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Himmelsgöttin

Himmelsgöttin

Titel: Himmelsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Meter Tiefe, blinkte etwas im Sonnenlicht. Und daneben befand sich noch etwas anderes, das mit dem Seegang hin und her wehte. Er verharrte eine Sekunde, holte tief Luft, tauchte unter und stieß in dem Augenblick hinab in die Tiefe, als er erkannte, was es war, das da blinkte: Eine Kette aus Metallkügelchen mit einem Satz Hundemarken, wie sie Soldaten trugen. Er schoß zurück an die Oberfläche und paddelte auf der Stelle, um wieder zu Atem zu kommen. Dann las er die Hundemarke: SOMMERS, JAMES W. James Sommers war der Marke zufolge Presbyterianer. Irgendwie wollte es Tuck nicht ganz einleuchten, daß die tausend Meter Schwimmerei einzig und allein dazu gedient haben sollte, nur um ein Paar Hundemarken zu finden, aber da unten war ja noch dieser Fetzen Stoff, den Tuck bisher noch nicht hatte näher betrachten können.
    Er stopfte die Hundemarken in die Innentasche seiner Badehose und tauchte noch einmal hinab. Mit kräftigen Flossenschlägen näherte er sich dem Stoffetzen, wobei er sich mit einer Hand die Nase zuhielt und die Backen aufblies, um den Druck auf seine Ohren auszugleichen. Mittlerweile war er so tief, daß die Luft in seinen Lungen ihn nach oben zog, weg von seiner Beute. Es war ein Stück bedruckter Baumwolle. Er griff danach, doch es rutschte ihm aus der Hand. Er zog erneut daran, doch der Stoffetzen war eingeklemmt in einer Riffspalte. Er zerrte mit aller Gewalt, und plötzlich löste sich der Stoffetzen, und etwas Weißes kam dahinter zum Vorschein. Völlig außer Atem schoß er an die Oberfläche und untersuchte den Stoffetzen. Fliegende Schweine. Na prima. Er hatte sein Leben riskiert für ein Paar presbyterianische Hundemarken und ein Stück Stoff mit fliegenden Schweinen.
    Er unternahm noch einen weiteren Tauchgang und sah, was es gewesen war, das in der Riffspalte klemmte: Der Beckenknochen eines Menschen. Was immer sonst noch dagewesen sein mochte, nun war es weg, doch dieser Knochen hatte sich verklemmt und war fein säuberlich abgenagt worden. Jemand, der mit fliegenden Schweinen bedruckte Boxershorts trug, war zu einem Glied der Nahrungskette geworden.
    Die Strecke zurück zum Kanal kam Tuck länger vor als der Hinweg, und er ließ sich Zeit, denn er hatte ganz vergessen, sich vor dem zu fürchten, was eventuell in der blauen Unendlichkeit hinter ihm lauern mochte. Die wahre Gefahr drohte ihm an der Küste.
    Und wie äußerte man bei einem gemütlichen Abendessen die Ansicht, daß es sich bei den Arbeitgebern um Mörder handelte, die anderen Menschen die Organe stahlen? »Holzauge, sei wachsam«, hatte Vincent gesagt. Und bis jetzt schien es, als wüßte er ziemlich genau, wovon er redete.
     

43
Laß die Puppen kochen
     
    »Oh, treten Sie ein, Mr. Case. Sebastian ist draußen auf dem Lanai.« Die Hohepriesterin trug einen weißen Hosenanzug aus Rohseide mit weiten Beinen und tiefem Ausschnitt, dazu eine Perlenkette mit passenden Ohrringen. Ihr Haar war mit einer weißen Seidenschleife zurückgebunden, und sie schwebte vor ihm dahin wie der Geist der guten Haushaltsführung. »Was halten Sie von Pazifik-Hummer?«
    »Mag ich«, sagte Tuck und suchte nach irgendeinem Anzeichen dafür, daß sie wußte, daß er im Bilde war. Ihren Besuch in seinem Bungalow am Abend zuvor erwähnte sie mit keinem Wort. Auch sonst gab es keinerlei Anzeichen, daß sie ihm gegenüber irgendeinen Verdacht hegte. Tuck sagte: »Es kommt mir ein bißchen unfair vor, daß ich mit leeren Händen zum Abendessen auftauche. Vielleicht sollte ich Sie und den Doc mal zu mir einladen.«
    »Oh, Sie kochen auch, Mr. Case?«
    »Das ein oder andere. Meine Spezialität ist schwarzgebratener Pez.«
    »Ist das ein Cajun-Gericht?«
    »Ich hab's aus Texas, um ehrlich zu sein.«
    »Also Tex-Mex-Küche.«
    »Na ja, mit 'ner Flasche Tequila schmeckt's schon besser.«
    Sie lachte das höfliche Lachen einer Gastgeberin und sagte: »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
    »Meinen Sie einen Drink oder einfach nur Flüssigkeit?«
    »Es tut mir leid. Ich weiß, daß Sie sich bevormundet fühlen, aber verstehen Sie bitte, daß Sie unter Umständen schon bald wieder fliegen müssen.«
    Vor ihr auf der Arbeitsplatte stand ein großes Glas Weißwein. Tuck schaute es an und sagte: »Aber Alkohol am Operationstisch ist wohl kein Problem, stimmt's?« Das war sehr subtil, dachte Tuck. Äußerst elegant. Ich bin ein toter Mann.
    Ihre Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen, ohne daß das höfliche Lächeln von ihren Lippen verschwand.

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