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Himmelssturz

Himmelssturz

Titel: Himmelssturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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einiger verlorener Kilowatt hatte Sorgen machen müssen.
    »Ihr habt all das unmöglich in dreizehn Jahren erschaffen«, sagte Takahashi.
    »Nein«, räumte Bella ein, »ein bisschen länger hat es schon gedauert.«
    »Wie lange?«
    »Nach dreizehn Jahren kamen die Aliens.«
    Er nickte. Es war besonders wichtig, dass er von den Perückenköpfen erfuhr, auch wenn er sie noch gar nicht gesehen hatte. »Wie lange ist das her?«
    »Fünfunddreißig Jahre«, sagte Bella. »Das heißt, wir leben nun im achtundvierzigsten Jahr auf Janus. Fast ein halbes Jahrhundert. Wir sind inzwischen fast fünfhundert.«
    Er sah sie erstaunt an. »Wie alt bist du jetzt, Bella?«
    »Zu alt, um diese Frage zu beantworten.« Es fiel ihr schwer, seinen Blick zu erwidern. »Eigentlich wäre ich über hundert Jahre alt. Wie ich mich manchmal auch fühle …« Sie stockte und ahnte, welche Frage er als nächste stellen würde. »Als ich achtundachtzig war – vor fünfzehn Jahren –, ging ich zu den Perückenköpfen. Sie haben mich wieder jung gemacht. Sie haben meine biologische Uhr etwa auf das Alter zurückgedreht, das ich hatte, als wir mit Janus zu tun bekamen.«
    »Du siehst jetzt kaum älter als damals aus.«
    Takahashi hatte noch nie dazu geneigt, unaufrichtige Schmeicheleien auszuteilen. Außerdem schaute Bella gelegentlich in einen Spiegel. »Eigentlich müsste ich wie siebzig aussehen, aber so funktioniert es nicht. Ich sehe nur ein wenig älter aus als vor fünfzehn Jahren, als ich das Raumschiff der Perückenköpfe verließ.« Sie hob die Hand. »Seit kurzem spüre ich, wie meine Arthritis zurückkehrt. Aber wenn ich es nicht schon einmal erlebt hätte, würde ich die Anzeichen vielleicht gar nicht bemerken.«
    Er musterte sie mit unverhohlener Faszination. »Meine Erinnerungen sind noch nicht komplett wieder da, Bella, aber ich weiß noch, dass du alleinstehend warst.«
    »Ja«, sagte sie nur.
    »Ich schätze, auch in dieser Hinsicht hat sich nach all den Jahren einiges geändert.«
    »Ich bin immer noch allein«, erwiderte sie schroff.
    »Aber es …« Er schüttelte erstaunt den Kopf. »Hat es nie jemanden gegeben, Bella?«
    Sie hätte ihn belügen können – ihn und sich selbst –, aber das hatte Takahashi nicht verdient. »Ich habe es einmal mit jemandem versucht. Er war ein guter Mann, einer der besten, die in Crabtree zu finden sind. Ein paar Monate lang …«
    »Was ist mit ihm passiert?« Er schien etwas an ihrem Tonfall missverstanden zu haben.
    »Nichts. Es gibt ihn immer noch. Aber es hat zwischen uns nicht funktioniert.«
    »Das tut mir leid.«
    »Es war mein Fehler. Ich schleppe einfach zu viel Vergangenheit mit mir herum.«
    Der Expresslift wurde langsamer, als er sich dem Transitbahnhof in Underhole näherte und die Verbindungsrampen, Geschäfte und Restaurants sichtbar wurden. Nach längerem Schweigen sagte Takahashi: »Werden sie dich noch einmal jünger machen?«
    »Das will ich hoffen«, sagte Bella. »Es gibt noch viel Arbeit zu erledigen.«
     
    Takahashi machte weiterhin gute Fortschritte. In der sechsten Woche entschied Bella, dass sie es nun wagen konnten, ihn der Kolonie vorzustellen. Sie wollte ihm zu Ehren eine Party veranstalten.
    Sie fand im größten Arboretum von Crabtree statt. Es war Abend. Die Deckenbeleuchtung war reduziert worden, und falsche Sterne funkelten durch das Dachgerüst. An den größten Bäumen hatte man Papierlaternen in Rot, Gold und Grün aufgehängt. Chormusik drang aus verborgenen Lautsprechern. Bella hatte Arvo Pärt aus den Dateien herausgesucht, weil sie eine Aufzeichnung des estnischen Komponisten unter Takahashis persönlichem Besitz gefunden hatte.
    Sie hatte es für wichtig gehalten, niemanden von der Party auszuschließen. Demzufolge war fast jeder erwachsene Bürger hier, der sich zu diesem Anlass freimachen konnte. Die Menschen schlenderten umher und unterhielten sich in der ruhigen, duftenden Luft einer Mittsommernacht. Schwebende Laternen folgten kleineren Gruppen und spendeten ihnen Licht, bis sie gutmütig verscheucht wurden. SI-Roboter wahrten eine diskrete Distanz und tauchten nur aus der Dunkelheit auf, um Getränke, Knabbereien oder Unterstützung in anderen Dingen anzubieten.
    Bella war viel zu nervös, um die Party wirklich genießen zu können, doch im Verlauf des Abends wurde ihr allmählich klar, dass die Feier nicht der totale Fehlschlag war, den sie insgeheim befürchtet hatte. Takahashi ging entspannt mit der plötzlichen Flut an Aufmerksamkeit um,

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