Himmelssturz
gute Freundin gehalten.« Sie hielt inne und beobachtete die sich umkreisenden Gruppen der Partygäste. »Aber es ist immer schwierig, eine Freundschaft über Rangunterschiede hinweg aufrechtzuerhalten, selbst in einer zivilen Organisation. Es war ein Wunder, dass unsere Freundschaft überhaupt so lange gehalten hat.« Sie zuckte die Achseln, um zu betonen, dass sie sich inzwischen mit allem abgefunden hatte.
»Wie lange ist es her, seit du das letzte Mal mit ihr gesprochen hast?«
Bella lächelte. Diese Frage war leicht zu beantworten. »Wir haben kein Wort mehr gewechselt, seit die Rockhopper auf Janus gelandet ist.«
Er schüttelte entsetzt und fasziniert zugleich den Kopf. »Das ist genauso lange, wie ich tot war!«
»Ja«, sagte sie.
»Das ist nicht richtig, Bella.«
In diesem Moment spürte sie, dass sie sich zum ersten Mal über ihn ärgerte. Was fiel ihm ein, von den Toten zurückzukehren und ihr ins Gewissen zu reden? Aber sie zwang sich, diese Empfindungen nicht zu zeigen. »Mike, es lag nicht daran, dass ich es nicht versucht hätte. Ich habe sie nicht darum gebeten, wieder meine beste Freundin zu werden. Ich habe sie nicht einmal gebeten, mit mir zu reden oder mir einen Brief zu schicken. Ich wollte nur, dass sie mir ein winziges Stück menschlicher Würde zurückgibt, die leiseste Anerkennung, dass ich für sie nicht ausschließlich die Ursache allen Übels war. Aber es kam nichts von ihr.«
»Glaubst du, dass sie dich hasst?«
»Ich weiß nur, dass es nach dem Ende einer intensiven Freundschaft häufig dazu kommt.«
Takahashi schwenkte den Wein im Glas. »Ich glaube nicht, dass Männer solche Freundschaften schließen. Zumindest nicht, wenn keine Liebe im Spiel ist. So eine intensive Freundschaft hatte ich nie mit einem Mann. Mit einem habe ich acht Jahre lang zusammengearbeitet, ich habe ihm in seinen Anzug geholfen, bin auf gemeinsame Außeneinsätze mit ihm gegangen, habe mich mit ihm betrunken – und doch habe ich erst am Ende dieser Zeit erfahren, dass er verheiratet war.« Er lachte und schüttelte den Kopf. »Das Wissen um solche Dinge wurde von unserem Radar einfach nicht wahrgenommen. Trotzdem waren wir die besten Arbeitskumpel, die man sich vorstellen kann.«
»Wie war sein Name?«
»Daran erinnere ich mich nicht.«
Sie saßen mehrere Minuten lang schweigend da und hingen ihren Gedanken nach. Bella rauchte eine Zigarette – die erste, die sie sich seit Wochen gönnte. Im Laternenlicht mischten sich die Partygäste zu neuen Gruppen. Ihre Gesichter glühten mit der wohltuenden Berauschung durch gute Getränke an einem feierlichen Abend. Nur ein einziger Blick auf diese Szene hätte normalerweise jeden Gedanken an die dunkelsten Tage ihres Exils vertrieben.
Takahashi zeigte auf einen rotblonden Jungen, der in einem Kreis aus Erwachsenen stand. »Wer ist das Kind?«
»Axford.«
Takahashi runzelte die Stirn. »Axford hat einen Sohn?«
»Nein«, erklärte Bella geduldig, »der Junge ist Axford. Als er das letzte Mal oben war, hat er einen vollständigen Neustart machen lassen.«
»Ihr lasst euch von einem Kind ärztlich versorgen?«
»Der Junge hat Axfords sämtliche Erinnerungen und Erfahrungen. Er denkt wie ein Erwachsener, nur dass er zufällig wie ein kleiner Junge aussieht. Axford sagte zu mir, er hätte den Weg nach oben so lange hinausgeschoben, dass er ihn erst in sehr vielen Jahren ein zweites Mal gehen will.« Verschmitzt fügte sie hinzu: »Außerdem sagt er, dass er jetzt seine Hand durch chirurgische Öffnungen schieben kann, durch die er früher niemals gepasst hätte.«
»Haben sie ihn … du weißt schon … wieder in Ordnung gebracht?«
Bella täuschte Verwirrung vor. »In welcher Hinsicht sollen sie ihn in Ordnung gebracht haben, Mike?«
»Axford war schwul.«
»Axford ist immer noch schwul, soweit mir bekannt ist. Ich glaube nicht, dass er es als etwas betrachtet, das irgendwie in Ordnung gebracht werden müsste.«
»Gut«, sagte Takahashi mit einem Achselzucken.
»Er ist immer noch Axford, Mike. Er ist jetzt nur wesentlich effizienter ausgestattet. Du wirst dich irgendwann an ihn gewöhnen. Wenn ich ihn jetzt ansehe, erinnere ich mich kaum noch, wie der alte Axford ausgesehen hat.«
Eine Gruppe löste sich auf, und als sie die Sicht freigab, erkannte sie Svetlana, die zwanzig oder dreißig Schritte entfernt stand. Sie hatte Bella den Rücken zugekehrt und unterhielt sich mit Parry Boyce und einem jungen Paar, dessen Namen sie nicht kannte.
Es war für
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