Himmelsgöttin
seiner Stimme lag keinerlei Überzeugungskraft, und sie drückte ihn zurück aufs Bett.
Tuck starrte an die Decke. Sein Arm war unter ihrem Hals eingeklemmt, und seine Lippen wiederholten immer wieder ein stilles Mantra: »Das war das letzte Mal, daß ich ihn dem verrückten Weib reingesteckt habe. Das war das letzte Mal –« Oh, Mann, wie oft hatte er das jetzt schon aufgesagt? Vielleicht wendete sich ja allmählich alles zum Besseren. In der Vergangenheit hatte er immer gesagt: »Ich werde mich nicht besaufen und ihn dem verrückten Weib reinstecken.« Dieses Mal war er einfach nur müde gewesen.
Er versuchte, seinen Arm unter ihrem Kopf herauszuwinden, und verlegte sich schließlich auf den alten »Kuscheltrick«. Er rollte sich zu ihr und drückte sie kurz an sich. Sie reagierte mit einem schläfrigen Stöhnen und versuchte ihn zu küssen, wobei sie für einen Moment den Kopf hob und er sich befreien konnte. Der Trick funktionierte bei menschenmordenden Schlampengöttinnen genausogut wie bei den Damen aus dem Stall von Mary Jean. Ja, sogar besser, denn Beth hatte bei weitem nicht so viel Spray in ihrem Haar, und das ist etwas, das sich wirklich bremsend auf einen auswirken kann. Gott, bin ich gut.
Er rollte sich aus dem Bett und kroch ins Bad. Während er pinkelte, sang er leise vor sich hin: »Yo, das war das letzte Mal, daß ich ihn dem verrückten Weib reingesteckt habe.« Mittlerweile war es zu einer Art Rap geworden, und so fühlte er sich ziemlich hip, obwohl der übliche Selbstekel natürlich dennoch an ihm nagte. Beim Anblick seiner Narben mußte er an Kimi denken, und plötzlich wurde er vom Zorn gepackt. Er watschelte zurück zum Bett und rüttelte die schlafende Ikone wach. »Aufstehen, Beth. Geh nach Hause.«
Und da klopfte es an der Tür. »Mr. Case, T-Time in fünf Minuten.«
Tuck preßte Beth die Hand auf den Mund, zog sie am Kopf in die Höhe und verfrachtete sie mit einem einzigen Schwung ins Badezimmer, wo er sie losließ und die Tür zumachte. Fred Astaire, wäre er je Terrorist gewesen, wäre angesichts dieses Schwungs vor Neid erblaßt.
Tuck schnappte sich seine Hose vom Boden, denn dort ließ er sie meistens liegen, zog sie an und öffnete die Tür. Vor ihm stand Sebastian Curtis, einen Driver über der Schulter. »Sie ziehen sich besser ein Hemd an, Mr. Case. Man fängt sich schnell einen Sonnenbrand ein, selbst so früh am Tag.«
»Stimmt«, sagte Tuck und schaute auf den Caddie. Heute war es Stripe, der die Schläger schleppte. Der Wachmann grinste ihn höhnisch an. Tuck grinste zurück. Ebenso wie Mato trug auch Stripe bei der Ausübung seiner Pflichten als Caddie keine Waffe. Na, dann spielen wir mal eine Runde zu Ehren des Seefahrers, dachte Tuck und zwinkerte Stripe zu.
»Ich bin gleich soweit.« Tuck schloß die Tür und ging ins Badezimmer, um Beth zu sagen, daß sie warten sollte, bis er gegangen war, bevor sie den Bungalow verließ, doch als er die Tür aufmachte, war sie verschwunden.
»Wußten Sie, daß neunzig Prozent aller gefährdeten Arten auf Inseln existieren?« fragte der Doktor.
»Nöö«, sagte Tuck. Er hob seinen Ball auf, legte ihn auf die gummibeschichtete Matte und wandte sich an Stripe. »Hey, Doofmann, gib mir 'n Fünfer Eisen.«
Sie waren mittlerweile am vierten Loch angelangt und hatten in einer Stunde bereits einmal das gesamte Gelände kreuz und quer hinter sich gebracht bei ihrer Imitation eines Golfspiels. Tuck holte aus, und der Ball rutschte fünfzig Meter weit über den Kies. »Kopf hoch, Hosenscheißer«, sagte Tuck, als er Stripe den Schläger zuwarf.
»Inseln sind so etwas wie die Schnellkochtöpfe der Evolution. Neue Arten tauchen schneller auf und sterben früher wieder aus. Mit Religionen ist es das gleiche.«
»Kein Scheiß, Doc?« Sie hatten noch fünfzig Meter vor sich, bis sie zu der Stelle kamen, wo Sebastians Ball nach seinem ersten Schlag gelandet war. Tuck hatte bereits drei Schläge hinter sich.
»Die Ereignisse, die den Kargo-Kulten zugrunde liegen, sind die gleichen wie bei den großen Religionen: eine Periode der Unterdrückung, das Auftauchen eines Messias, eine neue Ordnung, das Inaussichtstellen einer Zeit endlosen Friedens und Wohlstands. Aber anstatt sich über Jahrhunderte zu entwickeln, wie beim Christentum oder beim Buddhismus, dauert das Ganze hier nur ein paar Jahre. Es ist faszinierend, gerade so, als ob man sehen könnte, wie sich die Zeiger einer Uhr bewegen und man ein Teil des Ganzen ist.«
»Da
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