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Himmelsfelsen

Himmelsfelsen

Titel: Himmelsfelsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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nichts zu verlieren.«
    »Ein Russe, oder was?«, fragte der Einsatzleiter
in die Runde.
    »Litauer«, antwortete einer der Beamten, der
sich mit dem Lagebericht aus Göppingen auseinandergesetzt hatte.
    Ein Blitz zuckte und Augenblicke später krachte
der Donner.
    Der Einsatzleiter zog sich in den Mannschaftswagen
zurück, in dem weitere zehn Beamte Platz fanden.
    »Wir müssen ihn hier hinhalten«, sagte der
Einsatzleiter mit unverkennbar bayrischem Dialekt, »unsere Jungs, die abgerückt
sind, werden von hinten eindringen.« Der Einsatzleiter drückte die Taste seines
Funkgeräts und fragte leise: »Wo seid ihr?«
    »Rückseite, zwei Fenster sind offen«, kam es
zurück.
    »Vorsicht, da sind Frauen drin. Ihr müsst damit
rechnen, dass die erschrecken«, erklärte der Einsatzleiter, »macht ihnen klar, dass
sie still sein sollen.«
    »Haltet ihn bei Laune«, kam die Stimme zurück.
    »Okay«, bestätigte der Einsatzleiter. Er wandte
sich an die Führungskräfte in seinem Fahrzeug: »Wir versuchen, ihn in ein Gespräch
zu verwickeln, damit unsere Jungs von hinten angreifen können.« Die Beamten nickten
wortlos. Jeder von ihnen hatte diese Situation schon oft geübt und wusste, was jetzt
zu tun war. Schließlich waren sie die Spezialisten, die Experten, die, wenn es sein
musste, an den glatten Hauswänden hochklettern konnten. Wer’s mit dem Spezialeinsatzkommando
(SEK) zu tun bekam, brauchte sich keine große Chance mehr auszurechnen. Diese Elite-Einheit
der Polizei hatte schon viele Geiselnahmen und Entführungsfälle professionell beendet.
Es hieß, dass mancher Verbrecher bereits beim Anblick des herannahenden SEK’s das
große Zittern bekommen habe.
    Der Einsatzleiter stieg wieder aus dem Mannschaftswagen
und hielt jetzt ein Megaphon in der Hand. Ungeachtet des heftigen Gewitters, ging
er dicht an das Haus heran. Seine Kollegen blieben demonstrativ zurück.
    »Passen Sie auf«, sagte der Einsatzleiter durchs
Megaphon, »wir wollen Ihnen helfen.« Er wartete kurz auf eine Reaktion, doch es
folgte keine. »Wir möchten Ihnen helfen«, wiederholte er deshalb, »wir sind gekommen,
um die schwierige Situation zu lösen, nicht, um neue Probleme zu schaffen.«
    »Ich wissen«, rief Boris plötzlich, »reden,
reden, reden und dann ich in Zuchthaus.«
    Der Einsatzleiter blieb ruhig: »Sie kommen
in kein Zuchthaus. Wir werden über Ihre Probleme reden. Wenn Sie die Frau freilassen,
ist alles nur noch halb so schlimm.«
    »Nix freilassen«, schallte es zurück.
    »Wenn Sie die Frau freilassen«, fuhr der Einsatzleiter
unbeeindruckt fort, »wird alles halb so schlimm. Sie werden in aller Ruhe zu uns
kommen und wir werden eine Lösung finden. Das verspreche ich Ihnen.«
    »Versprechen, versprechen, ich komme runter
und ich komme in Zuchthaus.«
    »Wenn Sie diese Frau erschießen, wird niemand
mehr mit Ihnen reden wollen. Dann haben Sie alles schlimmer gemacht.«
    »Will fort, will fort, verstehst du nix?«,
schrie Boris, »geben mir Auto und lassen mich fahren heim.«
    »Kein Land der Erde wird Sie aufnehmen«, stellte
der Einsatzleiter fest, »auch nicht Ihre Heimat.«
    »Schnauze«, rief Boris, »entweder Auto oder
tot.«
    Der Einsatzleiter spürte, dass es ihm nicht
gelingen würde, auf den Mann einzuwirken. Insgeheim bedauerte er es, keinen Psychologen
mitgenommen zu haben. Er überlegte, wie lange es noch dauern würde, bis die Kollegen
von hinten in das Gebäude eingedrungen waren. Er musste den Litauer unter allen
Umständen ablenken, damit er etwaige Geräusche, welche die Beamten im Innern des
Hauses verursachen würden, nicht hören konnte. Der prasselnde Regen und die Donnerschläge
trugen auch dazu bei.
    »Denken Sie darüber nach«, begann der Einsatzleiter
wieder, »legen Sie die Waffe weg, lassen Sie die Frau frei.«
    Der Litauer sagte nichts, sondern drückte die
Waffe demonstrativ an Susanns rechte Schläfe.
    »Wenn Sie abdrücken, ist Ihr Leben ruiniert«,
sagte der Einsatzleiter, »wenn Sie es nicht tun, bekommen Sie Hilfe.«
    »Keine Wahl, keine Wahl«, schrie Boris. Seine
Stimme zitterte und wirkte jetzt nervös. Der Revolver war noch immer auf Susanns
Kopf gerichtet.
    »Doch, Sie haben eine Wahl. Entweder alles
schlimmer machen, oder Hilfe«, versuchte es der Einsatzleiter noch einmal, während
das Wasser jetzt von seiner Mütze tropfte.
    Dann geschah es. So plötzlich und unvermutet,
dass auch der Einsatzleiter erschrak. Ein ohrenbetäubender Knall, ein gleißender
Lichtblitz. Aus dem Fenster stieg

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