Himmelsgöttin
verloren hatte, das nun Phantomschmerzen aussandte. Er hob den Kopf, um seine Hoden zu begutachten, die ihm pochende Schmerzen den Bauch hinaufjagten.
Die Frau drückte ihn sanft zurück auf das Kissen. »Sie kommen schon wieder ganz in Ordnung. Man hat Sie rechtzeitig gefunden, aber was Sie jetzt am dringendsten brauchen, ist Ruhe. Bastian kann Ihnen etwas gegen die Schmerzen geben, falls Sie das wünschen.«
Sie blickte ihren Mann selig lächelnd an, und dieser tätschelte Tucks Arm. »Das braucht Ihnen nicht peinlich zu sein, Mr. Case. Beth ist ausgebildete OP-Schwester. Ich fürchte allerdings, daß der Katheder noch ein paar Tage drinbleiben muß.«
»Da war noch ein anderer Kerl mit mir zusammen«, sagte Tuck. »Ein Filipino – er hat das Boot gesteuert.«
Der Doktor und die Krankenschwester warfen sich einen kurzen Blick zu, und für eine Sekunde rutschte ihnen die »Ozzie-and-Harriet«-Gemütsruhe aus dem Gesicht und verwandelte sich in Panik, doch einen Augenblick später hatten sie sich schon wieder gefangen und waren erneut am Turteln. Tuck war sich nicht einmal sehr sicher, ob er richtig gesehen hatte.
»Ich bedaure, doch die Inselbewohner haben sonst niemanden gefunden. Er muß im Sturm verschollen sein.«
»Aber der Baum. Er hing in dem Baum …«
Sanft legte Beth Curtis ihm einen Finger auf die Lippen. »Es tut mir leid, daß Sie Ihren Freund verloren haben, Mr. Case, aber Sie brauchen jetzt wirklich Ruhe. Ich bringe Ihnen bald etwas zu essen, und dann sehen wir, ob Sie feste Nahrung bei sich behalten können.«
Sie zog ihre Hand von ihm weg und legte ihrem Gatten den Arm um die Hüfte, während dieser eine Injektionsnadel in den Infusionsschlauch schob. »Wir kommen bald zurück und sehen nach Ihnen«, sagte der Doktor.
Tucker schaute ihnen nach, als sie gingen, und es blieb ihm nicht verborgen, daß Beth Curtis trotz all ihrer Unsere-kleine-Farm-Reinheit unter ihrer Schwesterntracht doch eine ganz nette Figur hatte. Einen Augenblick später fühlte er sich mies und schäbig, gerade so, als hätte er der Mutter eines Freundes nachgegeifert. Genauso wie damals, als er so besoffen war, daß er in seinem Übermut Mary Jean Dobbins angebaggert hatte.
Zum Teufel mit fester Nahrung! Gin – und zwar nicht zu knapp, auf Eis in rauhen Mengen –, das wäre genau das richtige. Dazu Tonic, um das Elend zu vertreiben, das er den miesen Träumen verdankte und dem Meer, auf dem Männer hilflos dahintrieben.
Tuck schaute sich in dem Zimmer um. Es war eine kleine Krankenstation. Nur vier Betten, aber die waren makellos sauber, was erstaunlich war, wenn man bedachte, wo man sich befand. An den Wänden standen auf Rollwagen diverse Geräte und Apparate herum, die einen mächtig komplizierten Eindruck machten, gerade so, als bräuchte man sie für schwierige Operationen oder um die Zündung an einem Toyota einzustellen. Er war sicher, daß Jake Skye gewußt hätte, wozu das ganze Zeug gut war. Er dachte wieder an den Lear-Jet und spürte, wie er erneut zu dösen begann.
Der Schlaf näherte sich mit dem Gesicht eines Kannibalen. Er träumte von Beinen, die verdreht wurden, und gelangte schließlich zu den eingeölten Brüsten eines braunhäutigen Mädchens, die über sein Gesicht strichen und nach Kokosnuß und Blumen dufteten. Auf dem Dach kratzte und schabte es, gefolgt von dem Bellen eines Flughundes. Doch Tuck hörte es nicht.
Der Schweinedieb war gefaßt worden, und Jefferson Pardee war gezwungen, einen neuen Aufmacher zu finden. Er saß an seinem Schreibtisch und brütete über den Notizen auf seinem gelben Block in der Hoffnung, daß ihn irgend etwas regelrecht anspringen würde. Doch allzuviel springende Punkte hatte er nicht vor sich. Seine Notizen besagten: »Schweinedieb gefaßt. Was jetzt?«
Man konnte alle Hinweise verfolgen, alles abklopfen und sich sämtliche Fakten von zwei Seiten bestätigen lassen, um anschließend die so gewonnenen Informationen sorgfältig zu strukturieren, bis sie die Form einer umgedrehten Pyramide hatten. Und was dabei herauskam, war: Der Besitzer des Schweines hatte sich betrunken und seine Frau verprügelt, woraufhin diese sein Schwein an den Bewohner einer abgelegenen Insel verkauft und von einem Fähnrich der CAT-Einheit einen gebrauchten Elektroschocker erstanden hatte. Als ihr Gatte das nächste Mal handgreiflich wurde, fand ihn kurz darauf eine Gruppe von japanischen Touristen im Straßenstaub – zuckend wie ein Streifen Frühstücksspeck in der
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