Himmelssturz
war es eng, und zu zweit lief es auf eine Art dreidimensionales Puzzle hinaus. Doch Svetlana und Parry kamen irgendwie damit zurecht, und mit einigem Einfallsreichtum hatten sie sich eine kleine Palette von Stellungen angeeignet, bei denen sie sich nicht allzu viele blaue Flecken zuzogen.
Sex war die einzige Aktivität, bei der Svetlana froh über den konstanten Hintergrundlärm des Schiffes war. Allerdings konnte sie ihre Aufmerksamkeit nie ganz von den Rhythmen und Kadenzen dieser mechanischen Musik abkoppeln. Parry bemerkte und duldete ihre leichte Abwesenheit, während er sie daran erinnerte, dass es nicht immer so sein musste. Damit meinte er ihre Rückkehr nach Hause, zum strahlend sonnigen Traum von der Tauchschule.
Parry war mit Leib und Seele Taucher. Er war im Weltraum, weil es hier Arbeit gab. Er tat die Unterschiede zwischen Wasser und Vakuum mit einem Achselzucken ab, als wären es lediglich zwei leicht variierende Zustände derselben lebensfeindlichen Umgebung, aber Svetlana wusste genau, wofür sein Herz schlug. Auch sie dachte manchmal sehnsüchtig an ihre Tage als Taucherin zurück, doch anders als bei Parry verzehrte es sie nicht wie eine Krankheit. Das Tauchen steckte ihm einfach tief in den Knochen. In seiner Welt gab es zwei verschiedene Typen von Menschen: Tauchkumpel und die anderen. Leute, denen man vertrauen konnte, und solche, die man am Ufer zurückließ. Jeder Außeneinsatz war ein Gang ins Wasser. Er sprach von Braille-Tauchgängen und Pannenstrudeln, als wären sie auf hoher See.
Sie liebte ihn, aber sie liebte auch den Weltraum. Nun machte sie sich Sorgen, dass der Weltraum zu einem Problem für sie werden könnte.
Er lag neben ihr, befriedigt, ruhig und nur halb wach. Nachdem sie sich geliebt hatten, war auch Svetlana eingeschlafen, aber jetzt war sie wieder hellwach und nervös, während sie versuchte, nicht an ihre Zukunft zu denken. Sie hatte ihren Flextop an die Wand gepappt und navigierte im Schiffsnetz zu den Nachrichtenkanälen, in der Hoffnung, ihre Sorgen zerstreuen zu können. CNN wiederholte ständig das Interview mit Bella.
Parry schaute ihr über die Schulter.
»Ich könnte mir keine bessere Besatzung wünschen«, sagte Bella gerade. »Und wir werden heil und gesund zurückkommen. Darauf gebe ich mein Wort.« Dann morphte das Bild, und Bella sagte: »Wir schieben Eis. Deswegen sind wir hier.«
»Das muss man der Kleinen lassen«, sagte Parry, dessen unrasiertes Kinn an ihrem Nacken kratzte, »es klingt, als würde sie es wirklich so meinen.«
»Sie meint es wirklich so.«
»Und man wird es ihr abkaufen. Ihr Bild ist überall zu sehen. Man könnte glauben, sie selbst hätte dieses Schiff nur mit einem Schraubenzieher bewaffnet zusammengebaut.«
»Sie hat etwas Anerkennung verdient«, sagte Svetlana und bereute im nächsten Moment ihren Tonfall der Rechtfertigung.
»Sie bekommt schon von mir alle Anerkennung, die sie braucht, Baby.«
»Ich weiß.« Auch das stimmte. Manche Männer hatten Probleme mit einer weiblichen Führungsperson, aber Parry gehörte nicht dazu. »Es ist nur so, dass ich weiß, dass manche Leute ihr diese Sache übel nehmen werden, und diesen Gedanken kann ich nicht ertragen. Sie haben nicht den leisesten Schimmer, was sie durchgemacht hat, um es bis hierher zu schaffen.«
Anschließend zeigte CNN Bilder aus Bellas Leben, zusammengestellt aus Videos, die zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer Karriere aufgenommen worden waren. Nun war auf dem Flextop eine junge Bella zu sehen, die in einem uralten, verstaubten Orlan irgendwo auf dem Mond herumstapfte. Immer wieder wurde die Story unterbrochen und der Clip eingeblendet, in dem Bella sagte: »Wir schieben Eis. Deswegen sind wir hier.«
Allmählich bohrten sich die Worte in Svetlanas Schädel.
»Ich glaube, sie fangen an, es zu kapieren«, sagte Parry. »Gut für Bella. Es wird höchste Zeit, dass sie etwas Publicity bekommt.«
»Vielleicht wird sich dadurch einiges für sie ändern.«
»Dinge, die sich ändern sollten?«
Svetlana schaltete den Flextop aus. »Wir haben neulich wieder eins unserer ausführlichen Gespräche geführt.«
»Du musst mir nicht davon erzählen, wenn du es nicht möchtest.«
»Schon gut. Schließlich erwartet Bella nicht, dass es zwischen dir und mir Geheimnisse gibt. Wir reden auch des Öfteren über dich.«
»Nur gute Dinge, hoffe ich.«
»Über dich kann man nur gute Dinge sagen, Parry Boyce. Wir singen pausenlos Loblieder auf dich. Davon müssten dir schon die
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