Himmelsjäger: Roman (German Edition)
die Wickramsinghs hatten recht: Wenn man Probleme sah, war es besser, Hilfe zu holen. Doch nichts hatte Cliff auf so etwas vorbereitet. Wie dem auch sei, all das spielte jetzt keine Rolle mehr.
Die Wissenschaft hatte jahrhundertelang über Intelligenz spekuliert, während Sonden eine tote Welt nach der anderen untersuchten. Die Big-Eye-Teleskope des einundzwanzigsten Jahrhunderts hatten warme Gesteinsplaneten gefunden, die der Erde ähnelten, und bei manchen von ihnen Sauerstoff verheißende Spektrallinien von Ozon festgestellt. Doch dort endeten auch schon die Verheißungen. Hier und dort gediehen Schleimpilze in tiefen Höhlen, oder ein Meer enthielt einfache Lebensformen, Zellkolonien, die sich noch nicht zu komplexeren Organismen zusammengefügt hatten, wie auf der Erde vor mehr als einer Milliarde Jahren. O ja, es gab Leben dort draußen, das wusste man, aber es war … langweiliges Leben.
Ein Artefakt von solchen Ausmaßen zu entdecken … Es war unfassbar.
Nach einer Weile sagte Abduss fast beiläufig: »Es gibt noch mehr. Der eigentliche Grund, warum wir es für notwendig hielten, dich zu wecken. Wir haben schmalbandige Mikrowellensignale vom nahen Stern geortet.«
Cliff begriff: Er hätte so etwas kommen sehen sollen. »Codiert?«
»Ja. Es könnten Sendungen aus der Nähe des Lochs in der Mitte sein – der Winkel ist richtig –, und wir bekommen einige verstreute Echos.«
»Versuchen die Fremden, sich mit uns in Verbindung zu setzen?«
»Dafür gibt es bisher keine konkreten Anhaltspunkte, nein«, sagte Mayra. »Wir haben es mit vielen Sendungen zu tun, nicht mit einer einzelnen Signalkette. Es sieht nach Gesprächen aus.«
»Vielleicht wissen sie gar nicht, dass wir hier sind.«
»Ich denke, wir müssten den Kommunikationsverkehr hören können, wenn wir in Sichtweite der Öffnung sind. Möglicherweise kommen die Signale von der anderen Seite der Halbkugel und lecken durch das Loch. Es sind keine für andere bestimmten Sendungen, soweit wir das feststellen können. Und sie bleiben unverständlich, zumindest für uns.«
Cliff musterte die beiden Wickramsinghs. »Nach den Protokollen war es tatsächlich gerechtfertigt, dass ihr mich geweckt habt. Aber dies ist mehr, als sich jemand bei der Festlegung der Protokolle vorstellen konnte …« Er war nun seit einem Tag wach und noch immer benommen. Und Cliff fror; er rieb sich die Arme, um den Blutkreislauf zu stimulieren. »Ich frage mich allerdings, ob ihr mich nicht ein wenig zu früh geweckt habt. Wir haben es noch nicht mit Pflanzen und Tieren zu tun. Wenn wir zu viele von uns aus dem Kälteschlaf holen …«
»Ja«, sagte Abduss.
»Dann werden die Vorräte knapp.«
»Sie sind bereits knapp«, sagte Mayra. »Das ist das andere Problem. Wir fanden, dass es höchste Zeit wurde, den Captain zu wecken.«
»Und ihr habt sein Erwachen eingeleitet, kurz nach meinem? Nun gut, schließlich ist mein zweites Fachgebiet Ernährung und Schiffsbiologie. Vor allem aber bin ich Feldbiologe. Gleich zwei Gründe, mich zu wecken, verstehe. Und den Captain, um alle anderen Implikationen abzudecken. Klar.«
»Und jetzt ist es uns eine Freude, beide Probleme euch zu übergeben.« Abduss schenkte ihm ein breites Lächeln, das ohne jede Ironie war. Mayra strahlte ebenfalls. Sie hatten sich dieser Sache zusammen gestellt, und das Gewicht der Verantwortung zeigte sich in ihrer Erleichterung.
Es dauerte nicht lange, bis klar wurde, warum die Wickramsinghs dies Cliff und dem Captain überließen.
Die Gelegenheit: ein Artefakt von gigantischen Ausmaßen.
Das Problem: Die Systeme der SunSeeker funktionierten nicht nach Plan. Der Ramscoop-Antrieb hatte das Schiff auf eine Geschwindigkeit von 0,081 Licht gebracht, nicht auf 0,095 Licht, wie von der technischen Abteilung versprochen.
Es war kein großer Unterschied, doch bei einer langen Reise konnte er große Auswirkungen haben. Bei einer Geschwindigkeit von 0,081 Licht würde der Flug 550 Jahre dauern; die Vorräte reichten aber nur für 500.
In der frühen Raumfahrt war der Sicherheitsspielraum stets sehr gering gewesen. Die Flüge zum Mond waren bei sechs von sieben Versuchen auf ein Wunder hinausgelaufen. Ein Vierteljahrhundert lang hatte man primitive Raumfähren verwendet und erst etwas Besseres entwickelt, nachdem zwei von ihnen verloren gegangen waren. Die interplanetare Raumfahrt blieb hart an der Schmerzgrenze und die interstellare reine Glückssache. Aber es gab immer Menschen, die sich trotz all der
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