Himmelsfelsen
Häberle, »erstens: Ihre Beziehungen ins ›Orion‹ nach
Frankfurt«, er machte eine Pause und beobachtete die Reaktion seiner Gesprächspartner,
»zweitens will ich wissen, wo die Frauen im Raum Dillingen sind.« Häberle startete
einen Frontalangriff, der seine Wirkung nicht verfehlte. Die Beiden wurden noch
bleicher, als sie schon waren. »Was heißt Beziehungen zum ›Orion‹ und von welchen
Frauen sprechen Sie?«, begann Flinsbach und rang nach Luft.
»So, wie ich’s sage. Aber vielleicht kann der
Herr Saalfelder mehr dazu beitragen, der war ja am Dienstag immerhin vor Ort.«
Saalfelder saß mit verschränkten Armen am Tisch
und verrengte die Augenbrauen. »Ich?«, sagte er nur, deutlich atemlos, »ja, das
heißt nein. Es war wegen eines Engagements, wegen einer Kapelle war ich dort …«
»In einem Bumslokal«, stellte Häberle ironisch
fest.
»Ja, um ehrlich zu sein, es hat nicht dem entsprochen,
was wir uns unter einer Musikkneipe vorgestellt haben«, beeilte Saalfelder zu erläutern.
Seine Stimme verriet höchste Nervosität.
»Was heißt Musikkneipe«, wurde Häberle jetzt
deutlicher, »Sie haben Frauen herbeigeschafft, Prostituierte, Nutten, verstehen
Sie? Oder soll ich deutlicher werden und es juristisch sagen: Menschenhandel. Darauf
steht Knast, meine Herren!«
Saalfelder lehnte sich zur Tischkante vor und
stützte sich mit dem rechten Ellbogen verlegen ab. »Ich verstehe nicht recht…«,
sagte er, während sich sein Partner geradezu ängstlich zurückhielt.
»Sie verstehen sehr wohl«, wetterte Häberle
jetzt, »und wenn Sie nicht augenblicklich sagen, wo die Frauen sind, dann lass’
ich diesen Laden hier rumdrehen, verstehen Sie, auf den Kopf stellen. Dann ist es
für längere Zeit aus mit dem seriösen Ruf.«
Jetzt schaltete sich Flinsbach ein: »Sie sollten
vorsichtig sein, Herr Kommissar, Sie reden so, als hätten Sie’s hier mit einem Puff
zu tun.«
»Genauso rede ich«, machte Häberle weiter und
geriet jetzt in Rage, »genau das meine ich auch, Herr Flinsbach.«
»Und wo sind Ihre Beweise?«
»Die werde ich Ihnen auf den Tisch legen, worauf
Sie sich verlassen können. Sie beide hatten in dem Laden hier das Sagen. Der Gerald
Fronbauer war letztlich nur noch die Marionette. Und die Russen waren die großen
Macher. Die haben sich hier mit ihren Miezen eingenistet und diese zur Prostitution
gezwungen.«
Häberle machte eine Pause und wartete auf eine
Reaktion, die aber nicht erfolgte. Deshalb fuhr er unvermindert scharf fort: »Diese
Frauen, die angeblich freiwillig hier sind, werden mit falschen Versprechungen hergelockt.
Das ist doch hinlänglich bekannt. Sie stammen aus armen Familien, haben uneheliche
Kinder, sind vom Mann verlassen, und hoffen auf Arbeit in Deutschland, als Kindermädchen,
als Bedienung, als Aushilfen in der Gastronomie. Und dann sind sie hier und werden
zu Nutten gemacht. Erpresst und gefoltert. Sie werden geschlagen und eingesperrt,
bedroht und gefangen gehalten wie Tiere. Und sagen Sie mir jetzt bloß nicht, das
wüssten Sie alles nicht, meine Herrn.« Häberle war jetzt zur Höchstform aufgelaufen.
Linkohr hörte ihm aufmerksam zu. Von diesem erfahrenen Kriminalisten konnte er noch
viel lernen.
»Wenn Sie mir jetzt nicht augenblicklich sagen,
wo die Frauen sind, veranlasse ich eine Großrazzia, und glauben Sie mir: Ihr Verhalten
wird auf den Richter später mächtig Eindruck machen, in jeder Beziehung …«
Die beiden Männer sagten noch immer kein Wort.
Sie schauten sich gegenseitig an und schienen darauf zu warten, dass der jeweils
andere eine Erklärung abgab. Durch das offenstehende Fenster drang der Lärm eines
vorbeifahrenden Vierzigtonners.
»Ich höre …«, fuhr Häberle etwas lauter fort,
»Sie sollten bedenken, dass Sie keine andere Wahl haben. Okay, Sie können einen
Anwalt verlangen, das steht Ihnen zu, das wissen Sie. Aber vielleicht wird es Ihre
Lage vor Gericht mal verbessern, wenn Sie sich jetzt kooperativ zeigen.«
Wieder keine Reaktion. Häberle wollte nachlegen:
»Okay, dann sag’ ich Ihnen jetzt, was ich aus Ihrem Schweigen schließe: Sie beide
haben gemeinsame Sache mit den Russen gemacht, Sie beide haben den Gerald Fronbauer
rausbugsieren wollen. Sie beide haben beschlossen, den ungeliebten Chef hier aus
dem Weg zu räumen.«
Flinsbach versuchte zu protestieren.
»Sie sind still jetzt«, wetterte Häberle, »Sie
haben beschlossen, Gerald Fronbauer zu beseitigen. Entweder hat einer von Ihnen
ihn vom Felsen gestoßen oder Sie
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