Himmelsgöttin
zu fliegen, sobald er mit seiner Arbeit hier fertig ist.«
Der Maat hatte noch nie gehört, daß Pardees Namen in einem Satz genannt worden wäre, in dem auch das Wort »Arbeit« vorkam. Es paßte irgendwie überhaupt nicht zusammen. Andererseits hatte er einen Job zu erledigen, und der Doktor zahlte die doppelte Frachtrate für diese Fässer. Er sagte: »Wird er für die Fahrt bezahlen?«
Curtis lächelte und zog ein Bündel Geldscheine aus der Tasche seiner Shorts. »Selbstverständlich. Er hat mich gebeten, Ihnen das Geld zu geben. Wieviel macht es?«
»Die einfache Fahrt von Truk hierher macht dreihundert.«
Der Doktor zählte einen Stapel Zwanziger ab und reichte sie dem Maat. »Hier sind sechshundert. Mr. Pardee hat mich gebeten, für Hin- und Rückfahrt zu bezahlen, denn ursprünglich hatte er es ja so ausgemacht.«
Der Maat starrte auf das Bündel Banknoten. Er kannte Jefferson Pardee nun schon seit zehn Jahren und hatte nie gehört, daß er jemals auch nur ein Bier spendiert hätte. Und nun gab er ihm dreihundert Dollar extra? Dreihundert Dollar, von denen die Schiffahrtsgesellschaft und der Kapitän nichts wußten. »Okay«, sagte er und schnappte sich das Geld, bevor die Mannschaft es sehen konnte. »Okay«, sagte er noch mal.
Er würde die ganze Mannschaft besoffen machen, und sie würden anstoßen auf die Großzügigkeit von Jefferson Pardee.
36
Rückkehr zum Himmel
Die Lear 45 war die normale Managerausführung mit Sitzen in gedämpften Blau- und Grautönen, die einander gegenüberstanden, und kleinen Arbeitstischen dazwischen. Aus irgendeinem Grund hatte Tucker etwas mehr aus dem Rahmen Fallendes erwartet: leuchtende Rummelplatzfarben und einen Affen in Stewardessenmontur oder so was. Vielleicht auch nackte Metallwände, um möglichst viel Frachtgut transportieren zu können. Oder Edelstahl und Email und komplizierteste medizinische Gerätschaften mit allen Schikanen. Aber Fehlanzeige. Das hier war nichts weiter als die stinknormale Standardausführung – die Familienkutsche sozusagen – eines Jets, für den man schlappe vier Millionen Dollar hinblätterte.
Er glitt auf den Pilotensitz, und ein Adrenalinschub rauschte durch seinen Körper, als ob dieser die Bruchlandung mit der pinkfarbenen Gulfstream noch einmal durchlebte. Am liebsten hätte er sich aus dem Staub gemacht, doch er zwang sich sitzen zu bleiben und ließ den Adrenalinschub sich soweit setzen, bis davon nur noch eine leichte Übelkeit übrig war. Dann ging er die Checkliste für die Startvorbereitungen durch. Alles schien normal; die Instrumente und Schalter waren dort, wo sie hingehörten. Er schaltete den Strom für die Anzeigen an, doch nichts geschah: keine Lämpchen, keine LEDs, nichts.
Er spürte, wie ein Ruck durch das Flugzeug ging, als jemand die Bordtreppe heraufkam, und ehe er sich's versah, streckte einer der Wachmänner den Arm um ihn herum und steckte einen zylindrischen Schlüssel in einen Schlitz auf der Instrumentenkonsole. Der Wachmann drehte den Schlüssel mehrmals, und mit einem leisen Brummen erwachte das Cockpit zum Leben.
»Das Ding hier hat einen Hauptschalter, mit dem man den Saft abdrehen kann?« fragte Tuck den Wachmann.
Der Wachmann zog den Schlüssel wieder ab und verließ wortlos das Flugzeug.
»War nett, mit dir zu plaudern«, sagte Tuck. Er hatte noch nie ein Flugzeug mit einem Zündschloß gesehen, und er war sicher, daß dies nicht zur Serienausstattung gehörte. Warum? Wer sollte ein Düsenflugzeug stehlen? Wer konnte so was? Ich zum Beispiel. Da haben wir's. Der Doktor hatte ein Zündschloß einbauen lassen, um ihn daran zu hindern, daß er noch mal so eine Nummer abzog wie in Seattle. Der Mistkerl von einem Missionar traute ihm nicht über den Weg!
Tuck checkte den Navigationscomputer. Er war, wie Beth Curtis ihm gesagt hatte, auf einen Landeplatz in Südjapan programmiert. Er schaute zu, wie die LEDs des Computers sich einschalteten und dabei anzeigten, daß die Verbindung zu den Satelliten hergestellt wurde, die notwendig waren, um die genaue Position des Flugzeugs festzustellen. Als drei der Anzeigen aufleuchteten, erschienen der Längen- und Breitengrad seiner derzeitigen Position auf dem Bildschirm, und nachdem der Kontakt zu einem vierten Satelliten hergestellt war, hatte er auch seine derzeitige Höhe: zweieinhalb Meter über dem Meeresspiegel. Er dachte an Kimi, der sich beim Navigieren an den Sternen orientierte, und seine Schuldgefühle versetzten ihm einen Stich,
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