Himmelsjäger: Roman (German Edition)
sind die Emissionen, die ich in einer Karte verzeichnet habe.«
»Hm.« Cliff rümpfte die Nase und versuchte, wie ein Astro zu denken. »Ein Jet von einem Stern. Und er ist nicht plötzlich auf dich zugesprungen?«
Abduss presste kurz die Lippen zusammen, ging aber nicht darauf ein. »Zuerst haben wir den Stern nicht einmal gesehen .«
Meine Güte, dachte Cliff und schwieg.
»Es gab viel zu messen. Auf den Jet achteten wir kaum, denn er schien nicht weiter wichtig zu sein. Doch jetzt lässt sich erkennen, dass er mit dem roten Stern verbunden ist – der plötzlich erschien.«
Cliff nickte, lächelte und versuchte, den Ärger des Mannes zu entschärfen. »Durchaus verständlich. Unsere Probleme liegen innerhalb dieses Schiffes, nicht außerhalb davon. Also … Der Stern erschien plötzlich, weil er hinter dem Rand dieses … Dings hervorkam.«
»Wir waren besorgt«, sagte Mayra.
»Und vorher hat niemand die rote Sonne bemerkt? Keine andere Wache?«
Abduss blinzelte langsam. »Wir konnten sie nicht sehen.«
Cliff zuckte die Schultern. Die mittlere Vergrößerung zeigte den Stern als Scheibe – er musste recht nahe sein. Und er befand sich an der Spitze eines weitaus größeren Lichtbogens. Eine gewöhnliche Sonne, klein und rot. Er sah Mayra an und wölbte eine Braue.
»Die Spektralklasse ist F9«, sagte Mayra. »Die Plasmafahne bedeutet wahrscheinlich, dass der Stern vor kurzer Zeit aktiv gewesen ist. Bei jungen Sternen ist dies oft zu beobachten.« In der Vergrößerung sah die ausgestoßene Materie für Cliff wie ein dünner Nebel aus, trüb und alt.
»Aber wir wissen nicht, ob es sich um einen jungen Stern handelt«, sagte er.
»Nein. Sterne dieser Klasse werden sehr alt.«
Cliff hatte sich nie sehr mit dem Schicksal gescheiterter Sterne befasst, die ihre Materie ins All schleuderten oder gar explodierten. Es war zweifellos spektakulär und leicht an die Medien zu verkaufen, doch Biologie erforderte ein stabiles Domizil. Dennoch ging er sofort davon aus, dass die Wolke aus Resten einer früheren Phase im Leben des Sterns bestand, vielleicht das Ergebnis eines besonders heftigen koronalen Masseauswurfs. Aber es blieb nicht mehr als eine Vermutung, denn dies war nicht sein Fachgebiet. Die Details stellarer Evolution hatten ihn nie sehr interessiert, denn sie standen kaum in Zusammenhang mit seiner Spezialität, der Entwicklung höherer Lebensformen auf erdähnlichen Welten. Eine recht abstrakte Disziplin, bis zu den Alpha-Centauri-Entdeckungen einer einfachen Ökologie. Das hatte ihn zum Projekt Glory geführt; Beth war eine ebenso unerwartete wie glückliche Zugabe.
Cliff hob und senkte die Schultern. »Leuchtendes Gas von einem kleinen Stern. Und deshalb habt ihr mich geweckt?«
»Du bist der ranghöchste Wissenschaftler«, sagte Abduss.
»Und dein Fachgebiet könnte sich als relevant erweisen«, fügte Mayra hinzu.
Diese Bemerkung verwirrte Cliff. Er war hungrig, müde und enttäuscht. Hinzu kamen eine wunde Kehle und Verärgerung. Er holte tief Luft. »Ich soll Glorys Biologie untersuchen und nicht geweckt werden, um die Fragen der Wache zu beantworten!«
Die beiden Wickramsinghs blinzelten überrascht. Cliff fragte sich, ob er mehr zeigte als die Gereiztheit nach dem Erwachen, vor der man sie alle gewarnt hatte. Der Kälteschlaf galt als sicher, im Großen und Ganzen, aber mit dem Wecken sah es etwas anders aus. Für jedes dem Hibernationszyklus unterliegende Besatzungsmitglied existierte beim Erwachen ein zwei Prozent großes Risiko subtiler neurologischer Schäden – diesen Preis musste man zahlen, wenn man zu den Sternen wollte. Weil die Wickramsinghs Cliff geweckt hatten, war dieses Risiko doppelt so groß für ihn geworden. Er würde in den Eisschlaf zurückkehren, wenn er getan hatte, was sie von ihm erwarteten. Als er Führungsoffizier geworden war, hatte er die Möglichkeit akzeptiert, mehrmals geweckt und wieder eingefroren zu werden, aber es war eine rein theoretische Möglichkeit gewesen, etwas, womit niemand wirklich rechnete.
Außerdem konnte kein Schläfer sofort nach der Wiederbelebung in die Hibernation zurückkehren. Die damit verbundenen medizinischen Gefahren waren zu groß. Es bedeutete für Cliff, dass er mindestens einen Monat in den engen, lauten Quartieren des Raumschiffs verbringen und sich von den faden Lebensmitteln ernähren musste, die die ponischen Tanks produzierten. Dem beständigen Grollen des Fusionsreaktors konnte man nicht entkommen, und es gab keine
Weitere Kostenlose Bücher