Himmelsjäger: Roman (German Edition)
zylindrisch angebrachten Öffnungen erstreckten sich die großen Fusionskammern: dicke, gerippte Fässer, die ihre Energie in die Schubmodule leiteten. Umgeben waren sie von einem Gerüst aus großen, gelben Treibstoffbehältern, die das Biest füttern sollten, bis es den interstellaren Raum erreichte. Anschließend würde es in einer magnetischen Blase durch die Jahrhunderte gleiten, geschützt vor dem Protonenhagel voraus. Die SunSeeker war ein Hai, der Lichtjahre fressen würde.
Sie alle waren mit ihr zur Oort’schen Wolke geflogen, hatten das Triebwerk erprobt und weitere Fehler entdeckt, selbst nach den vierzehn Testschiffen vor ihr. Sie hatten spezielle AI-Systeme eingesetzt, Mängel in Hardware, Software und Konzepten gefunden und behoben. Während der ersten Generationen interstellarer Raumfahrt lief jedes neue Schiff auf ein Experiment hinaus. Mit jedem neuen Modell lernten die Ingenieure und Wissenschaftler dazu, und das Ergebnis bestand aus besseren Schiffen. Direkte Evolution auf der Überholspur.
Jetzt stand die wirklich große Reise bevor, in die Tiefen des Alls. Für die Menschen, die sich mit der SunSeeker auf den Weg machten, bedeutete es auch eine Reise durch die Zeit, weit in die Zukunft – sie ließen alles hinter sich zurück.
»Sie ist wunderschön, nicht wahr?«, erklang hinter ihnen die Stimme eines Mannes.
Sie gehörte Karl, dem schlaksigen leitenden Flugingenieur. Er hatte einen Arm um Mei Ling geschlungen und rote Flecken im Gesicht, schien nach all der Knutscherei nicht ganz da zu sein. Mei Lings Augen glänzten, und sie wirkte sehr fröhlich, richtig aufgekratzt.
Mit einem Blick zur Seite sagte Beth: »Ja, und wir verlassen uns darauf, dass du sie glücklich machst.«
»Oh, das werde ich«, erwiderte Karl, ohne die doppelte Bedeutung zu erkennen. »Sie ist ein großartiges Schiff.«
Mei Ling hingegen hatte verstanden, wölbte eine Braue und nickte. »Wir nehmen Abschied von der Welt. Wie man wohl über uns denkt, wenn wir das Ziel erreichen?«
»Ich möchte gern für die älteste Frau der Welt gehalten werden«, sagte Beth.
Sie lachten. Mei Ling wandte sich an Cliff. »Es fällt schwer, von allem Abschied zu nehmen, nicht wahr? Du hast praktisch den ganzen Abend hier am Schirm gestanden und nach draußen gesehen.«
Mei Ling hatte immer ein besonderes Gespür dafür gehabt, was Menschen bewegte, erinnerte er sich. Bestimmt verstand sie, dass er jetzt etwas Fröhlichkeit brauchte. Was für sie alle galt. »Äh, ja. Ich schätze, ich bin ein Mann von Welt. Ich weiß nur nicht recht, von welcher Welt.«
Sie alle nickten ernst. Und dann, mit einem schnellen Lächeln, zeigte Karl seinen neuesten Trick. In der geringen zentrifugalen Schwerkraft schenkte er dunkelroten Wein ein, indem er ihn aus der Flasche fallen ließ und dann im richtigen Moment mit einem Tafelmesser schnitt, bevor der Wein das Glas erreichte. Drei schnelle Schnitte, und Mei Ling hielt die Gläser bereit.
»Beeindruckend«, sagte Beth. Sie tranken.
»Es gibt Neuigkeiten«, sagte Karl. »Was die Gravitationswellen bei Glory betrifft … Sie enthalten keine Signale. Es ist nur ein Rauschen, weiter nichts.«
»Wie hilft uns das?«, fragte Beth. Cliff konnte ihrem Gesichtsausdruck entnehmen, dass sie Karl nicht mochte, aber Karl selbst würde das nie erfahren.
»Es bedeutet zum einen, dass es auf Glory keine Superzivilisation gibt.«
»Wir wissen bereits, dass keine elektromagnetischen Signale existieren«, sagte Mei Ling.
»Stimmt«, bestätigte Karl. »Aber vielleicht gehen von wirklich hoch entwickelten Zivilisationen keine …«
»He, dies ist eine Party!«, verkündete Beth fröhlich. Karl begriff, zuckte die Schultern und führte Mei Ling fort, die nicht mehr ganz gerade ging.
»Wie herzlos von dir«, kommentierte Cliff.
»He, wir werden ihn die nächsten Jahrhunderte nicht sehen.«
»Aber es wird uns trotzdem wie letzte Woche vorkommen.«
»Angeblich. Was hältst du von den Gravitationswellen?«
In diesem Moment erklang die Stimme eines Sektionsleiters, der sich ein Mikrofon geschnappt hatte, um sich trotz des Partylärms Gehör zu verschaffen. »Wir haben gerade Startglückwünsche von Alpha Centauri empfangen, Leute! Sie wünschen uns viel Erfolg.«
Einige klatschten, und dann ging die Party weiter.
»Nette Geste«, sagte Beth. »Sie müssen die Nachricht vor vier Jahren geschickt haben.«
»Vermutlich traf sie schon vor einem Jahr ein, und man hat sie bis jetzt zurückgehalten«, sagte
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