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Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)

Titel: Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Baumgartner
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gefangen in der Tatsache, dass ich eigentlich der Held dieses Projektes sein sollte, in den vergangenen 20, 25 Jahren immer meine Leistung erbracht habe, für viele in der Fallschirm- und Base-Jumping-Szene als Alleskönner bekannt war – und dann scheitere ich an der Hürde Anzug. Ich versage am Boden, nicht in 39 Kilometern Höhe beim Sprung aus einer Kapsel am Rande des Weltalls. Was für ein Desaster!
    Zwei Jahre lang habe ich mich und mein Team ausgetrickst. Ich habe immer geschaut, dass ich die Etappen im Anzug kurz halte. Natürlich wäre es besser gewesen, wenn ich mehr Zeit darin verbracht, mich selbst gezwungen hätte: Heute mache ich eine ganze Stunde, auch wenn ich offiziell nur eine halbe Stunde drin sein muss. Aber ich habe es immer in die Gegenrichtung getrieben, geschaut, dass ich schnell rauskomme, mir Ausreden einfallen lassen. Das Team hat sich nichts dabei gedacht. Sie nahmen an: Wenn er ein Problem im Anzug haben sollte, dann schon in den ersten fünf Minuten. Das war bei mir nicht so. Ich habe mich nicht superwohl gefühlt, aber in den ersten zehn Minuten war es auch kein wirkliches Problem. Und viel länger hat das erste Mal nicht gedauert. Danach habe ich mir Tricks einfallen lassen wie: »Kann ich kurz das Visier aufmachen, um besser sprechen zu können?« Der schlimmste Moment ist nämlich, wenn der Helm geschlossen wird. Dann bist du in deiner eigenen Welt in diesem Anzug. Mit offenem Visier ist man weniger gefangen da drin. Ich habe mir gedacht: Irgendwann kommt der Tag, an dem ich den Anzug anlege und sage: Okay, easy. Dieser Tag ist leider nicht gekommen.
    Und so packe ich nun nach der schlaflosen Nacht in Santa Monica meine Sachen, sperre das Zimmer ab und denke: Du verlässt jetzt alles, wofür du gearbeitet hast. 25 Jahre lang habe ich mich indirekt für dieses Projekt vorbereitet. Jeder Sprung war ein Baustein, ein Teil des Ganzen. Ich steige ins Auto. Bestimmt 50 Mal bin ich hier schon zum Flughafen gefahren, aber diesmal läuft es ab wie in Zeitlupe, wie in Trance. Ich nehme die Lichter in der Nacht ganz anders wahr. Ich fliege heim, lasse alles hinter mir. Ich kann nicht zurück, muss mir Luft verschaffen, ohne Rücksicht auf das, was ich damit auslöse. Ich muss jetzt mal an mich denken.
    Ein Telefonat. Es ist immer einfacher, wenn man jemandem nicht in die Augen sehen muss. Ich sage: »Jungs, ich habe Probleme mit dem Anzug. Ich weiß, das kommt ein bisschen spät. Aber ich muss zurück nach Österreich, ich brauche mein gewohntes Umfeld: Eltern, Freundin, Menschen, bei denen ich mich wohlfühle.«
    Hier sind im Laufe der Zeit alle zu Feinden geworden. Joe Kittinger, Art Thompson, die Leute, die für mich arbeiten: alles Feinde – weil sie mit meinem Problem zu tun haben. Weil sie wollen, dass ich fünf Stunden in diesem Anzug verbringe. Diese Folterknechte!
    Am Flughafen rufe ich Art an, unseren Projektleiter, und beichte ihm alles. Er schreit und flucht nicht, sagt nur: »Warte, ich komme!« Ich sitze in einer Ecke und heule Rotz und Wasser. Die Leute schauen, ein Polizist kommt zu mir und fragt, ob alles okay ist. Nein. Ist es nicht. Ich gebe auf. Ich bin am Ende, am tiefsten Punkt meines höchsten Sprungs.

Pfannkuchen vom Vortag – wie ich Red-Bull-Athlet wurde
    Das Headquarter des Weltkonzerns Red Bull liegt heute in Fuschl am See unweit von Salzburg. Dort arbeiten rund 500 der weltweit 9000 Angestellten am Erfolg des führenden Anbieters für Energy-Drinks. Zu Beginn der 1980er-Jahre, als der Konzern gegründet wurde, residierte Red Bull noch nicht am Fuschlsee, sondern in Salzburg in der Alpenstraße. Im oberen Stock der Berger Bank hatte Dietrich Mateschitz sein Büro. Kennengelernt habe ich den Mann, der 1944 in Sankt Marein in der Steiermark zur Welt kam und mit Red Bull die Welt der Energy-Drinks eroberte, über den Heeressportverein Salzburg. Dieser trägt heute den Namen HSV Red Bull Salzburg.
    Mit dem Fallschirmspringen habe ich 1986 begonnen, mit 16 Jahren, als Zivilperson beim Heeressportverein unter der Anleitung des Vereinschefs Roland Rettenbacher. Zwei Jahre später verpflichtete ich mich beim Bundesheer und kam nach einer Zeit als Panzerfahrer und Ausbilder ins hochprofessionell betriebene Leistungszentrum der Fallschirmspringer nach Wiener Neustadt. Neben dem Fallschirmspringen lernte ich dort auch Boxen, weil mir nach Dienstschluss oft langweilig war. Ich brachte es sogar zu einem Profikampf, am 5. August 1992 gegen einen Kroaten, der in der ersten

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