Himmelsfelsen (Krimi-Edition)
würden und ich der Chef wäre, ich würde sie rauswerfen, und zwar im hohen Bogen«, versicherte Fronbauer jetzt etwas lauter.
»Tatsächlich? Und wenn die Knete stimmen würde?«
»Auch dann«, versetzte Fronbauer mit fester Stimme, »das ist nicht meine Welt. Nachtleben ja, aber keine Zuhälterei. Weißt du, ich hab’ nichts gegen einen Puff, wenn er geregelt und sauber ist, ordentlich geführt und so. Aber dieses Rotlicht-Milieu in den Diskotheken ist Abzocke und unseriös, eine Brutstätte von AIDS, sonst nichts.« Fronbauer redete jetzt schneller und lauter. Ihr Kopf lag auf seiner Brust, als sie erwiderte:
»Du hast sicher Recht, aber Geld stinkt nicht.«
»Da will ich überhaupt nicht widersprechen«, betonte Fronbauer, »aber ich hab’ auch einen guten Namen zu verlieren. Ich bin für jedes Geschäft zu haben, wenn es seriös und ordentlich ist. Weißt du nicht, wie die Frauen in diesem Milieu gehalten werden?«
»Doch, man liest viel davon«, sagte Susann ruhig.
»Eingesperrt, geschlagen, vergewaltigt«, zählte Fronbauer auf, »sie sind rechtlos und tatsächlich die modernen Sklavinnen. Meinst du, ich würde so etwas unterstützen?«
»Natürlich nicht«, versicherte sie ihm und küsste ihn auf den Hals, »du bist ein guter Mensch, Daniel, das weiß ich.«
Fronbauer streichelte ihr übers Haar. Langsam war die Dämmerung über Jungingen hereingebrochen. Er wünschte sich, die junge Frau würde jetzt sagen, sie wolle den Abend vollends hier in ihrem Appartement verbringen. Sie saßen eine Zeit lang so beieinander, als sie plötzlich sagte: „Fahren wir noch ins ›High-Noon‹?«
Fronbauer zögerte einen Augenblick. Es war eine Frage gewesen, und doch hatte es wie eine Bitte, wie eine Aufforderung geklungen. Fronbauer dachte, dass sie ja später wieder hierher zurückkommen könnten. Er gab ihr deshalb mit einem zufriedenen Brummen zu verstehen, dass er mit ihrem Vorschlag einverstanden war. Sie drückte ihm einen zufriedenen Kuss auf die Wange und stand auf. »Ich muss mich nur ein bisschen frisch machen.« Und schon stöckelte sie von dem Balkon in die Wohnung hinein.
Fronbauer lehnte sich zurück und blickte über das Geländer zu den anderen Häusern hinüber.
Häberle hatte Glück gehabt. Amtsrichter Reinhold Schwenger war noch da. Es dauerte auch nicht lange, bis er ihn von der Notwendigkeit einer Telefonüberwachung überzeugt hatte. Häberle trug seine Argumente mit Leidenschaft vor: »Es besteht der dringende Tatverdacht, dass es um Menschenhandel größeren Stils geht. Da werden Frauen quer durch die Republik kutschiert und die Spur führt in dieses ›High-Noon‹ in Ulm. Ich muss wissen, mit wem die beiden Manager dort kontakten, der eine heißt Eric Flinsbach und der andere Harry Saalfelder. Es geht auch darum, die Frauen ausfindig zu machen. Man kann annehmen, dass sie in großer Gefahr sind«, versuchte Häberle seinem Anliegen Nachdruck zu verleihen.
Zur gleichen Zeit, als Richter Schwenger die gewünschten Formalitäten erledigte und Geislingen längst im Schatten lag, hatte Lokal-Journalist Georg Sander seinen Artikel über den neuesten Stand im Mordfall Gerald Fronbauer geschrieben. Im elektronischen Bild-Archiv suchte er noch nach einem Bild, das der Fotograf bereits vor geraumer Zeit vom Sanierungsgebiet Lange Gasse gemacht hatte. Als er es gefunden und am Bildschirm bearbeitet hatte, schrieb er den Text dazu: »Sanierungsgebiet Lange Gasse: Laufen hier die Fäden im Mordfall Fronbauer zusammen?« Das würde für Gesprächsstoff sorgen, dachte er sich. Ein Mord mit kommunalpolitischer Brisanz. Endlich einmal etwas anderes, als ›nur‹ diese üblichen Beziehungstaten, aus Eifersucht oder im Affekt.
»Heut gibt’s wohl kein Gewitter«, stellte der schnauzbärtige Schmidt fest. Er schaute im Lehrsaal der Geislinger Polizei aus dem Fenster. Die drückende Hitze lag noch immer im Talkessel. Die meisten seiner Kollegen aus der Sonderkommission hatten sich, nach einer ganzen Menge Überstunden, in den Feierabend verabschiedet. Auch Schmidt fühlte sich ausgelaugt, müde und verschwitzt. Aus der Gruppe dreier jüngerer Kollegen, die gerade zur Tür hereinkamen, löste sich ein kräftiger Mann und kam auf Häberle zu. »Wir haben Nachricht aus Frankfurt erhalten«, sagte der Kriminalist. Er legte ein Blatt Papier auf den Tisch. Häberle nahm es und besah sich die Handschrift. »Von den Kollegen in Frankfurt?«, fragte er nach.
»Ja, wir hatten sie gebeten, in dieser
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