Himmelsgöttin
seewärts zog. Endlich aus dem Wasser heraus, ließ er sich in den Sand fallen und zog sich die Schwimmflossen aus. Ohne sich umzublicken schleuderte er sie hinter sich auf den Strand, und er hatte kaum einmal Atem geholt, als eine ohrenbetäubende Explosion ihn in die Höhe hob und ihn drei Meter weit durch die Luft schleuderte, bis er völlig verdutzt und atemlos wieder landete, während Klumpen feuchten Sands und Fetzen seiner Schwimmflosse auf ihn herunterrieselten.
Tucker kam zum Eingang der Klinik hereingestürmt, und hinter ihm breitete sich eine Spur von Sand und Wasser auf dem Betonfußboden aus. »Minen! Sie haben verfickte Landminen an Ihrem verfickten Strand eingebuddelt?«
Sebastian Curtis saß an einem Computer-Terminal. Er schaltete hastig den Bildschirm aus und wirbelte in seinem Stuhl herum. »Ich habe die Explosion gehört, aber es wäre nicht das erste Mal, daß Vögel oder Schildkröten eine ausgelöst hätten. Ist jemand verletzt worden?«
»Wenn man davon absieht, daß ich den Rest meines Lebens einen Pfeifton im Ohr haben werde und mein Schließmuskel sich erst wieder entspannt, wenn ich ein paar Jahre tot bin, nein, niemand ist verletzt worden. Was ich wissen will, ist, warum haben Sie Minen am Strand?«
»Beruhigen Sie sich, Mr. Case. Bitte, setzen Sie sich.« Der Doktor deutete auf einen Klappstuhl aus Metall. »Bitte.« Er machte einen traurigen Eindruck, absolut nicht verbissen oder fanatisch, wie man es bei einem Mann erwartet hätte, der einen tropischen Strand vermint. »Ich nehme an, es gibt ein paar Dinge, die Sie besser wissen sollten. Zunächst einmal habe ich hier etwas für Sie.« Er zog eine Schublade unterhalb der Tastatur auf, nahm einen Scheck heraus und reichte ihn Tuck.
Tuckers Wut legte sich ein wenig, als er den Betrag las. »Zehn Riesen? Wofür denn das?«
»Nennen Sie es eine Einstandsprämie. Beth hat erzählt, daß Sie Ihre Sache sehr gut gemacht haben.«
Tucker ließ den Scheck zwischen seinen Fingern hin- und hergleiten, wischte dann den Sand ab und betrachtete ihn erneut. Wenn er auch nur eine Spur von Selbstachtung besessen hätte, hätte er ihn dem Doktor ins Gesicht geschleudert. Hatte er aber nicht, war ja klar. »Das ist wirklich großartig, Doc. Zehn Riesen dafür, daß ich eine Kiste Wein abgeholt habe. Ich will gar nicht erst fragen, was in der Kühlbox war, die sie dem Kerl gegeben hat, aber ich wäre vor ein paar Minuten da unten am Strand fast umgekommen.«
»Ich bedauere das zutiefst. Um die ganze Insel herum liegt noch eine Menge japanischer Munition. Die Gegend am Ende des Zauns war früher ein Minenfeld. Die Angestellten und die Eingeborenen wissen, daß man sich da besser fernhält.«
»Nun ja, das hätten Sie mir gegenüber ja vielleicht auch mal erwähnen können.«
»Ich wollte Sie nicht beunruhigen. Ich habe zwei Männer vom Personal angewiesen, ein Auge auf Sie zu werfen und Sie von dieser Gegend fernzuhalten. Ich werde mich noch mal mit ihnen unterhalten.«
»Das ist nicht mehr nötig, ich habe mich selbst mit ihnen unterhalten. Und allmählich geht es mir auf die Nerven, daß sie mich die ganze Zeit bewachen.«
»Es dient nur Ihrer eigenen Sicherheit, wie Sie nun wohl auch einsehen werden.«
»Ich bin kein kleines Kind, und ich will auch nicht so behandelt werden. Ich will gehen, wohin ich will, wann ich will, und ich will nicht von einem Haufen Ninjas überwacht werden.«
Der Doktor saß mit einem Mal kerzengerade auf seinem Stuhl. »Warum benutzen Sie den Begriff Ninjas? Wer hat Ihnen gegenüber diesen Ausdruck für meine Mitarbeiter gebraucht?«
»Sehen Sie sie doch nur mal an. Es sind Japaner, sie tragen schwarze Klamotten, und sie treiben Kampfsport – zum Teufel, das einzige, was den Jungs fehlt, sind T-Shirts, auf denen steht: ›Frag mich was über die Ninjas‹. Ich nenne sie Ninjas, weil sie haargenau so aussehen. Krankenpfleger sind's jedenfalls garantiert keine.«
»Nein, sind sie auch nicht«, sagte Sebastian. »Aber ich fürchte, sie sind ein notwendiges Übel, gegen das ich im übrigen auch nicht viel tun kann.«
»Warum nicht? Es ist doch Ihre Insel?«
»Diese Insel gehört den Haifischmenschen. Und selbst die Klinik gehört nicht mir, Mr. Case. Außerdem werden wir – ich bin mir ganz sicher, daß Sie das mittlerweile ebenfalls erraten haben – auch nicht über den Missionsfonds der Methodisten finanziert.«
»Ja, so was habe ich mir auch schon überlegt.«
»Wir haben einige sehr mächtige Sponsoren
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