Himmelssturz
zu werden«, sagte er.
Sie sah ihn verständnislos an. »Worüber?«
»Wenn es eine Veränderung gibt.«
»Wobei?«, fragte sie mit hörbarer Ungeduld.
Axfords abgemagertes Gesicht verzog sich amüsiert. »Du erinnerst dich kaum noch daran, nicht wahr? Er ist schon so lange hier, ohne sich zu verändern …«
Ihr Unterkiefer klappte herunter. »Craig?«
Für einen kurzen Moment ließ jungenhafter Enthusiasmus die Jahre von ihm abfallen, und sie erkannte wieder etwas vom Ryan Axford, wie er früher gewesen war. »Er kommt zurück, Svieta. Nach all den Jahren habe ich heute etwas Menschliches in seinen Augen gesehen. Ich glaube, es gibt doch wieder Hoffnung.«
»Spricht er?«
»Ein gelegentliches Wort, manchmal sogar einen Satz. Das ist mehr, als wir je erwartet oder erhofft haben.«
Svetlana war überrascht, wie sehr sie sich darüber freute. An Bord der Rockhopper war sie mit Schrope nie einer Meinung gewesen, und sein strategisches Bündnis mit ihr war so offensichtlich eigennützig gewesen, dass er sich damit bei ihr kaum Respekt verschafft hatte. Aber wenn sie sah, was seitdem aus Schrope geworden war, konnte sie nur tiefes Mitgefühl empfinden.
»Was ist passiert?«, fragte sie.
»Die Zeit«, sagte Axford. »Die alle Wunden heilt. Darin liegt viel Wahrheit, weißt du. Und das Einzige, was ich mit Sicherheit diagnostizieren kann, ist die Tatsache, dass er sehr viel Zeit gehabt hat.«
»Kann ich ihn sehen?«
»Es wäre nicht schlecht, wenn er ein paar neue Gesichter sehen würde. Das könnte ihm helfen.« Er hob warnend einen Finger. »Aber überstürze nichts. Er steht noch ganz am Anfang, und ich möchte nicht, dass er sich wieder in sein Schneckenhaus zurückzieht.«
Axford führte sie in den Raum, in dem Schrope untergebracht war. Svetlana blieb zögernd an der hohen Tür mit dem kleinen Fenster stehen.
»Vielleicht ist es doch keine so gute Idee, Ryan. Wie viel weiß er tatsächlich?«
»Einerseits mehr und andererseits weniger, als du glaubst.«
»Ich habe nicht viele gute Neuigkeiten für ihn. Falls er glaubt, dass wir demnächst zur Erde zurückkehren …«
»Das glaubt er nicht«, antwortete Axford leise. »Dafür habe ich gesorgt. Du musst keinen großen Bogen um die Wahrheit machen. Geh es einfach langsam an. Einen Schritt nach dem anderen.«
»Ich werde vorsichtig sein.«
Schrope stand auf, als sie das Zimmer betrat. Er hatte auf einem Stuhl neben einem kleinen Nachttisch gesessen. Er legte ein Buch weg, keinen Text auf einem Flextop, sondern eins der wenigen tatsächlich gedruckten Bücher, die sich an Bord der Rockhopper befunden hatten und nun eine wertvolle Bibliothek bildeten, wie die kostbare Sammlung eines mittelalterlichen Gelehrten. Es war ein eselsohriger Justizthriller mit dem Titel Die Firma.
»Hallo«, sagte Schrope.
»Schön, dich zu sehen«, erwiderte sie, aber die Worte waren nur automatisch dahingesagt und klangen selbst in Svetlanas Ohren wenig überzeugend. Doch was empfand sie wirklich? Während der Zeit an Bord der Rockhopper hatte sie Schrope nie gemocht, und sie hatte ihn verachtet, als er (wovon sie inzwischen überzeugt war) Bella überredet hatte, dass sie von ihren Pflichten entbunden werden musste. Aber dies war gar nicht der wirkliche Schrope, sondern ein bedauernswertes, zerstörtes Wesen, das in tausend psychologische Scherben zersplittert und später zu etwas zusammengeklebt worden war, das ungefähr an seine frühere Gestalt erinnerte. Schrope zu hassen kam ihr nun irgendwie redundant vor, sinnlos bösartig. Wenn sie ein ungezogenes Kind hassen und trotzdem Mitgefühl empfinden konnte, wenn es im Krankenbett lag, konnte sie auch den Mann bedauern, der einmal Craig Schrope gewesen war.
Er sah besser aus, als sie erwartet hatte. Wenigstens trug er nun keinen Pyjama mehr, sondern normale Kleidung, auch wenn es sich nur um ein ausgeleiertes graues T-Shirt und eine weiße Jogginghose handelte. Sein Haar war länger und nicht mehr kurz über der Kopfhaut abrasiert. In seinen Augen stand eine Aufmerksamkeit, die sie bei ihrem letzten Besuch vermisst hatte.
»Es tut mir leid …« Er stockte, als er offenbar im nächsten Moment vergessen hatte, was er sagen wollte.
»Immer mit der Ruhe, Craig«, sagte sie.
»Es tut mir leid … wegen der Schwierigkeiten«, sagte er beschämt. »Wegen all der Schwierigkeiten, die ich euch gemacht habe.«
»Schon gut«, sagte sie.
»Nein.« Er stand vor ihr, seine Hände hingen schlaff herab. »Ich hätte …« Er
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