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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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entlassen war und Svetlana widerstrebend einigen Erleichterungen für Bella zugestimmt hatte.
    Sechs Jahre nach der Siedlungsgründung waren viele Wunden immer noch nicht verheilt. Die Kolonisten wurstelten sich Monat um Monat durch, als wären die alten Konflikte längst Geschichte. Für viele waren sie das auch – vor allem für jene, die geheiratet und Kinder bekommen hatten. Doch ein paar konnten die Vergangenheit einfach nicht ruhen lassen. Immer wieder geschah etwas, das Svetlana daran erinnerte, dass die Krise an Bord der Rockhopper noch lange nicht vergessen war, dass sie es nie sein würde. Auch wenn die Unruhestifter nicht die Absicht hatten, etwas an den politischen Verhältnissen in Crabtree zu ändern, gab es immer noch viele offene Rechnungen.
    Die meiste Zeit ging es nicht über Drohungen und Einschüchterungen hinaus, aber gelegentlich ereignete sich etwas von größerer Tragweite. Jeder Unfalltod auf Janus musste im Licht der Vergangenheit untersucht werden. Meredith Bagley war das letzte bedauernswerte Opfer gewesen. Sie hatte Routinereparaturen in der Zentrifuge durchgeführt und tief im Antriebsmechanismus gesteckt, als sich die Zentrifuge plötzlich in Bewegung gesetzt hatte. Die vorläufige Untersuchung hatte ergeben, dass bestimmte Sicherheitssperren nicht eingestellt worden waren, was darauf hindeutete, dass sie zu sehr in Eile gewesen war.
    Meredith Bagley war als gewissenhafte und gründliche Arbeiterin bekannt, aber es gab da noch die Geschichte, wie Bella mit Bagleys Hilfe hinter Svetlanas Rücken die Treibstoffdaten im Schwitzkasten überprüft hatte. Svetlanas Verbündete hatten ihre sichtbare Kooperation als eine Art Verrat betrachtet. Die meisten hätten Bagley längst verziehen – sie war jung, erst vor kurzem an Bord gekommen und durfte es sich nicht erlauben, einen direkten Befehl zu verweigern –, und die meisten anderen begnügten sich damit, ihr die kalte Schulter zu zeigen. Aber damit bestand weiterhin die Möglichkeit, dass ein harter Kern der Ansicht war, dass man Bagley nicht angemessen bestraft hatte. Leute, die überzeugt waren, Svetlanas unausgesprochenen Wunsch zu erfüllen. Es gab bereits Gerüchte, dass Svetlana keineswegs unglücklich über diesen Vorfall war.
    Mit hoher Wahrscheinlichkeit war es genau das, wonach es aussah – ein Unfall und kein Mord. Selbst gute Arbeiter wurden nachlässig, wenn sie unter Zeitdruck standen und jemand sie anschrie, dass die Zentrifuge ganz schnell wieder zum Laufen gebracht werden musste. Doch man durfte die Möglichkeit eines Mordes nicht von vornherein ausschließen. Der Justizausschuss musste alle offenen Fragen klären, bevor die Akte geschlossen werden konnte.
    Bagley war nur einer von mehreren Fällen. Jeder Unfalltod wurde mit der gleichen Gründlichkeit untersucht. Verdächtige wurden ins Habitat gebracht und befragt. Niemandem gefiel es, und es trug auch nicht dazu bei, die alten Konflikte in Vergessenheit geraten zu lassen, aber es war nicht die Aufgabe des Gerichts, die Vergangenheit zu begraben.
    Es wurde auch nicht leichter, wenn sie mit Männern wie Thale zu tun hatte. Er hatte sehr deutlich Farbe bekannt, als er versucht hatte, Bella aus dem Gefängnis zu befreien. Es gab keinen Zweifel, wem seine Loyalität galt, dachte Svetlana bissig. Aber niemand anderer auf Janus hatte mehr Zeit mit dem Studium der Lavastraßen verbracht als Nick Thale, und die Kenntnisse, die er zusammengetragen hatte, waren einfach zu wertvoll.
    Nicht zum ersten Mal war Svetlana dankbar, Parry zu haben. Er war das einzige Besatzungsmitglied, mit dem niemand ein Problem hatte. Die Lind-Anhänger wussten, dass er großzügig zu Bella gewesen war, sodass sie ihm seine Partnerwahl verziehen. Selbst Nick Thale schien in seiner Gegenwart völlig entspannt zu sein – auf jeden Fall mehr als in Svetlanas Nähe.
    Trotzdem würde sie froh sein, wenn diese Expedition vorbei war.
    Sie konnten jetzt den Transporter erkennen, der ein Stück hinter dem Knick festsaß. Es war das erste Mal, dass sie einen aus der Nähe sah. Normalerweise bewegten sie sich so schnell, dass das menschliche Auge ihnen nicht folgen konnte. Nachdem der Gesteinsbrocken ihn aus der Bahn geworfen hatte, war dieser Transporter abrupt zum Stehen gebracht worden und steckte nun in einem Maschinenteil. Die äußere Gestalt war sehr einfach, zwei dicke, münzenförmige Endplatten, zwischen denen sich ein Suspensionsfeld mit der »Fracht« ausdehnte. Aber dieser Transporter war

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