oberbürgermeister gestern so früh unterwegs war und plötzlich am Tatort aufgetaucht ist …” frotzelte Schmidt.
Häberle stutzte: »Wie meinen Sie denn das?«
»Nur so, ist doch ungewöhnlich, dass ein Oberbürgermeister in aller Frühe im Auto angefahren kommt. Aus Berlin, wie er offenbar gesagt hat.«
Häberle nahm es als flapsige Bemerkung zur Kenntnis. »Ich glaub’, der Bruder Fronbauer ist uns noch einige Erklärungen schuldig. Ich fress ’nen Besen, wenn der als Immobilien-Fritze nicht ein bisschen mehr weiß. Stellt’ mal fest, wo wir den um diese Zeit kriegen.«
Georg Sander, der Journalist der ›Geislinger Zeitung‹, hatte aus seinem vielfältigen Bekanntenkreis einen Hinweis auf die nichtöffentliche Gemeinderatssitzung erhalten. In all den Jahren, in denen er als Journalist tätig war, hatte er in alle gesellschaftlichen Bereiche Kontakte geknüpft, die beste Voraussetzung, um an vertrauliche Information zu gelangen.
Einer seiner Freunde hatte Sander in diesen Mittagsstunden des Mittwochs vertraulich mitgeteilt, was hinter verschlossenen Türen im Gemeinderat geredet worden war. Nicht wortwörtlich natürlich, sondern eben »der Spur nach«.
Sander fühlte sich bestätigt. Irgendwie hatte er bereits gestern gemutmaßt, dass hinter dem Tod des Joggers möglicherweise mehr stecken könnte. Er wusste natürlich von den Bemühungen der Kommunalpolitiker, die Lange Gasse aufzumöbeln. Dass dort nun ein Großprojekt entstehen sollte, empfand er persönlich zunächst einmal gar nicht als Unglück. Nur: Dass ausgerechnet der ermordete Fronbauer investieren wollte, das war auch ihm absolut neu. Sanders Kollegen hatten das Telefonat, das er mit seinem Informanten geführt hatte, zwar mitgekriegt und wohl auch an seinen Nachfragen gespürt, dass es um brisante Hinweise ging, doch was ihm genau gesagt wurde, erfuhren sie nicht.
»Gibt’s was Neues?«, fragte Kollegin Tina Winter hinter den trennenden Schränken hervor, wie immer, wenn sie glaubte, etwas Interessantes sei im Gange.
Sander zögerte einen Augenblick. »Vielleicht, aber das ist noch nicht spruchreif«, gab er sich wortkarg. Er wollte jetzt in Ruhe einige Telefonate führen. Deshalb zog er sich in den großen Konferenzraum zurück, auf dessen großer weißer Tischfläche ein Telefon stand. Er tippte eine Nummer ein. Wenig später meldete sich eine kräftige Stimme: »Helfenstein-Schenke.« Es war Ferdl, der urige Wirt, der sich offenbar freute, den Journalisten zu hören.
»Mensch, Schorsch«, sagte Ferdl und benutzte die schwäbische Version des Namens Georg.
»Hallo, ich wollt’ nur mal wissen, ob was bei dir los ist.«
»Das kann man wohl sagen«, erwiderte der Wirt, während im Hintergrund viele Stimmen zu hören waren.
»Die Stadträte da?«, fragte Sander.
»Ja, klar, war wohl Sitzung.«
»Der Fronbauer auch, der Daniel, mein’ ich?«
»Nein, hab’ ihn seit Tagen nicht mehr gesehen.«
»Sag’ mal, Ferdl, du wohnst doch auch in der Langen Gasse?«
Ferdl antwortete mit kurzer Verzögerung: »Ja, und? Wieso fragst du?«
»Dann wär’ deine Wohnung auch von der Sanierung betroffen?«, fragte Sander.
»Klar, aber das weiß man doch schon ewig.« Ferdl überlegte und fuhr dann fort: »Glaub’ bloß nicht, dass sich jemand findet, der dies bezahlen will.«
»An welchem Eck genau wohnst du denn?«,machte Sander weiter.
»Sag’ mal,
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