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Himmelsgöttin

Himmelsgöttin

Titel: Himmelsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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keinerlei Reaktion.
    Auf seinem Weg zum Wasser sagte Tuck: »Ich hab gehört, die japanische Flagge soll eine gebrauchte Monatsbinde darstellen. Stimmt das?« Er warf einen Blick zurück über die Schulter, um zu sehen, ob sich jetzt vielleicht etwas tat, und in diesem Augenblick blieb er mit der einen Schwimmflosse an einem Felsen hängen. Einen Augenblick später lag er mit dem Gesicht nach unten auf dem Strand und spuckte Sand, während die Wachen lachten.
    »Arschloch«, hörte er einen von ihnen sagen, und einen Augenblick später war er wieder auf den Beinen und baute sich vor den Japanern auf wie eine riesige, tollwütige Ente.
    »Verpißt euch, ihr Idioten!«
    Der Wachmann, der zuvor gesprochen hatte, rührte sich nicht vom Fleck, doch sein Kollege machte ein paar Schritte rückwärts. Er sah ziemlich verloren aus ohne seine Uzi.
    »Was ist los, keine Maschinenpistole? Seid ihr kleinen Scheißer so beschäftigt gewesen, mir auf die Pelle zu rücken, daß ihr euer Spielzeug vergessen habt?« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, stieß Tuck dem Wachmann mit dem Zeigefinger gegen die Brust.
    Der Wachmann packte Tucks Finger, bog ihn zurück und zog ihm die Füße unter dem Körper weg. Er zog eine Glock Neun-Millimeter aus seinem Gürtel hervor und preßte Tuck die Mündung der Pistole an die Stirn, daß seine Haut weiß anlief. Der andere Wachmann blaffte etwas auf japanisch, machte dann einen Schritt vorwärts und trat Tuck in den Bauch. Tuck rollte sich zu einer Kugel zusammen, hielt instinktiv einen Arm vor das Gesicht und den anderen an die Seite gepreßt, um seine Nieren zu schützen. Er wartete auf den nächsten Schlag. Doch es kam keiner. Als er aufschaute, waren die Wachen auf dem Weg zurück in die Siedlung.
    Daß sie ihn nun endlich in Ruhe ließen, war zwar das von ihm erwünschte Ergebnis, doch der Weg dahin war steiniger gewesen, als er erwartet hatte. Tuck bewegte seinen Finger, um sicherzugehen, daß er nicht gebrochen war, und untersuchte dann den Stiefelabdruck unterhalb seines Brustkorbs. Dann brach sich sein Zorn Bahn, und seine Phantasie begann mit dem Schmieden von Racheplänen. Am leichtesten wäre es gewesen, dem Doktor von allem zu erzählen, aber Tuck war wie alle Männer konditioniert in der Ablehnung zweier Reaktionen: Man heult nicht, und man petzt nicht. Nein, es mußte etwas sein, das subtil war und elegant und schmerzhaft und vor allem erniedrigend.
    Beflügelt von neuer Energie – adrenalinbefeuerte Rachegelüste –, hechtete er ins Wasser. Er paddelte an der Innenseite des Riffs entlang und betrachtete die Seeanemonen, die in der Strömung pulsierten, während kleine Fische in Neonfarben zwischen den Korallen hin und her schossen wie leuchtende Pfeile. Der Ozean war so warm wie Badewasser, und nachdem er ein paar Minuten das Gesicht unter Wasser gehalten hatte, fühlte er sich völlig losgelöst von seinem Körper, und das Spiel der Farben unter ihm wurde undurchschaubar und bedeutungslos. Das einzige, was ihn an seine menschliche Natur erinnerte, waren das Geräusch seines Atems, der durch den Schnorchel rauschte, und die bildhaften Vorstellungen kalter Rache in seinem Geist.
    Er schaute an einer zerklüfteten Kante des Riffs hinab und sah einen mächtigen Schatten, der am Meeresgrund entlangglitt, doch bevor er sich überlegen konnte, ob er nun kämpfen oder in Panik verfallen sollte, erkannte er, daß es sich um den Schatten einer Loggerhead-Schildkröte handelte, die durch das Wasser schwebte wie der Engel eines Sauriers. Die Schildkröte umkreiste ihn und kam Tucker dabei so nahe, daß er sehen konnte, wie das silberdollargroße Auge des Wesens zuckte, als es ihn betrachtete. »Du gehörst nicht hierher«, sagte es. Und jener Teil von Tuck, der im Salzwasser seine Mutter gefunden zu haben glaubte, rebellierte, und er fühlte sich verletzlich und fehl am Platz, und ihm war kalt, und er hatte ein wenig den Eindruck, als habe er sich danebenbenommen – gerade so, als ob er bei einem Dinner mit Krawattenzwang erst beim Dessert festgestellt hätte, daß er im Pyjama gekommen war. Es war Zeit zu gehen.
    Er hob den Kopf aus dem Wasser, nahm den Maschenzaun ins Visier, der bis zum Strand reichte, und kraulte langsam auf das Ufer zu. Allmählich wurde das Wasser niedriger, und als er sich das Knie an einem Felsbrocken anschlug, erhob er sich und watete durch die Brandung, was mit Flossen an den Füßen nicht ganz einfach war, weil das zerklüftete Wasser ihn immer wieder

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