Himmelsgöttin
trat hinter sie und legte seine Hände auf ihre nackten Brüste. Ohne aufzublicken, sagte sie: »Weißt, früher, in meinem Studioapartment, hab ich dabei einen richtigen Kick gekriegt. Man muß nur die Fenster zumachen und warten, bis die Dämpfe sich ausbreiten. Auch mal 'nen Zug?« Sie hielt die Flasche mit dem Nagellack hinter sich.
Er schüttelte den Kopf. Er war Mitte Fünfzig, lang und hager mit kurzen grauen Haaren und eisblauen Augen. Er trug einen grünen Laborkittel und darunter Bermuda-Shorts. »Missionary Air hat gerade einen Funkspruch geschickt. Ihre Beech ist kaputt. Sie warten auf ein Ersatzteil aus den Staaten, und es wird einen Monat dauern, bis sie das Ding wieder repariert haben. Unser Pilot sitzt auf Truk fest.«
Die Hohepriesterin warf ihm über die Schulter einen feurigen Blick zu, und augenblicklich spürte er, wie er sich in Schleim verwandelte und dahinschmolz, bis die Evolution so weit zurückgedreht war, daß er nichts weiter darstellte als die niedrigste Form einer Meeresschnecke. Sie brachte so was fertig. Ihr Brüste fühlten sich in seinen Händen an wie kühle Steine in einem Fluß. Er machte einen Schritt rückwärts.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte er. »Ich habe ihn benachrichtigt, daß er nach Yap fliegen soll. Dort kann er morgen die Micro Trader nehmen, und zwei Tage später ist er hier.«
Sie war nicht im geringsten beeindruckt. »Glaubst du nicht, daß es besser wäre, wenn ich mich erst mal mit ihm treffe, bevor er herkommt? Es hat lange genug gedauert, ihn aufzutreiben.«
Der Medizinmann war bis zum Perlenvorhang zurückgewichen. »Du warst doch diejenige, die keine Typen vom Militär mehr wollte.«
»Weil es beim letzten Mal so gut funktioniert hat. Es ist schon schlimm genug, daß ich von Ninjas umgeben bin. Ich mag das nicht.«
Der Medizinmann konnte nicht glauben, daß jemand es schaffte, so langsam zu gehen und dennoch soviel dabei auszudrücken. Es war schier symphonisch. Er sagte: »Sie sind keine Ninjas. Sie sind nur Wachen. Das alles hier ist bald zu Ende, und du kannst in einem Palast in Frankreich wohnen, wenn du willst.«
Er streckte die Arme aus, in der Erwartung, daß sie ihn umarmen würde, doch sie machte auf ihrem spitzen roten Absatz kehrt und trippelte zu ihrem Schminkspiegel. »Wir reden später über diese Angelegenheit. In einer Stunde ist mein Auftritt.«
Er fühlte sich wie ein dummer Junge und zog sich durch den Perlenvorhang zurück. In der Ferne begann das Haifischvolk mit seinem Gesang, um die Himmlische Priesterin herbeizurufen.
12
Freundliche Ratschläge
Tuck schwitzte sich durch die Zeitlupenwiederholung der Bruchlandung. Das Ende der Landebahn raste mit viel zu hoher Geschwindigkeit auf ihn zu. Meadow Malackovitch prallte gegen verschiedene Konsolen im Cockpit. Jemand auf dem Copilotensitz brüllte ihn an und nannte ihn einen »verdammten Scheißer«. Er drehte sich um, um zu sehen, wer es war, und wurde durch ein Klopfen an der Tür geweckt.
»Mr. Case. Nachricht für Sie.«
»Einen Moment.« Tucker tastete in der Dunkelheit auf dem Boden herum, bis er seine Khakihosen gefunden hatte. Er schüttelte sie, um jedwede Besucher aus dem Reich der Insekten loszuwerden, zog sie an und stolperte zur Tür. Rindi, der rappende Fahrer, stand draußen und hielt ein Stück Papier in der ausgestreckten Hand.
»Das hier für dich gekommen, vom Telecom Center.« Er langte an Tuck vorbei und betätigte den Lichtschalter. Eine nackte Glühbirne leuchtete über dem Schreibtisch auf.
Tuck nahm den Zettel, kramte in seiner Hosentasche nach einem Trinkgeld und brachte einen Dollar zum Vorschein, doch Rindi war schon davongeschlurft.
Das Blatt aus wachsigem Faxpapier war über und über mit fettigen Fingerabdrücken bedeckt. Tuck nahm an, daß es schon Dutzende von Händen begrapscht hatten, bevor es schließlich bei ihm gelandet war. Er faltete das Papier auseinander und las:
An: Tucker Case c/o Paradise Hotel
Von: Dr. Sebastian Curtis
Mr. Case,
ich bedauere zutiefst, daß meine Frau nicht in der Lage sein wird, auf Truk mit Ihnen zusammenzutreffen. Wir haben Ihnen für morgen einen Platz im Flugzeug der Air Micronesia nach Yap reserviert, von wo aus Sie mit dem Versorgungsschiff, der Micro Trader, weiterfahren können nach Alualu. Ihr Flugzeug wird um 11.00 Uhr morgens abfliegen und die Micro Trader um 12.00 mittags auslaufen, so daß es notwendig sein wird, daß Sie sich ein Taxi nehmen, sobald Sie den Zoll passiert
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