Himmelssöhne - Das Erbe der Asaru (German Edition)
gibts?“
„Wir möchten ein Boot mieten.“
„Wollt ihr angeln, oder Wale streicheln?“ Die Arbeiter sahen sich mit breitem Grinsen an.
Grace bemerkte den Hohn, behielt jedoch die Beherrschung und überlegte kurz. „Wir wollen Wale beobachten. Fotografieren.“
„Naturschützer, was? Entschuldigen Sie bitte, aber Sie sehen echt so aus.“
„Ist das ein Problem für Sie?“
Er schüttelte den Kopf. „Für mich nicht. Aber Sie sollten sich beeilen mit Fotografieren. Die Japaner sind schon unterwegs. Fangsaison!“
Grace wurde wütend, ihr Ton rauer. „Die sollen zur Hölle fahren! Was ist jetzt, wo bekommen wir ein Boot?“
„Ist ja gut. Sie sollten es bei den kleineren versuchen, die nehmen oft Touristen mit zum Angeln. Die großen Schiffe haben keine Zeit für so was.“
„Vielen Dank“, sagte Grace, ohne ein Lächeln zu verlieren. Schnellen Schrittes marschierte sie los. Jack lief sofort hinterher.
„Was hast du denn? Sie haben uns doch geholfen.“
Grace blickte kurz nach hinten. „Unter geholfen verstehe ich etwas anderes. Es kommt mir so vor, als sei es denen scheißegal, dass vor ihren Augen Wale abgeschlachtet werden. Und besonders freundlich waren die auch nicht gerade.“
„Man muss das verstehen“, meinte Jack. „Töten gehört zu ihrem Handwerk, die machen das Tag für Tag. Wahrscheinlich macht es für die gar keinen Unterschied, ob sie einer Makrele oder einem Wal den Kopf abhacken.“
„Für solch ein Verhalten habe ich nicht das geringste Verständnis! Und das tut mir auch nicht leid! Am liebsten hätte ich ihnen gesteckt, worum es uns in Wirklichkeit geht, dann wäre ihnen das dämliche Gegrinse im Hals stecken geblieben.“
Mit hartem Griff packte Jack Grace am Oberarm und riss sie mit sich. „Runter von der Straße! Schnell!“, sagte er verschreckt.
Sie suchten Schutz zwischen zwei Schiffscontainern, die wohl schon vor langer Zeit ihren Platz am Wegesrand gefunden hatten. Dicker Rost hatte sich unter den dunkelblauen Anstrich gefressen und ihn großflächig abblättern lassen. Grace war völlig überrumpelt. Sie stürzte, wollte wieder aufstehen.
„Bleib liegen!“, befahl Jack, drückte sie nach unten und sank ebenfalls auf die Knie, um hinter dem hochgewachsenen Unkraut nicht gesehen zu werden.
„Was ist los, verdammt?“
„Militär! Zwei Jeeps von der britischen Armee. Die fahren gleich an uns vorbei … hoffe ich jedenfalls.“
Grace sah ihn mit großen Augen an. „Du denkst, die suchen nach uns?“ Die Angst der letzten Tage kehrte in sie zurück.
Sie zitterte.
„Keine Ahnung. Vielleicht ist das auch nur eine ganz harmlose Patrouille. Aber sicher ist sicher, wir dürfen kein Risiko eingehen! Kopf runter!“
Langsam fuhren die Jeeps an ihnen vorbei. Die beiden verharrten noch eine Weile, bevor sie sich erhoben und auf die Straße spähten. Die Fahrzeuge entfernten sich mit unverminderter Geschwindigkeit. Erleichtert verließen sie ihr Versteck.
„Wir müssen verdammt aufpassen, dass wir nicht kurz vor dem Ziel noch geschnappt werden!“, sagte Jack, während er sich den Schmutz von den Knien entfernte. „Du darfst nicht vergessen, dass wir illegal auf der Insel sind. Wenn wir nicht wieder auf das Kreuzfahrtschiff gehen, müssten wir uns ein Visum besorgen, um hierzubleiben. Dann würden wir sofort auffliegen.“
„Hast ja recht. Ich hatte die Fahrzeuge gar nicht bemerkt, weil ich nur auf die Boote fixiert war.“
Sie gingen weiter die Promenade entlang. Seit wenigen Augenblicken begleitet vom Wissen um die allgegenwärtige Gefahr, die überall lauern konnte. Aufmerksam beobachteten sie ihr Umfeld in allen Richtungen. Voller Hoffnung unterbreitete Grace dem einen oder anderen Schiffseigner ihr Anliegen, doch von Erfolg bisher keine Spur. Entweder waren die Boote für die lange Überfahrt nicht geeignet, ausgebucht oder sie beförderten grundsätzlich keine Touristen.
Plötzlich stoppte Jack, hielt Grace mit ausgestrecktem Arm zurück. „Das glaub’ ich jetzt nicht!“
„Was glaubst du nicht?“
Er sah sie erstaunt an. „Denkst du, dass es einen Wink des Schicksals gibt?“
„Ja, manchmal schon. Was ist denn? Sag doch!“
Jack zeigte auf einen betagten Kutter, vielmehr auf den Schriftzug, der sich in weißen Lettern auf den von unzähligen Brechern geschundenen Holzplanken des Bugs präsentierte.
Grace war angenehm überrascht. Sofort erkannte sie, was Jack mit seiner Andeutung meinte. „Philomena“, sagte sie leise und sah ihren
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