Himmelsgöttin
irgendwelche Gerüchte in die Welt zu setzen. Mehr als einmal war es ihm passiert, daß er versucht hatte, einer Geschichte auf den Grund zu gehen, nur um irgendwann herauszufinden, daß der Ursprung des Ganzen eine Lügengeschichte war, die er selbst irgendwann besoffen in der Bar vom Stapel gelassen und die dann die Runde über die Inseln gemacht hatte, bis sie so sehr durch die Mangel gedreht worden war, daß sie glaubhaft genug klang, um schließlich wieder auf seinem Schreibtisch zu landen. Dennoch war aus Malongo am heutigen Tag nichts herauszuholen. »Ich hab gehört, sie haben ein neues Flugzeug da draußen. Einen Lear-Jet.«
Malongo lachte. »Wo hast du das gehört?«
»Mittlerweile schon zum zweiten Mal. Vor zwei Monaten war ein Kerl hier, der behauptet hat, daß er das Ding fliegen soll, und jetzt gerade ist schon wieder ein neuer Pilot auf dem Weg, der's mir erzählt hat.«
»Vielleicht machen sie eine neue Fluggesellschaft auf. Aber im Ernst, Jeff. Bist du so verzweifelt auf der Suche nach einer Story? Ich hab ein paar Bittgesuche um Fördermittel, die du schreiben kannst, wenn du Arbeit brauchst.«
Pardee wurde die Angelegenheit ein wenig peinlich. Dennoch hatte er keinen Zweifel, daß Dr. Curtis mit Tucker Case in Kontakt getreten war. Irgendwas war da im Gange. Er sagte: »Na ja, vielleicht kannst du die Jungs von der Trader bitten, daß sie die Augen offenhalten. Frag mal rum, und sag mir, wenn du was hörst.«
Plötzlich hatte Pardee einen Einfall, wie er der Motivation seines Gesprächspartners erheblich auf die Sprünge helfen konnte. »Wenn da draußen jemand Düsenflugzeuge kauft, kann es durchaus sein, daß in irgendeiner Regierungsstelle eine Finanzquelle sprudelt, von der ihr noch gar keine Ahnung habt.« Er konnte förmlich hören, wie Malongos Neugier mit einem Schlag geweckt war.
Malongos Gedanken kreisten plötzlich um Klimaanlagen, Laserdrucker, einen neuen Bürostuhl. »Hör zu, ich werde mich am Flughafen umhören. Wenn jemand mit einem Jet von Alualu losfliegt, müssen sie ja wohl das Funkgerät benutzen, oder?«
»Das nehme ich an«, sagte Pardee.
»Ich rufe dich wieder an.« Malongo legte auf.
Pardee stieß einen Seufzer aus. »Und wieder einmal«, sagte er zu sich selbst, »nehmen wir als Schlagzeile: ›Schweinedieb noch immer nicht gefaßt‹.«
Eine halbe Stunde später klingelte das Telefon. Sein Telefon klingelte niemals. Pardee hob ab und erkannte an dem Klicken in der Leitung, daß er mit einem Anschluß außerhalb der Insel verbunden wurde. Ignatho Malongo war am anderen Ende. Er hörte sich an, als sei er jetzt besserer Stimmung. Pardee vermutete, daß er sich im Zustand der Entwicklungshilfegeilheit befand.
»Jeff, die Trader ist im Hafen. Ein paar Männer von der Crew waren in der Marina zum Lunch, und ich habe sie nach deinem Lear-Jet gefragt.« Malongo rauchte eine Benson & Hedges und kaute eine dicke Ladung Betelnuß. Er war nun wesentlich besserer Laune als zuvor.
»Und?«
»Nun, den Jet hat keiner gesehen, aber sie haben beim letzten Mal, als sie dort waren, ein paar Japaner auf der Insel gesehen.«
»Japaner? Touristen?«
»Sie haben Maschinengewehre mit sich rumgeschleppt.«
»Kein Scheiß?«
»Glaubst du, das bedeutet, daß wir mit Geld aus dem Verteidigungshaushalt rechnen können?« Malongos Gedanken kreisten um große Klimaanlagen, eine Kiste Spam und ein Ticket zum Einkaufstrip nach Hawaii.
Pardee kratzte sich seinen Zweitagebart. »Vermutlich die Mannschaft von einem Thunfischfänger. Die haben schon angedroht, daß sie ein paar von den Insulanern vor Ulithi abknallen, wenn sie weiter die Bojen von ihren Netzen klauen. Ich werde das von der australischen Marine abklären lassen, mal sehen, ob die was von einem japanischen Boot wissen, das in diesen Gewässern auf Fischfang ist. Bis dahin schulde ich dir eine Tüte Betelnüsse.«
Malongo lachte. »Du schuldest mir schon zehn Tüten. Wie willst du deine Schulden bezahlen, wenn du nie von deiner Scheißinsel runterkommst ?«
»Du kriegst mich schon noch früh genug zu sehen.« Pardee legte auf.
11
Die Göttin, bitte!
Die Haifischmänner hatten seit Sonnenaufgang ihre Trommeln geschlagen und waren mit Bambusgewehren auf und ab marschiert, während die Frauen des Haifischvolks Vorbereitungen trafen für das Fest zum Erscheinen der Hohenpriesterin.
In ihrem Schlafgemach saß die Hohepriesterin und lackierte sich die Nägel. Der Medizinmann betrat den Raum durch einen Perlenvorhang,
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