Himmelsgöttin
Bratpfanne. Da sie ihn fälschlicherweise für einen Folklorekünstler hielten, spendeten die Touristen ihm freudig Beifall, machten Fotos voneinander, wie sie neben dem elektrifizierten Mann standen, und gaben seiner Frau fünf Dollar. Der ganze Schwindel flog auf, als die Polizei die Schweinediebin vor dem Continental Hotel aufgriff, als sie von den Touristen einen Dollar pro Nase kassiere, damit sie zusehen durften, wie sie aus dem schlaffen Körper ihres Mannes noch ein paar Zuckungen herauskitzelte. Der Elektroschocker wurde konfisziert, doch es wurde keine Anzeige erhoben, da ein Freiwilliger des Peace Corps den Ehemann für unverletzt erklärte, obwohl er gelegentlich daran erinnert werden mußte, wie er hieß, wo er wohnte und wie viele Kinder er hatte.
Das Mysterium war gelöst, und der Truk Star hatte keinen Aufmacher mehr. Jefferson Pardee war ein einziges Häufchen Elend. Es würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als sein Büro zu verlassen, um eine neue Story aufzutun oder sich, wie er es schon gar zu häufig getan hatte, einfach eine aus den Fingern zu saugen. Die Micro Spirit lag im Hafen. Vielleicht würde er runtergehen zum Dock und zusehen, ob er der Mannschaft irgendwelche Neuigkeiten aus der Nase ziehen konnte. Er steckte seinen Presseausweis in das Hutband seines Crocodile-Dundee-Hutes und watschelte zur Tür hinaus und die staubige Straße entlang zum Pier, wo Insulaner mit Muskeln, dick wie Ankertaue und hart wie Stahl, dabei waren, Zweihundert-Liter-Fässer in Frachtnetze zu laden und in die Ladeluken der Micro Spirit hinüberzuhieven.
Die Micro Spirit und die Micro Trader waren Schwesterschiffe: kleine Frachter, die zwischen den Inseln Mikronesiens umherkreuzten und sowohl Frachtgut als auch Passagiere von und zu den äußeren Inseln brachten. Kabinen gab es nur für den Captain und die Mannschaft – Passagiere reisten und schliefen an Deck.
Pardee winkte dem Ersten Maat zu. Er war ein stark tätowierter Tongalese, der betelnußkauend an der Reling stand und klebrige rote Schweifkometen über Bord spuckte.
»Ahoi!« rief Pardee. »Darf ich an Bord kommen?«
Der Maat schüttelte den Kopf. »Nicht bevor wir fertig mit Einladen von Düsentreibstoff hier. Ich komm runter. Wie geht's, Spürnase?«
Auf den Spitznamen »Spürnase« hatte Pardee die Mannschaft der Micro Spirit eines Abends beim Saufen in der Yumi-Bar selbst gebracht. Nun schaute er zu, wie der Maat über die Bugreling sprang und sich wie ein Affe an einer der Leinen zum Dock hinunterhangelte. Es schien ihn nicht mehr Mühe zu kosten, als wenn er eine Treppe hinuntergestiegen wäre. Bei diesem Anblick bedauerte Pardee wieder einmal, daß er so fett war.
Der Maat kam auf Pardee zugeschlendert und begrüßte ihn mit einem schraubstockartigen Händedruck. »Schön, dich zu sehen.«
»Gleichfalls«, sagte Pardee. »Wo kommt ihr her?«
»Wir bringen Häuptlinge aus Wolei zu Konferenz. Holen Thunfisch und Kopra ab. Wie immer.«
Pardee schaute zurück zu den Matrosen, die die Fässer einluden. »Hast du eben Düsentreibstoff gesagt? Ich dachte, die Mobil-Tanker kümmern sich um den Treibstoff für Continental.« Continental war die einzige größere Fluglinie, die Mikronesien in ihrem Flugplan hatte.
»Die Mobil-Tanker nicht fahren nach Alualu. Keine Lagune, kein Hafen. Wir fahren nach Ulithi, dann bringen Sonderlieferung Treibstoff zu Doktor auf Alualu.«
Diese Nachricht mußte Pardee erst einmal verdauen. »Ich dachte, die Micro Trader bedient Yap und die Palau-Staaten. Weshalb fahrt ihr den ganzen Weg dorthin?«
»Wie ich sagen, Spezialauftrag. In Moen Düsentreibstoff, wir hier in Moen, Doktor will Düsentreibstoff schnell, also wir fahren. Ich finden gut. Ich nie gewesen auf Alualu, und ich kennen Mädchen auf Ulithi.«
Pardee konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Das hier war noch mal eine ganz andere Geschichte. Nichts Weltbewegendes, aber wenn die Trader und die Spirit ihre Routen tauschten, dann war das allemal eine Zeitungsnotiz wert. Da war aber noch mehr – diese Fässer mit Flugzeugtreibstoff, die Gerüchte über bewaffnete Wachposten und die zwei Piloten, die auf dem Weg zum Niemands-Eiland auf Truk Station gemacht hatten – dahinter steckte etwas, das sich zu einer Story machen ließ. Die Frage, die sich Pardee stellte, war nur: Wollte er der Sache auf den Grund gehen? Konnte er der Sache auf den Grund gehen?
»Wann brecht ihr auf?« fragte er den Maat.
»Morgen früh. Wir uns zusammen betrinken in
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